1179 - Der Killerzwerg
überlegt und den Himmel aufgerissen, sodass eine blaue Fläche zu sehen war, auf der sich auch der Kreis einer Herbstsonne sehr wohl fühlte.
Unser Rover stand am Straßenrand. Suko und ich suchten trotzdem die nähere Umgebung ab. Es konnte ja sein, dass der nächtliche Regen nicht alles weggespült hatte.
Wir irrten uns.
Die Frau hatte nichts verloren. Wir fanden weder einen Ring, noch einen Knopf oder eine Kette.
Nur zerdrücktes Gras und Buschwerk, an dem einige Blätter fehlten.
Suko kam zu mir und zuckte mit den Schultern. »Weg«, sagte er, »wie vom Erdboden verschwunden.«
»Leider.«
»Und jetzt?«
»Frag nicht, Suko. Ich weiß, dass du ebenso denkst wie ich. Irgendwann werden wir sie finden, und sie wird ebenso aussehen wie Maja King. Der Zwerg kennt kein Pardon.«
»Du weißt immer noch nicht, ob er tatsächlich der Mörder ist. Ich würde da vorsichtig sein.«
»Nenne mir einen anderen.«
»Das kann ich nicht.«
»Eben.«
»Und wo sollen wir suchen?«
Er hatte eine gute Frage gestellt. Ich ließ meinen Blick kreisen. Es kam eigentlich nur der Wald zu beiden Seiten der Straße in Frage. Für mich war er ein ideales Versteck für einen Killer wie den Zwerg.
»Nicht hier, Suko.«
»Das denke ich auch.«
»Die Frage ist doch nur, was er noch vorhat.«
»Er wird weiter morden.«
Ich nickte. »Das befürchte ich leider auch.«
Wir waren beide ratlos. »Vielleicht hat er sie dorthin geschafft, wo sie wohnte«, meinte Suko. »So war es auch bei Maja King.«
»Glaubst du wirklich, dass er sich die Mühe mit der Leiche macht? Ich nicht. Ich gehe vielmehr davon aus, dass er sie in der Nähe der Tatorte zurück lässt.«
»Dann müsste er sie hier getötet haben«, meinte Suko.
»Okay, steig ein!«, sagte ich.
»Wohin fahren wir?«
»Wir werden das tun, was Polizisten immer machen müssen, wenn sie einen Fall lösen wollen. Leute befragen.«
»Was versprichst du dir davon?«
Ich legte den Sicherheitsgurt an. »Was haben wir denn? Wir haben einen Verdächtigen. Einen Menschen mit zwergenhaftem Wuchs. Davon gibt es nicht viele. Wenn er hier in der Umgebung seinen Aufenthaltsort hat, wobei ich nicht mal von einem Versteck sprechen möchte, wird er irgendwann mal aufgefallen sein.«
»Einen Zirkus habe ich hier nicht gesehen.«
»Muss ja nicht sein.«
»Okay, fahr los. Raus aus dem Wald, und dann müssen wir uns irgendwann links halten. Dort habe ich zumindest Häuser gesehen, die bestimmt nicht leer stehen.«
Natürlich waren wir beide nicht begeistert, aber wir sahen keine andere Möglichkeit, uns diesem Killer zu nähern. Er war ein Fall für uns, denn wer schnitzt schon die Fratze des Teufels in das Gesicht seiner Opfer? Nur ein Irrer oder jemand, der der Hölle und ihrem Herrscher sehr nahe sein will.
Der Zwerg wäre nicht der Erste gewesen, der das versucht hätte. Immer wieder gab es Menschen, die sich für den Teufel profilieren wollten, weil sie sich von ihm Macht und Reichtum versprachen.
Menschlich manchmal verständlich, aber nicht moralisch.
Bald lichtete sich der Wald. Das Licht fiel nicht mehr so fleckig zu Boden, die Sicht wurde freier und war schließlich ganz frei, bis hin zu den sanften Hügelwellen, die der Landschaft einen idyllischen Touch gaben.
Jetzt breiteten sich Felder und Wiesen neben der Straße aus. Mal dichter besetzt mit Büschen, dann wieder flach jenseits der Gräben liegend.
Ein Wegkreuz geriet in unser Blickfeld. Es war groß und stand dicht vor einer Kreuzung. Wenn wir nach rechts schauten, war nicht weit entfernt der Umriss eines Gebäudes zu sehen, aber das interessierte uns nur am Rande.
Das Kreuz war wichtig.
Ich trat so hart auf die Bremse, dass wir beide in die Sitze gepresst wurden. Suko hatte noch nichts gesehen, aber mir war es aufgefallen.
»Was ist?«
»Wirst du gleich sehen - komm!«
Ich war den Gurt losgeworden und öffnete die Tür. Trotz des warmen Sonnenscheins fror ich, und das hatte einen Grund.
Die Tote war malerisch vor das Kreuz in das hohe Gras gelegt worden. Sie trug noch ihre Kleidung, und selbst das blonde Haar sah aus wie frisch gekämmt.
Nur das Gesicht hatte sich verändert. Mit einem spitzen Gegenstand hatte jemand die Fratze des Teufels hineingeschnitzt. Dieses verfluchte, blutige Dreieck, das wir schon von Maja King her kannten. Jetzt lag die zweite Tote vor uns.
Wir hatten Gina Nolin nie gesehen, doch für uns gab es keinen Zweifel, dass sie es war.
Stumm standen wir vor ihr. Der Wind fuhr durch das Gras,
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