Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
116 Chinesen oder so: Roman (German Edition)

116 Chinesen oder so: Roman (German Edition)

Titel: 116 Chinesen oder so: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Heams-Ogus
Vom Netzwerk:
um danach ein für alle Mal damit abzuschließen. Das Wenige, was ihnen zur Verfügung gestanden hatte, um ihn zu verstehen, hatte sie in dem Gedanken bestärkt, dass nichts hier sie etwas anging. Sie alle waren ins Land gekommen, weil es weit entfernt war und ihnen als ein günstiger Ort für ihre Abenteuer und Geschäfte erschien. Es gegeißelt und eiternd zu sehen, hätte sie in dem Wunsch bestärken können, es zu verlassen. Doch es gab Tatsachen, kleine Kieselsteine, die ihren Weg abgelenkt hatten. Wer, wenn nicht sie, hatte gelernt, die vorgetäuschte Milde der faschistischen Regierung zu verabscheuen, die zivilisierte Form, mit der sie verschlungen wurden. Als sie sahen, wie die Nazis nach dieser schwankenden Macht ihre eiserne Hand ausstreckten, schlossen sie daraus, dass vielleicht vorübergehend die Möglichkeit gegeben war, sie zu besiegen. Bei ihren seltenen Begegnungen mit den Dorfbewohnern wurden sie heimlich zum Durchhalten aufgefordert, sie waren vollständig vom Sinn dieses schweigenden Widerstands durchdrungen, so dass der Gedanke, den Gnadenstoß mit herbeizuführen, für sie zunächst eine wahrscheinliche Hypothese war, die dann zu der von ihnen bevorzugten wurde. Und dann wurde sogar ein Bedürfnis daraus, zwischen dem Signal, sich zu sammeln, und dem Signal für ihre Flucht schien eine klare Gleichwertigkeit zu bestehen. Außerdem würden sie, indem sie sich der Gefahr stellten, auch ihre eigene Haut retten: Es war eine illusorische Vorstellung, zwischen den Maschen der Deutschen hindurchzuschlüpfen, in der Region hieß es, dass sie durch die Anspannung nach den Ereignissen Anfang September ganz außer sich geraten seien. Folglich schien es, egal wie unvorstellbar dies angesichts der totalen Asymmetrie ihrer jeweiligen Kräfte war, das Vernünftigste zu sein, wenn sie mithalfen, dafür zu sorgen, dass sie wieder hergaben, was sie sich einverleibt hatten. Das war die nächste Etappe. Genaugenommen kam es ihnen so vor, als sei die Absurdität ihrer Gefangenschaft nur durch eine noch größere Absurdität ersetzt worden, nämlich die, dass sie nun in Lebensgefahr waren. Nichts kam wieder ins Lot, das Buch des Albtraums wurde nicht wieder geschlossen, sondern öffnete sich über einem weiteren Kapitel, das eine erneute, unvorhergesehene Erkundung des Entsetzens war und das den Krieg beschrieb als die Ablösung einer tödlichen Absurdität durch eine andere, die noch tödlicher war, den unbeirrbaren Einfallsreichtum der verschiedenen Formen der Katastrophe, die Beständigkeit der Gründe, sich darin zu ertränken. Es gab überhaupt keine rationale Information, die ihnen bei diesem Experiment half, keine Stabskarte, niemand hatte eine klare Vorstellung davon, wie weit die Armeen und Milizen vorgedrungen waren. Die Farben des Nichts waren wieder aufgefrischt worden und behielten ihre Beständigkeit, und das verlieh jedem im Sektor einen Grund, selbst dem, der am wenigsten über die militärischen Entwicklungen wusste, sich unabwendbar und körperlich im Kriegszustand zu fühlen.
     
    Diejenigen, aus denen nun Chinesen der Wälder wurden, ließen ihre Namen und Kennnummern in Registern zurück, wodurch es möglich war, sie zu verfolgen, und drangen tief in die Eichenwälder an den Hängen des Sasso ein, ihre Flucht wurde so zu ihrer ersten Kriegshandlung, ganz ohne Waffen, außer dass es ein weiterer Schritt in ihrer Fähigkeit war weiterzubestehen. Sie hatten ihre wichtigste Tätigkeit wieder aufgenommen, das Umhergehen. Die kleine Gruppe, um die es hier geht, kletterte die zunächst sanft, dann abrupt ansteigenden Hänge des Sasso hinauf. Sie mussten schnell und entschlossen handeln, damit aus der Neuigkeit ihrer Flucht die Tatsache ihrer Abwesenheit wurde, damit es zwecklos schien, nach ihnen zu suchen, um den Speichel der Hunde abzuwenden, Fadenkreuze, die über die Berghänge hinwegglitten und auf das verräterische Zittern der Blätter entlang ihres Weges warteten, sie wollten weit weg sein, damit ihre Spuren sich verloren und ihre Verfolger aufgaben. Sie gingen in gebückter und angespannter Haltung. Hier hatte ein paar Wochen zuvor einer von ihnen ein paar Stunden verbracht und das Flugzeug vorbeifliegen sehen, das alles verändert hatte. Nun war er zurückgekehrt, er war nicht mehr allein, ein paar hundert Stunden trennten ihn von dieser Episode, deren Bedeutsamkeit, solange der Krieg im Gange war, weder ihm noch irgendwem sonst bewusst wurde. Die Ruhe an den Hängen des Sasso war durch die

Weitere Kostenlose Bücher