1143 - Grabmal des Grauens
haben. Schlecht für das Image. Außerdem ist La Monte so umgebracht worden, wie auch dein Vater starb. Durch Axthiebe, und da fällt doch die Parallelität der Ereignisse auf.«
»Du sagst es.«
»Wer könnte ihn denn getötet haben? Wer käme als Nachahmer eines Gerald Hopper in Frage?«
»Ich weiß es nicht, Mutter.«
»Bestimmt keiner aus der Familie, Marion!«
»Ja. Wer sollte so etwas auch tun? Wer hat ihn denn so stark gehasst?«
»Die Witwen deiner Schwäger? Nein, sie sind außen vor. Sie haben auch mit dem Geschäft nichts zu tun. Als Hopper sind eigentlich nur wir beide übrig.«
»Ja, das sehe ich genauso. Aber da ich ihn nicht umgebracht habe und du ja auch nicht, wer käme dann als Mörder und auch als Nachahmer in Betracht? Hast du darüber schon einmal nachgedacht, Marion?«
»Sicher, habe ich.«
»Und weiter?«
»Ich weiß keine Lösung.«
Anne Hopper schwieg. Aber sie schaute ihre Tochter an. Marion kannte den Blick noch aus ihrer Kindheit. Er war so scharf. Ihm blieb nichts verborgen, und schon damals hatte sie immer den Kopf zur Seite gedreht. Ihre Verfassung war nicht die beste, und auch jetzt sah sie weg, weil sie dem Blick ihrer Mutter nicht standhalten konnte.
»Du lügst, Marion.«
Die jüngere Frau schwieg. »Ja, du lügst, Marion. Das sehe ich dir an. Ich kenne dich. Ich weiß genau, dass du mir nicht die Wahrheit sagst. Du bist eine verdammte Lügnerin, und ich hätte gern den Grund gewusst. Wenn ich dich so anschaue, habe ich das Gefühl, dass du mehr weißt. Es ist doch egal, wie wir zueinander stehen. Wir haben nicht das ideale Verhältnis. Auch wenn du mich schon als Kind manchmal zum Teufel gewünscht hast, in dieser Situation solltest du das vergessen. Da müssen wir einfach zusammenhalten, weil es hier um die Sache geht.«
»Sonst noch was?«
»Reicht das nicht? Hier läuft ein irrer Killer durch die Gegend. Er hat es auch jetzt auf uns abgesehen. Wir müssen uns wehren. Du bist mit Dario liiert gewesen, du allein. Du kennst dich mit ihm aus. Ihr beide seit zu…«
»Hör doch auf!« rief Marion gequält und schüttelte heftig den Kopf.
»Das kann ich nicht hören!«
»Du musst es dir aber anhören, Kind. Verdammt noch mal, es geht um unsere Zukunft. Ich will noch nicht sterben. Ich will nicht die nächste sein, und du sicherlich auch nicht.«
»Ja, Mutter.«
»Danke, wunderbar, dann sag endlich die Wahrheit, verflucht.« Sie stemmte sich mit einem Ruck aus dem Sessel hoch. »So, und jetzt hole ich mir einen Drink. In der Zwischenzeit kannst du dir ja überlegen, was du mir antworten willst.«
Marion schaute ihr nach. Sie wusste nicht, ob sie ihre Mutter in diesem Moment bewundern oder hassen sollte. Sie war so realistisch, und sie war auch kalt. Die Tat war an ihr abgeglitten. Zugleich aber merkte sie schon, dass die Tochter ihr etwas verschwieg. Darüber ärgerte sich Marion am meisten.
Anne Hopper hatte sich einen weichen irischen Whisky eingeschenkt.
Mit dem Glas in der Hand kehrte sie an ihren Platz zurück und ließ sich nieder.
Marion hatte nichts gegen Whisky. Nur an diesem Tag war das anders.
Da drehte sich ihr fast der Magen um, als sie ihn nur roch.
Anne Hopper trank einen kräftigen Schluck und nickte Marion über das Glas hinweg zu. »Du hattest Zeit genug, Kind. Jetzt raus mit der Sprache.«
»Was glaubst du denn, Mutter? Rechnest du tatsächlich damit, dass ich den Täter kenne?«
Anne lächelte. »Ich schließe es zumindest nicht aus. Du weißt Dinge, die du mir nicht sagen willst. Das finde ich in einer Lage wie dieser überhaupt nicht gut. Spring einmal über deinen Schatten und rede. Wir müssen einen Konsens finden, Marion.«
Sie schloss die Augen, ließ ihre Arme rechts und links am Sessel hinabhängen. »Ich weiß es wirklich nicht, Mutter. Du kannst mich foltern oder quälen. Ich bin überfragt.«
»Aber du hast einen Verdacht?«
Marion strich über die linke Gesichtshälfte. Sie ertrug den Blick ihrer Mutter nicht mehr und schaute aus dem Fenster in den doch klar gewordenen Wintertag hinein. »Ja, ich habe einen Verdacht, Mutter. Aber wenn ich dir das sage, dann hältst du mich für verrückt.«
»Du könntest es auf einen Versuch ankommen lassen.«
Marion sah ihrer Mutter die Spannung an. »Gut, du willst es nicht anders, dann werde ich dir sagen, was ich vermute. Dass es den Mörder gibt, daran zweifelt niemand. Aber es ist immer noch ein Unterschied, wie es ihn gibt. Wie er daherkommt, Mutter. Begreifst du
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