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1095 - Der Hexentrank

1095 - Der Hexentrank

Titel: 1095 - Der Hexentrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gab.
    Sie hatte stundenlang mit dem Teufel gesprochen, wie sie selbst sagte und immer wieder den Trank umgerührt.
    Am Morgen hatte sie dann sein Handy verlangt und ihre Nichte angerufen. Danach war sie recht zufrieden gewesen. »Sie kommt, Söhnchen, sie kommt hierher.«
    Er stand jetzt auf den Beinen. Sein schwarzer Anzug war ebenso verschmutzt wie das Hemd. Er spürte Durst und Hunger, wagte aber nicht, darüber zu sprechen. »Was willst du tun, wenn sie hier ist?«
    »Ich werde sie umarmen. Ich werde mit ihr sprechen, und ich werde sie dazu bringen, den Hexentrank zu sich zu nehmen. Sie soll ihn ebenso trinken wie ich. Er wird ihr gutun, und er wird aus ihr eine völlig neue Person machen. Ich habe ihn gar gekocht. Er enthält alles, was er braucht. Dank deiner Hilfe.«
    Mannix hatte alles gehört. Er wußte, daß er auf Edina angewiesen war, trotzdem fragte er: »Brauchst du mich noch?«
    Sofort vergrößerte sich ihr rechtes Auge. »Wieso? Was hast du vor? Wo willst du hin?«
    »Ich bin noch Mensch und habe Hunger und Durst.«
    »Hier gibt es nichts. Nur den Trank.«
    »Nein, ich kenne mich aus. Ich habe hier lange genug gearbeitet. Ich kenne einen Kiosk, in dem noch Lebensmittel liegen und auch Getränke. Ich werde sie mir holen.«
    »Oder willst du fliehen?«
    Die Stimme hatte sich gefährlich angehört, und er hob beide Hände. »Nein, daran habe ich nicht gedacht.«
    »Ich würde es dir auch nicht raten. Du mußt immer daran denken, daß ich mächtiger bin als du. Fliehen kannst du. Aber ich würde dich immer finden.«
    »Das weiß ich.«
    »Der Trank steckt in dir. Wer ihn einmal zu sich genommen hat, kommt nicht mehr von ihm los. Du bist für alle Zeiten gezeichnet und stehst unter seiner Kontrolle.«
    Früher war Mannix ein Mensch gewesen, der sich kaum hatte ducken können und immer das durchgesetzt hatte, was er wollte.
    Manchmal mit Gewalt. Hier reagierte er anders. Er fürchtete sich vor der Hexe, die sich nach ihrem Bad im Bottich so sehr verändert hatte. Nur das häßliche Gesicht war geblieben.
    »Darf ich gehen?«
    »Ja, du darfst.«
    Er drehte sich um und duckte sich, um durch die niedrige Tür nach draußen zu kommen. Mit langen Schritten entfernte er sich von dem kleinen Haus.
    Die Sonne war aufgegangen, doch sie zeigte sich nur schwach zwischen den Wolken und sah aus wie ein bleicher, an den Rändern leicht zerfaserter Klecks.
    Schneekalte Luft wehte Mannix entgegen. Die Wolken lagen tief und waren mit Schnee gefüllt. Noch hielten sich die Flocken zurück.
    Spätestens am Nachmittag würde das Gelände mit einem Leichentuch überzogen sein.
    Mannix kannte den Weg. Er ging schnell, und manchmal schüttelte er sich wie jemand, der Flocken von seiner Kleidung entfernen will. Dann hatte er wieder an die Hexe gedacht. Er sah sie seit der vergangenen Nacht mit anderen Augen. Sie war nicht mehr seine ihm so zugetane Freundin, sondern zu einer gefährlichen Person geworden, die nur ihr Ziel kannte. Er hatte sich bei ihr wohl gefühlt, weil auch er sich als Ausgestoßener der Gesellschaft sah. Man hatte ihm den Job genommen, und er wußte nicht, ob er ihn in den Sommermonaten zurückbekam.
    Dann hatte er Edina getroffen, und alles war anders geworden. Sie hatte ihm von der Macht der Hölle und des Teufels erzählt und davon, daß durch die Hexe die Macht auch auf die Menschen übergehen konnte, damit sie ihren bestimmten Weg gingen.
    Ja, er hatte den Trank getrunkenund war danach ein anderer Mensch geworden.
    Auf Gefühle hatte er noch nie Rücksicht genommen. Die anderen Menschen waren ihm gleichgültig gewesen. Er hatte versucht, so weit es seine beschränkten Möglichkeiten zuließen, immer nur den eigenen Vorteil auszuspielen. Das hatte hin und wieder geklappt.
    Allerdings war er auch des öfteren an seine Grenzen gestoßen.
    Der Trank war bei ihm auf fruchtbaren Boden gefallen. Das Böse und die Gleichgültigkeit in seinem Innern hatten sich durch ihn noch verstärkt. Er hatte sich in Edinas Nähe sehr wohl gefühlt. Er hatte auch alles getan, was sie wollte, und auch ihr Aussehen hatte ihn nicht gestört. Hexen sahen ebenso aus, basta. Nun dachte er anders darüber. Seit der letzten Nacht war das Verhältnis zu dieser Frau stark gerissen, das wußte er. Sie nicht. Er hätte sich auch gehütet, ihr nur ein Wort darüber zu sagen. Sie durfte nicht spüren, daß seine Angst vor ihr gewachsen war. Was er tat, mußte er heimlich tun und ihr ansonsten etwas vorspielen, was sie hoffentlich nicht

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