1160 - Das Gespenst von Dartmoor
harten Dealer und Schläger zu Weicheiern.
Fiona hatte sich nie im Leben als nur schwache Frau gefühlt. Sie war stark, und sie hatte sich vorgenommen, immer ihren eigenen Weg zu gehen. Von keinem ließ sie sich hineinreden, auch nicht von ihrem Vater, der nämlich nicht begeistert davon gewesen war, dass seine Tochter ihn im Zuchthaus besuchte.
Aber sie hatte es getan. Sie hatte sich stets gegen Widerstände durchgesetzt. Nun musste Fiona erkennen, dass es auch für sie eine Grenze gab. Die war hier gezogen worden, denn vor ihr hockte ein Monster. Eine Gestalt, die in Frankensteins Hexenküche gepasst hätte. Etwas, das lebte und trotzdem nicht leben durfte, weil es kein Mensch war.
Fiona merkte, dass sie angestarrt wurde. Aber sie sah keine direkten Augen. Im Gesicht zeichnete sich höchstens so etwas wie Augen ab. Kleine, weiße Flecken.
Ein schwarzer Umhang bedeckte den Körper, der noch schwarzer war als der Umhang.
Das konnte kein Fleisch sein. Fiona glaubte nicht daran, dass sich unter dieser Masse Knochen oder Sehnen befanden. Auch keine Organe. Der war etwas völlig anderes. Der konnte eigentlich nicht leben, wenn es nach den Gesetzen der Natur ging. Trotzdem existierte er.
Bisher hatte sich das Monstrum noch nicht bewegt. Es war einfach erstarrt und schien mit den Wurzeln des Baumes verbunden zu sein. Es gab keine Geräusche ab, aber es bewegte sich jetzt plötzlich, und Fiona Randall zuckte zusammen.
Das Monstrum stand auf.
Sehr langsam. Beinahe schon bedächtig. Es war nicht mehr als ein Schaben zu hören, als sich die Gestalt allmählich in die Senkrechte schob. Sie löste sich von den mächtigen Luftwurzeln des Baumes, und Fiona schaute aus großen Augen zu, wie mächtig die Gestalt plötzlich vor ihr in die Höhe ragte. Sie hatte den Eindruck, es mit einem Riesen zu tun zu bekommen. Es konnte auch daran liegen, dass sie lag und der andere stand.
Er kam auf sie zu.
Jeder Schritt brachte die Gefahr näher an sie heran. Immer wenn die Gestalt auftrat, dann glaubte die Frau, ein leises Stampfen zu vernehmen.
Das Monstrum ging nicht normal. Bei jedem Schritt schaukelte es von einer Seite zur anderen, aber es tat Fiona nicht den Gefallen, umzufallen. Es blieb auf den Beinen, und die Entfernung zwischen ihnen schmolz immer mehr zusammen.
Und dann war es da!
Es war ein alter Gestank, der ihr entgegenwehte. Als hätte der Sumpf an einer Stelle sein Maul geöffnet, um all die Fäulnis, die sich in seinem Innern befand, nach außen zu drücken.
Hinzu kam die Veränderung der Luft. Es war bereits zu spüren, dass sich der Abend näherte. Da veränderte sich der Sumpf. Aus ihm trieb hervor, was sich tagsüber gesammelt hatte. Ein schwerer, keuchender Atem. Der Gestank von Fäulnis, den die ersten Dunstschwaden zu ihr herübertrugen.
Das Monstrum schaute auf sie nieder. Fiona blickte dabei in die Höhe. Es war schon ungewöhnlich, und sie wunderte sich über sich selbst, dass sie es schaffte, dem »Blick«, der eigentlich keiner war, Stand zu halten.
Aus den Ärmeln der leicht glänzenden Kutte schauten Hände hervor. Hände, die auch Finger besaßen, aber trotzdem nicht normal waren. Sie sah sie als sumpfige und auch widerliche Gebilde an, und in ihrem Innern wehrte sich etwas.
Die Hände bewegten sich, verschwanden unter der schwarzen Kutte. Dort bewegten sie sich, aber Genaues konnte die Frau nicht erkennen.
Sie holten etwas hervor.
Fiona starrte entsetzt auf den Gegenstand. Es war ein Messer der besonderen Art. Eine gebogene Klinge, die die Form eines Halbmonds aufwies. Schon mit einer kleinen Sense zu vergleichen.
Das Monster hielt den Griff der Klinge fest umklammert. Es tat nichts. Keine Bewegung. Es war in eine völlige Starre gefallen, aber es hielt den Kopf gesenkt, und Fiona Randall empfand diese Zeitspanne als eine lange Qual.
Es würde etwas tun. Das musste es sogar. Es hätte sonst keinen Sinn gehabt, sie zu entführen.
Es starrte nach unten. Noch immer. Und noch immer bewegte es sich dabei nicht. Bis es plötzlich in die Knie sackte, wobei das Messer verdammt nahe an Fionas Kehle herankam und sie einen leisen Schrei nicht unterdrücken konnte.
Sie hatte Glück, denn die Klinge berührte sie nicht. Dicht neben ihr blieb die Gestalt hocken.
Das Monster blieb nicht mehr lange unbeweglich. Es wusste schon sehr genau, wie es vorzugehen hatte, und es zog seinen Plan Stück für Stück durch.
Mit einer Hand umfasste es Fionas rechten Arm. Es hob ihn an. Fiona setzte keinen Widerstand
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