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112 - Der tägliche Wahnsinn

112 - Der tägliche Wahnsinn

Titel: 112 - Der tägliche Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Behring
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Geräte und deren Verkabelung. Na ja, zumindest das, was davon nach der Hitze noch übrig war. An Wänden und Möbeln schauten die Ermittler nach den Stellen mit den größten Brandzehrungen, um den Ursprung des Feuers festzustellen. Später rekonstruierten sie, dass der Mann mit einer Zigarette in der Hand auf dem Sessel eingeschlafen war. Die Kippe entzündete einen Schwelbrand auf dem Polstermöbel, was natürlich stark qualmte. Dieser Rauch wurde von der Bewohnerin der Nachbarwohnung gerochen, die dann bei dem Mann anklingelte und ihn so weckte. Spätestens jetzt hätte er sich in Sicherheit bringen müssen. In Verkennung der Lage behauptete der Mieter jedoch, es sei alles in Ordnung. Der Rauch hätte nichts zu bedeuten, er wolle etwas lüften, und damit wäre es gut. Nach dieser Bemerkung schloss er die Tür. Als er feststellte, dass das Füllen eines Wassereimers zu lange gedauert hatte und das Feuer zu groß für eigene Löschversuche war, wollte er die Sache im Bad aussitzen – und saß in der Falle. Das Feuer breitete sich aus, der heiße Rauch zog durch die ganze Wohnung, nach und nach auch durch den Türspalt ins Bad, das kein Fenster besaß. Der Mann erstickte, in der Wanne Schutz suchend, im Qualm. Vor Rauch kann man sich eben nicht verstecken.
    Die Mieterin, die die Feuerwehr informiert hatte, brachte sich zwar selbst in Sicherheit, hatte aber nicht an die alte Dame im obersten Stockwerk gedacht. Die hatte Glück gehabt, dass sie rechtzeitig durch uns gefunden wurde. Nach ein paar Tagen im Krankenhaus konnte sie es schon wieder verlassen. Der Mann aber, der geglaubt hatte, er bekäme das alleine in den Griff, überlebte die Rauchvergiftung nicht. Am nächsten Tag musste der Kampf um sein Leben aufgegeben werden.
    Allerdings erhielt die Feuerwehr von den Besitzern des Geschäfts unter der Brandwohnung ein Dankschreiben: Von der Löschaktion sei aufgrund umsichtigen Wassereinsatzes nur ein bräunlicher Fleck an ihrer Decke zurückgeblieben.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 4 Für eine Handvoll Dollar …
    … hieß vor ein paar Donnerstagen ein Filmklassiker von Sergio Leone. Und dieser Italo-Western-Titel fiel mir ein, als Manfred und ich eine Schicht mit dem Rettungswagen unterwegs waren, die sich eigentlich überhaupt nicht gelohnt hatte – außer dass wir unsere «Handvoll Dollar» dafür bekamen.
    Wie gesagt: Die Einsätze als Rettungsdienstleister sind bei weitem nicht so hochdramatisch, wie es in Fernsehserien wie der einstigen Reality-Show
Notruf
oder in
Medicopter
117 – Jedes Leben zählt
vermittelt wird. Weder waten wir jede Schicht knietief im Blut der Opfer, noch fuchtelt regelmäßig jemand mit einer Waffe vor unserer Nase herum. Stattdessen fahren wir für Notrufe los, bei denen sich vor Ort herausstellt, dass sie überhaupt nichts mit einem Notfall zu tun haben. Vielfach verstehen wir im Nachhinein nicht so recht, was in dem Anrufer vorging, als er der Meinung war, unbedingt einen RTW zu benötigen. Manchmal kann uns das die betreffende Person selbst nicht erklären. Dass wir uns eine ganze Nacht um die Ohren schlagen und den Sprit des Steuerzahlers verpulvern, ohne wirklich gebraucht zu werden, kommt aber glücklicherweise nicht so oft vor. Jedoch gibt es auch diese Tage und Nächte, in denen wir mehr als Taxi unterwegs sind denn zum Retten von Leben.
    In dieser Schicht war ich mit Manfred auf dem Rettungswagen eingeteilt, er als Transportführer, ich als Fahrer. Nach der Ablösung checkten wir erst einmal in aller Ruhe den Rettungswagen und desinfizierten ihn. Auch auf der Besorgungsfahrt zur etwa zehn Kilometer entfernten Hauptwache, in der wir ein defektes Absauggerät tauschten, ließ man uns in Ruhe. Manfred hatte sogar Zeit, das Lager mit den Verbrauchsmaterialien wie Infusionen, Kanülen, Sauerstoffmasken und vieles mehr aufzuräumen, ich kümmerte mich um die letzten Infos aus den Rundschreiben der Amtsleitung, der Medizintechnik und der Leitstelle. So ging es weiter: Den ganzen Tag über wurden wir nicht gebraucht, kein einziges Mal rief der Bürger uns zu Hilfe. Zwischendurch schaute ich immer wieder auf dem Display des Funkgeräts nach, ob wir unseren Status versehentlich auf «außer Betrieb» gesetzt hatten. Dem war nicht so. Die Bewohner unseres Bereichs kamen anscheinend ganz gut ohne unsere Unterstützung aus. Und so beschlossen Manni und ich gegen Mitternacht, uns etwas hinzulegen. In diesem Moment war die Ruhe vorbei.
    Sofort klingelten die Melder, und auf dem

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