1144 - Der Rächer aus dem Morgenland
gelegen.«
»Danke. Wie kommen wir am schnellsten dorthin?«
»Es gibt da eine Abkürzung. Ich zeichne Ihnen den Weg auf, wobei die Gebäude der alten Fischfabrik am Ortsende für Sie wichtig sind, denn dort müssen Sie nach Osten auf eine schmale Straße fahren, die auch bis zur Kirche hochführt. Etwa vier Kilometer hinter Newport finden Sie dann das Ziel.«
Das war immerhin eine Information, mit der wir etwas beginnen konnten.
»Was denken Sie denn, werden Sie in der Kirche finden?«, fragte der Arzt.
»Kennen Sie sich dort aus?«
»Einmal musste ich hin.«
»Haben Sie den Kreuzfahrer gesehen? Seine Gestalt soll dort in Eichenholz geschnitzt zu sehen sein.«
»Darauf habe ich nicht geachtet. Bitte, wenn das stimmt -«, er ging jetzt einen kleinen Schritt nach hinten, »dann… dann gäbe es ja zwei dieser Kreuzfahrer. Einmal den, der eben in Eiche geschnitzt wurde und einen zweiten, der Ihnen, Mr. Sinclair, über den Weg lief.«
»Könnte man so sehen.«
»Sie zweifeln daran?«
Ich lächelte. »Auch wenn es Ihnen schwer fallen wird, es zu akzeptieren, aber die beiden Gestalten könnten ein und dieselbe Person sein.«
Dr. Snider schaute mich an. »Wissen Sie was, Mr. Sinclair? Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
»Da geht es Ihnen wie uns allen, Doktor. Nochmals herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit.«
»Keine Ursache.«
Er schaute uns nach und sah dabei nicht eben glücklich aus.
***
Aus dem warmen Krankenhaus waren wir durch die Kälte bis auf den Hof des Präsidiums geeilt, wo der Jeep stand. Die Leute vom Wetterbericht hatten sich nicht geirrt. Zwar waren die Temperaturen ein wenig gestiegen, doch durch den aufkommenden Wind spürten wir die Kälte doppelt so kalt. Da waren wir froh, in den Jeep steigen zu können. Beinahe wie Diebe schlichen wir uns vom Hof des Präsidiums, denn wir wollten dem Kollegen Tigger nicht unbedingt in die Arme laufen.
Die Stadt Newport war nicht so groß, als dass wir uns großartig hätten verfahren können. So fanden wir die Ausfahrt recht schnell. Die Stadt hielt auch keinen Vergleich zu London stand, denn dort brummte das Leben Tag und Nacht, während man in Newport schlief.
Wir fanden die Straße, die zur Kirche und zur Ruine führte. Sie durchschnitt eine waldreiche Landschaft, die um diese abendliche Zeit in tiefes Dunkel getaucht war. Es zeigte auch keiner Interesse daran, den gleichen Weg zu fahren wie Suko und ich, und so kamen wir schnell voran, auch wenn wir hin und wieder auf glatte Stellen achten mussten, denn völlig aufgetaut war der Boden nicht.
Suko hatte das Steuer übernommen. Ich konzentrierte mich mehr auf die Umgebung und war froh darüber, nichts mehr von den Kopfschmerzen zu spüren. Nur die Kratzwunden am Kinn brannten noch leicht, und ich schwor mir, mich kein zweites Mal von dieser verdammten Krallenhand erwischen zu lassen.
Im Wald an den Seiten der Straße fand ich keine Antwort auf meine drängenden Fragen. So sehr ich mich bemühte, ich sah keine Gestalt oder Gestalten, die ihren Weg durch dieses Dunkel nahmen. Da leuchtete nicht die Gestalt des Kreuzfahrers, und da fiel mir auch Peggy nicht auf, die für einen nächtlichen Ausflug wie diesen viel zu dünn angezogen war.
Ich machte mir mehr Gedanken über Edward Estur.
Er war ein berühmter Sohn der Insel. Zudem ein Templer, und auch ein Mann, der im Morgenland seine Spuren hinterlassen hatte. Egal wie fromm oder wenig fromm der Mensch auch ist, letztendlich muss er den Weg alles Irdischen gehen, und das hätte auch bei Edward Estur der Fall sein müssen.
Er war diesen Weg nicht gegangen. Er hatte überlebt. Die Gründe dafür wollte ich herausfinden.
Meines Erachtens lagen sie in der Vergangenheit begraben. Tief in den Wurzeln des Orients, in dem die Menschen ja weiter gewesen waren, was Bildung und Kenntnis anging, als die im Okzident.
Magie und Alchimie waren ihnen nichts Fremdes. Sie hatten geforscht, sie hatten viel herausgefunden, waren neue Wege gegangen, aus denen auch viele Erfindungen hervorgegangen waren. Da war es möglich, dass jemand wie Edward Estur von diesem Wissen profitiert hatte.
Es waren Vermutungen, die ich nicht beweisen konnte.
Auf der Fahrt zum Ziel mussten wir auch den Ort passieren, an dem Peggy die Ente in den Graben gesetzt hatte. Der Wagen war längst weggeholt worden. Uns jedenfalls fiel nichts auf, und so rollten wir weiter in die Kurven hinein, bis wir ein offenes Gelände vor uns liegen sahen, in das die beiden Lichtstreifen der
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