110 - Herrin der Seelen
linken Seite des Hauses. Er spannte seine Muskeln an, sprang mit einem Satz auf die Fensterbank und schaute in eine Speisekammer. Ganz weg von allem Irdischen war die Bewohnerin dieses Hauses anscheinend noch nicht.
Don hüpfte auf den Boden hinunter, doch da die Speisekammer ihn nun wirklich nicht interessierte, verließ er sie gleich. Er stand in einem Korridor und hörte eine Frauenstimme hinter einer Tür reden. Dann kam Burian Wagner.
Er schloß die Tür übertrieben vorsichtig hinter sich und ging wie ein Schlafwandler an Don Chapman vorbei. Don eilte ihm nach und holte ihn auf der Schwelle ein.
„Burian", sagte er, „was ist los?"
Der Bayer antwortete nicht. Seine Augen waren so ausdruckslos wie Glasmurmeln. Er ging mit großen Schritten davon.
Ratlos blieb Don Chapman zurück. Er überlegte, ob er sich erst im Haus umsehen oder Burian Wagner gleich nacheilen sollte und entschied sich für das zweite. Sobald sich Burian außer Sichtweite des Hauses befand, wollte Don sich um ihn kümmern. Das Haus konnte er sich später noch ansehen. Er ahnte nicht, daß er sich in diesem Moment bereits in höchster Lebensgefahr befand.
Die schwarze Katze der Hexe hatte ihn gewittert. Sie sprang vom Schoß der Hexe und lief zur Tür, die sich selbsttätig vor ihr öffnete. Schon kam die Katze auf Don Chapman zu, der immer noch auf der Schwelle stand.
Don sah die Katze. Er riß mit der Linken einen Dämonenbanner aus der Tasche und warf ihn ihr entgegen. Die Katze, die gerade auf ihn losspringen wollte, wurde im Ansprung gestoppt, als hätte sie ein Pflasterstein getroffen. Benommen blieb sie liegen.
Burian Wagner hatte die Haustür nicht geschlossen; das besorgte Don jetzt, indem er sich mit aller Kraft ein paarmal dagegenwarf. Er eilte den Kiesweg entlang, von dem verwunschenen Haus weg. Den Holzpflock schleppte er noch immer mit.
Als er einen Blick über die Schulter warf, sah er, wie sich die Haustür langsam öffnete. Die schwarze Katze zwängte sich durch den Türspalt. Ihre grünen Augen funkelten. Sie hetzte mit langen Sprüngen hinter Don her. Don flüchtete nach rechts in das Blumenfeld. Jetzt, da er seine magischen Formeln nicht mehr aufsagte, dufteten die Blüten für ihn wieder süß und berauschend. Es sang und klang in seinem Kopf, aber die Todesangst verhinderte, daß ein Wohlgefühl in ihm entstehen konnte. Für den fußgroßen Don war eine ausgewachsene Katze ebenso gefährlich, wie für einen normalen Menschen ein Löwe.
Don zerriß sich die Kleider an den Dornenranken der exotischen Blüten. Er hörte das Fauchen der Katze hinter sich und wirbelte herum. Ihm war klar, daß er sich zum Kampf stellen mußte.
Don ließ den Holzpflock, der eigentlich zum Pfählen von Vampiren bestimmt war, fallen. Als die Katze heranjagte, warf er wieder einen Dämonenbanner nach ihr, aber die Katze hatte aus ihrer ersten Erfahrung gelernt. Sie stoppte, und der Dämonenbanner fiel zur Erde.
Langsam schlich die Katze näher. Don wartete, bis sie nur noch einen Meter von ihm entfernt war, und warf dann den letzten Dämonenbanner auf sie. Er traf das Fell der Katze. Sie fauchte und sprang ihn an.
Don hatte keine Gelegenheit mehr, nach der gnostischen Gemme zu greifen und deren Kraft zu erproben. Er riß den Holzpflock hoch, warf sich zur Seite und stieß ihn der schwarzen Katze in die Flanke. Alles ging blitzschnell.
Nur seine schnelle Reaktion rettete Don. Die Krallen der Katze rissen ihm die Jacke vom Leib und zerkratzten seine Haut. Die mörderischen Zähne schnappten nach Don. Er wich zurück, wobei er den Holzpflock nicht losließ, und riß ihn aus dem Leib der Katze.
Die Hexenkatze wollte ihn wieder angreifen, aber Don rannte ihr nochmals den nadelspitzen Holzpflock in die Seite. Diesmal traf er ihr Herz.
Er mußte zurückspringen, denn die Katze schrie auf, wälzte sich hin und her und wühlte mit den Krallen den Boden auf. Sie fauchte und biß wild um sich. Hätte sie Don in Reichweite gehabt, er wäre verloren gewesen.
Es dauerte eine Weile, bis die Katze starb. Nicht umsonst sagte der Volksmund, daß eine Katze neun Leben hatte. Diese war ein besonders zähes Exemplar.
Dons Herz hämmerte. Er sah dem Todeskampf der Katze zu und wußte, daß er noch einmal davongekommen war. Endlich streckte sich die Katze aus, zuckte noch ein paarmal und regte ich dann nicht mehr.
Don wartete noch zwei Minuten. Dann stieß er sie mit dem Fuß an, zog ihr den Holzpflock aus der Seite, als sie sich nicht rührte, und
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