1101 - Die Rache des Griechen
hoch.
Es war düster wie ein Grab…
***
Die Angst hatte sich in Johnny Conolly hineingestohlen. Er hatte alles gehört, gesehen, und durchlitten. Und immer mit dem verdammten Fischmesser an der Kehle. Er hatte den Atem des Griechen an seinem Gesicht gespürt und die Drohungen gehört, und er wußte, daß sich seine Lage nicht verbessert hatte, obwohl sich seine Freunde und Retter auf Sodom befanden. Aber sie waren ausgesperrt, denn aus der Ferne würden sie nichts erreichen.
Es war wieder finster geworden. Oder fast dunkel, denn im Hintergrund des großen Raumes gab es helle Quallen, die allerdings mehr an Totenlichter erinnerten.
Leonidas hatte Johnny vom Fenster weg ins das Dunkel gezogen. Dabei hatte sich auch sein Messer bewegt, aber er hatte es so halten können, daß die Klinge nie in Johnnys Haut hineinschnitt. Sie hatte ihn ein paarmal nur berührt und winzige Schnitte hinterlassen.
Der Grieche befand sich noch so nah bei seiner Geisel, daß der warme und säuerlich riechende Atem oft an Johnnys Nase vorbeistrich und ihn anekelte. Er haßte diesen Menschen, der eine Ausgeburt der Hölle war.
Er haßte ihn wie er nie zuvor jemand gehaßt hatte, und er wünschte ihm den Tod.
Leonidas hatte sich wieder beruhigt. In Höhe des Schreibtisches war er stehengeblieben. »So, mein Junge«, sagte er, »jetzt werden wir zur Sache kommen. Bisher hast du den Teil des Hauses gesehen, in den ich auch meine Besucher führe. Aber das wird sich ändern, denn du bekommst die wahre Hölle präsentiert. Die Hölle von Sodom. Ich werde dir das Zentrum meiner Rache zeigen. Das Erbe aus dem alten Testament, das mich so stark gemacht hat.«
»Sodom war die Hölle!«
»Ja, Johnny, das war die Hölle. Und ich liebe sie, verstehst du. Sie hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin.« Er gab Johnny einen überraschenden Stoß, der ihn bis an die Kante des Schreibtisches zurücktrieb. Johnny stemmte die Hände auf die Platte, um Halt zu finden.
Leonidas stand nur einen Schritt vor ihm. Er lächelte ihn eisig an. »Jetzt wirst du erleben, was ich damit gemeint habe, daß die Hölle mich stark gemacht hat, Johnny.«
»Nein, das ist…«
»Doch, doch. Du bekommst alles zu Gesicht, denn die Zeit haben wir noch. Erinnere dich an die Scherben, die in meinem Körper steckten. Weißt du es noch?«
Er nickte.
»Gut. Du hast kein Blut gesehen oder vielleicht nur wenig. Denn ich bin jemand, der die Schmerzen überwunden hat. Ich kenne sie nicht mehr, so einfach ist das. Ich habe mir den Traum erfüllt, den viele Menschen träumen. Ein Leben ohne Schmerzen. Wunden oder Verletzungen, die mich nicht stören, und das alles wurde nur möglich, weil die Kraft der alten Stadt auf mich überging.« Er freute sich und befahl Johnny dann, genau hinzuschauen.
Leonidas streckte seine linke Hand vor. Er drehte sie herum, so daß Johnny auf den Handrücken blicken konnte. In der anderen Hand hielt der Grieche immer noch sein Messer. Er brachte es dicht an den linken Handrücken heran und streichelte ihn mit der Linken.
Dann drückte er zu.
Johnny zuckte zusammen. Er stieß einen Zischlaut aus, in den das Lachen des anderen hineinklang. Leonidas hatte die scharfe Seite des Messers über die Hälfte seines Handrückens hinweggezogen. Es war auch eine Wunde zurückgeblieben, doch es quoll kein Blut aus dem Spalt. Nur eine wässrige Flüssigkeit, die auch leicht rosafarben sein konnte; so genau sah Johnny das nicht.
»Na, was sagst du?«
Johnny schaute zur Seite.
»Es ist dir unheimlich, wie?« höhnte Leonidas. Er reckte dabei sein Kinn vor. »Ja, ich kann mir denken, daß es dir unheimlich ist. Aber es ist mein großer Vorteil. Es ist das Vermächtnis von Sodom. Ich bin ein würdiger Nachfolger dieser wunderbaren Stadt.« Die Augen leuchteten. »So haben sich die langen Jahre gelohnt.« Er drehte das Messer, um es Johnny zu zeigen. »Genau mit dieser Klinge werde ich dir deinen rechten Daumen abtrennen. Und du wirst zuschauen können, wie bei dir das Blut fließt. Es wird anders seih als bei mir, denn du stehst nicht unter dem Schutz von Sodom und seinem Götzen.« Er hatte Spaß daran, sich reden zu hören und warf seinen Kopf beim Lachen zurück.
Johnny hatte ihn nicht aus den Augen gelassen. Die große Angst hatte er unterdrücken können. In seinem Kopf drehte sich bereits seit einiger Zeit alles um einen Fluchtplan, den er auch durchführen wollte, obwohl er nicht bewaffnet war.
Noch war der Mann abgelenkt und mit sich selbst
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