1199 - In den Klauen des Ghouls
Sie trägt hin und wieder einen roten Mantel und muss bei Ihnen Stammgast sein.«
»Ach so. Was wollen Sie denn von Betty Brown?«
»Das würden wir ihr gern selbst sagen.«
Dorsey biss sich auf die Lippe. Er ärgerte sich wohl, zu viel gesagt zu haben. »Sie ist nicht da. Sehen Sie ja. Außerdem bin ich kein Auskunftsbüro.«
Bevor wir nachhaken konnten, ging er zu seinen beiden Gästen und unterhielt sich mit ihnen, wobei die Drei die Köpfe zusammensteckten und flüsterten.
»Jetzt reden Sie über uns«, sagte Suko und trank einen Schluck. »Wir sollten ihnen klar machen, wer wir sind.«
»Denke ich auch.«
Wir waren tatsächlich Gesprächsthema, denn man warf uns manch bösen Blick zu. Es würde nicht mehr lange dauern, dann waren wir reif, um angesprochen zu werden.
»Das könnte Ärger geben«, flüsterte Suko.
Mein Freund besaß ein besonders ausgeprägtes Gefühl für kritische Situationen. Ich widersprach ihm auch nicht. Wahrscheinlich hatten wir schon zu viel gefragt.
Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Hinter unserem Rücken hörten wir die Geräusche der sich öffnenden Tür. Automatisch drehten wir die Köpfe und schauten hin.
Beide zuckten wir zusammen.
Eine Frau hatte den Pub betreten. So etwas war völlig normal. Nur in diesem Fall nicht, denn die Frau war mit einem roten Flauschmantel bekleidet…
***
Das ist nicht wahr! schoss es Glenda durch den Kopf. Verdammt noch mal, das kann nicht wahr sein. Die Frau ist weg. Ich bin mit dem Ghoul allein in der Wohnung. Er hat mich. Er hat mich wie ein Spielzeug, mit dem er machen kann, was er will. Er kann es lieben, er kann es aber auch zerstören, ohne dass es mir gelingt, mich dagegen zu wehren. Das ist der reine Wahnsinn…
Glenda fühlte sich noch so angeschlagen, dass sie nicht in der Lage war, sich zu erheben. Nur allmählich kehrten die alten Kräfte zurück, wobei sie glaubte, dass ihr Kopf um das Doppelte angewachsen war. Der Aufprall war zwar durch den Teppich gedämpft worden, aber nicht so stark wie Glenda es sich gewünscht hätte.
Nach dem Zuschlagen der Tür war es still geworden. Auch Glenda rührte sich nicht, und von dem verdammten Ghoul vernahm sie auch keine Geräusche.
Er stand an der Tür.
Er war teigig, er war widerlich. Er zeigte Emotionen. Er spielte mit seinen roten Hosenträgern, zog sie nach vorn und ließ sie wieder schnacken. Sie klatschten jedes Mal mit einem satten Geräusch auf seinen Körper zurück.
Er überlegte noch - und er stank!
Glenda glaubte, in diesen Momenten den ekligen Geruch noch intensiver wahrzunehmen. Er wallte ihr als unsichtbare Wolke entgegen, und sie hütete sich davor, den Mund zu öffnen, denn sie, wollte dieses Gemisch so wenig wie möglich einatmen.
Er spielte mit seinen Händen, nachdem er die Hosenträger losgelassen hatte. Ein normaler Mensch machte dies auch öfter. Aber bei Elmar sah es anders aus. Seine Finger waren dick, die kneteten sich zusammen und wirkten trotzdem wie eine glitschige Masse, die nie richtig Halt finden konnte.
Dabei bewegte sich auch sein Maul. Er öffnete und schloss es. In der Kehle wurden glucksende Laute geboren, die sich anhörten, als würden irgendwelche Blasen zerplatzen.
Glendas Blick hatte sich wieder geklärt. So konnte sie seine Augen deutlich erkennen. Darin malte sich bereits die Vorfreude auf das kommende Mahl ab. Sie sah die Gier schimmern, und sie wusste auch, dass der Ghoul sie nicht so einfach verschlingen würde, denn erst musste sie getötet werden.
Möglichkeiten gab es genug. Da waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Er konnte sie erwürgen, erschlagen, ersticken - und, und, und…
Der Gedanke daran sorgte bei Glenda für einen kräftigen Adrenalinstoß. Sie hatte plötzlich das Gefühl, alles doppelt zu sehen. Das Blut war ihr in den Kopf geschossen, und der Ghoul schien gespürt zu haben, was in ihr vorging Er lachte sie an.
Nein, nein, das war kein normales Lachen. Das war ein böses Kichern, eine Folge der diebischen Freude, wie Elmar sie erlebte. Seine Mutter hatte ihn allein gelassen. Mal wieder. Endlich mit einer frischen Beute. Lange genug hatte er darauf warten müssen. Leichen waren seine richtige und eigentliche Nahrung.
Elmar stieß sich von der Wand ab. Er lachte noch immer. Und er rieb seine Handflächen gegeneinander. Es hörte sich an, als wollte er sich die Hände waschen.
Glenda dachte an Flucht. Nur blieb es bei dem Gedanken, da sie nicht wusste, wie sie ihn in die Tat umsetzen sollte. Der
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