1160 - Das Gespenst von Dartmoor
ist es«, erwiderte er knapp. »Ihr Kollege Suko war auch dabei. Ich denke, dass wir uns in meinem Arbeitszimmer treffen werden. Das jedenfalls hatten die beiden vor.«
»Es wäre gut.«
Randall kam noch näher an mich heran. Seine Augen hatten sich zu Schlitzen verengt. »Was genau ist jetzt mit meiner Tochter geschehen?«, wollte er wissen.
»Man hat sie entführt. Einzelheiten erzähle ich Ihnen in Ihrem Büro. Soviel Zeit ist noch.«
»Gut, dann kommen Sie.«
Ich war noch immer nicht ganz fit und hatte Mühe, das Tempo des Mannes mitzuhalten. Später war ich froh, einen kühleren Raum betreten zu können. Rollos hatten den meisten Teil des Sonnenlichts abgehalten. So konnte man es aushalten.
»Möchten Sie etwas trinken, Mr. Sinclair?«
»Wasser.«
Ich bekam es, und der Anstaltsleiter nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. Auch jetzt wunderte ich mich über ihn. Das Schicksal seiner Tochter schien ihn nicht so sehr zu berühren, denn er hatte mir keine weitere Frage gestellt.
Dafür schnitt ich das Thema an. »Ich bin bei der Entführung Ihrer Tochter mit dabeigewesen, und es tut mir aufrichtig leid, dass ich es nicht verhindern konnte. Man hat mich überrascht, und ich muss Ihnen sagen, Mr. Randall, dass das Gespenst von Dartmoor, von dem so viel gesprochen wird, tatsächlich existiert.«
»Dann wurde meine Tochter von ihm geholt?«
»Leider ja.«
»Wie konnte das passieren?«
Es war an der Zeit, über Einzelheiten zu reden. Zudem ging es mir wieder besser. So berichtete ich ihm von Dingen, die ich leider nicht hatte verhindern können.
Er sagte dazu nichts. Kein Wort des Kommentars und auch seine Gestik blieb mir unverständlich. Er saß steif hinter seinem Schreibtisch wie ein General, der seine Offiziere anschaut, die zum Rapport erschienen waren.
»Sie haben meine Kopfwunde ja selbst erlebt. Es ist einfach Pech gewesen. Jedenfalls hat er Fiona mitgenommen, und es liegt an uns, sie zu suchen und zu finden.«
Clyde Randall nickte. Das Geschehen hatte ihn schon mitgenommen. Er sah ziemlich grau aus.
»Haben Sie keinen Kommentar dazu?«, fragte ich.
»Ich kann da nur wenig sagen.«
»Das würde schon reichen.«
»Ja, das würde reichen. Ich fasse es jetzt mit einem Satz zusammen. Ich habe geahnt oder dann auch gewusst, dass alles so kommen würde, wie es gekommen ist. Er hat sich Fiona geholt, weil ich den Fehler beging, Sie und ihren Kollegen hier nach Dartmoor zu holen. Aber ich sah keinen anderen Ausweg mehr.«
Mit allem hatte ich gerechnet, doch nicht mit einer derartigen Aussage. Ich schüttelte den Kopf.
»Verhört habe ich mich wohl nicht, Mr. Randall, oder?«
»Nein.«
»Sie können sich trotzdem vorstellen, dass es etwas dürftig ist. Kann ich eine Erklärung bekommen?«
»Das können Sie, Mr. Sinclair, denn jetzt ist sowieso alles egal.« Er lehnte sich zurück und wollte reden, als es gegen die Tür klopfte.
Suko und der Wärter erschienen. Der Angestellte stand noch sichtlich unter Schock. Er war blass, und sein Blick flackerte. Beide wollten anfangen zu sprechen. Dagegen hatte Randall etwas. Mit halblauter Stimme bat er die Ankömmlinge, Platz zu nehmen und zunächst ihm einmal zuzuhören.
Suko konnte sich damit nicht anfreunden. Er wandte sich an mich. »Bist du auch der Meinung?«
»Ja.«
»Okay.« Er rückte mit seinem Stuhl zu mir heran, sah die Verletzung auf meinem Kopf, gab aber keinen Kommentar, sondern fragte nur: »Um was geht es eigentlich?«
»Wahrscheinlich um die Lösung«, erwiderte ich…
***
Fiona Randall wusste nicht, was genau mit ihr geschehen war. Sie erinnerte sich an die Kirche, auch an John Sinclair, selbst an die seltsamen Geisterstimmen, und dann war plötzlich alles so anders geworden.
Er war gekommen!
Er, der Schatten, der lebte! Als etwas anderes konnte sie ihn nicht bezeichnen. Er war über sie hergefallen und hatte sie in ein tiefes schwarzes Loch gerissen, aus dem sie intervallweise wieder aufgetaucht war.
Was in der Zwischenzeit passiert war, hätte sich Fiona höchstens zusammenreimen können, doch auch da wäre nicht viel herausgekommen. Jedenfalls befand sie sich in einer anderen Umgebung und nicht mehr innerhalb der kleinen Kirche. Es war feuchter, es war weniger warm, und auch der Geruch hatte sich verändert.
Fiona erinnerte sich nicht einmal daran, wie und weshalb sie bewusstlos geworden war. Man musste sie niedergeschlagen haben, das schon, aber wer steckte hinter dem Schatten?
Zum ersten Mal traute sie sich, die Augen zu
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