1166 - Der Erschrecker
erst gar nicht mitbekam, was da passiert war. Sie schwebte noch immer in einem Kusshimmel, schüttelte sich schließlich, als ein Schauer über ihren Körper rann und hörte Hanks Stimme: »He, was ist los? Schläfst du?«
»Nein, nein, nicht…«
»Dann knie dich mal hin!«
»Wieso?«
»Mach schon.« In seiner Stimme war die Ungeduld nicht zu überhören gewesen. Hank wirkte wie jemand, der etwas Bestimmtes nicht mehr erwarten konnte und so schnell wie möglich zum Ziel kommen wollte.
Es dauerte noch etwas, bis Cathy es begriffen hatte. Sie richtete sich wieder auf. Das Haar war mit Gras und kleinen Blättern beklebt, und sie stellte auch fest, dass die Knopfleiste ihrer gelben Bluse nicht geschlossen war.
Auch der BH darunter war verrutscht. Über dem linken Körbchenrand lugte eine Brustwarze hervor.
»Toll siehst du aus, Cathy.«
»Hör auf. Was willst du denn?«
Er lächelte und sagte danach: »Ich will, dass du immer das gleiche machst wie ich.«
»Und was ist das?«
»Pass auf.« Er fasste den Rand seines olivfarbenen Hemds an und hob es leicht an.
Sie wusste Bescheid. Es gab noch ein Zurück, aber wollte sie das? Hanks funkelnde Augen schauten sie an. Er schien damit tief in ihre Seele schauen zu können. Cathy fühlte sich plötzlich wie unter einem Zwang. Sie hatte sich bisher immer so verhalten wie es ihre Eltern gern wollten. Okay, einmal hatte sie mit einem Jungen geschlafen. Es war schlimm gewesen. Sie hatte sich danach schlecht gefühlt, und jetzt war noch etwas von diesem schlechten Gefühl bei ihr vorhanden. Aber nur winzig, das andere in ihr war stärker. Sie spürte die Sehnsucht, endlich in den Armen ihres Freundes zu liegen und das zu tun, was ein Mann von einer Frau verlangte.
»Ja«, sagte sie leise und nickte.
Hank gab keine Antwort. Cathy hatte damit gerechnet, dass er sein Hemd hochziehen würde, doch das tat er nicht. Er war in dieser Pose erstarrt und sah aus großen Augen an Cathys rechter Schulter vorbei ins Leere.
Dieser Blick sorgte dafür, dass der Zauber bei ihr verschwand. »Was ist denn da?«
Hank stöhnte nur. Dann flüsterte er einige Worte, die Cathy nicht verstand. Es musste etwas sein, das ihm die Sprache verschlagen hatte, und Cathy drehte sich langsam um.
Dabei bewegte sie auch ihre Beine, verließ die kniende Haltung allerdings nicht - und glaubte plötzlich, im falschen Film zu sein.
Aus dem Boden - anders konnte es einfach nicht sein - hatte sich eine riesige Gestalt geschält. Ein Monster, das aussah wie ein schwarzer Drachen.
Ein Vogel mit zackigen Schwingen, aber das war nur der erste Eindruck. Die Schwingen ersetzten die Arme, nicht aber die Hände. Krallenhände, übergroß. Einfach furchtbar anzusehen, wie auch der Körper, der von irgendeinem schwarzen, engen Mantel umhüllt wurde. Aus dem Kragen drang ein Kopf hervor, der keinem Menschen gehörte. Ein überaus hässliches Gesicht mit einem weit geöffneten Maul, in dem es rot schimmerte. Die Gestalt war größer als ein Mensch, und sie riss den Mund jetzt noch weiter auf.
Sie stand in der Nähe des Autos, also nicht zu weit entfernt, und so konnten beide in das offene Maul hineinschauen und sehen, was sich an seinem oberen Ende abzeichnete.
Es waren zwei spitze Zähne.
Vor ihnen stand ein Vampir!
***
Jeder Mensch ist in der Lage zu denken. Aber es gibt Situationen, in denen das Denken ausgeschaltet wird. Eine solche erlebten Cathy Brixon und Hank Taylor jetzt. Zu begreifen war es nicht. Das ging gegen jede Logik. Es war auch kein Kino, das war die Wirklichkeit, die so brutal über sie gekommen war.
Cathy kniete noch immer am Boden. Auch in den folgenden Sekunden würde sie nicht in der Lage sein, die Decke zu verlassen.
Hank Taylor, der ebenfalls aufgrund des Anblicks erstarrt war, schaffte es, sich als Erster zu bewegen. Mit einer ruckartigen Bewegung stand er auf. Er schaute sich nicht nach Cathy um, er glotzte starr auf die Erscheinung nahe des Autos. Der Vampir bewegte sich nicht, er wartete eiskalt ab, denn das Spiel gehörte ihm. Er würde es durchziehen. Er war nicht grundlos erschienen, und Hank Taylor wusste auch genau, womit sich ein Vampir ernährte.
Blut!
In seinen Adern floss Blut. In Cathys ebenfalls, doch an sie dachte er weniger. Sie war ihm egal. Er wollte sich in Sicherheit bringen. Er wusste nur nicht, wie das geschehen sollte. In den Wagen springen und wegfahren, das klappte wohl nicht. Da war der andere immer schneller, außerdem stand er zu nahe am Fahrzeug. Das
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