12 Stunden Angst
doch sie sah keinen sicheren Weg aus dieser Falle.
»Warren? Ich muss dir etwas sagen.«
Er nahm einen Schluck Wasser und blickte sie nachdenklich über den Rand des Glases hinweg an. »Und was?«
»Ich wollte es dir heute Morgen schon sagen, aber du warst so aufgebracht wegen der Betriebsprüfung – jedenfalls dachte ich,es wäre deswegen –, dass ich beschlossen habe, lieber noch zu warten. Aber jetzt, nachdem ich von … von …« Sie senkte die Stimme. »Nachdem ich von deiner Krankheit weiß … musst du es erfahren. Es könnte sein, dass du die Dinge dann anders siehst.«
Er stellte sein Glas auf den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wovon redest du?«
Binnen eines Sekundenbruchteils erkannte Laurel, dass sie einen Fehler machte. Doch welche andere Wahl hatte sie? »Ich bin schwanger. Ich habe es heute Morgen festgestellt.«
Warren blinzelte – ganz langsam, wie eine Eidechse in der Sonne. Es war der einzige Hinweis, dass er Laurels Worte gehört hatte.
»Wir hatten im vergangenen Monat nur zweimal Sex«, sagte er schließlich.
»Nun ja … einmal reicht. So war es auch bei Grant.«
Warren starrte auf ihren Leib, doch es gab natürlich noch nichts zu sehen. Wenn überhaupt, war sie im letzten Monat schlanker geworden.
»Noch mehr Lügen«, sagte er.
Irgendwie gelang ihr ein zuversichtliches Lächeln. »Geh zum Kompaktor. Wirf einen Blick in die Plastiktüte, die Christy mit ins Haus gebracht hat.«
Er starrte sie sekundenlang wortlos an. Dann öffnete er den Kompaktor und angelte die Walgreens-Tüte hervor. Die Tampon-Verpackung fiel heraus.
»Nur zu, weiter«, sagte sie.
Er öffnete die Tamponbox und starrte hinein. Dann nahm er die e.p.t. -Schachtel heraus, und sein Ausdruck verwandelte sich von Zorn zu Erstaunen. Er zog das Teststäbchen aus der Umhüllung und betrachtete es eine Zeit lang, bevor er aufblickte und sie misstrauisch musterte.
»Wann hast du den Test gemacht?«
»Wie ich dir bereits sagte – heute Morgen.«
»Warum hast du ihn versteckt?«
»Weil du gestern Nacht nicht ins Bett gekommen bist, und weil du offensichtlich sauer warst. Ich wollte damit warten, bis die Betriebsprüfung vorbei ist.«
Warren starrte sie an wie ein Vater, der einem lügenhaften Kind lauscht. »Wenn du tatsächlich schwanger bist, dann nicht von mir.«
Er schien so vollkommen überzeugt, dass Laurels Lächeln erstarb. »Wieso nicht?«
»Weil ich keine Kinder mehr zeugen kann.«
In ihren Ohren war ein Rauschen wie von einer abgehenden Lawine. »Du kannst keine … warum nicht?«
»Wegen der Medikamente, die ich nehme. Massive Dosen von Steroiden und experimentelle Wirkstoffe, die Kenneth Doan mir verschrieben hat. Er hat mich in einer Versuchsgruppe von Genentech untergebracht. Es würde mich überraschen, hätte ich auch nur ein einziges keimfähiges Spermium übrig.«
»Aber es muss so sein«, sagte Laurel. »Es gibt keine andere Erklärung.«
»Selbstverständlich gibt es die.«
»Ganz sauber!«, rief Beth und kam mit erhobenen nassen Händen in die Küche. Sie tätschelte Christys Rücken, erntete ein warnendes Knurren, ging weiter zum Tisch, setzte sich auf einen Hocker und begann mit einem Tech Deck zu spielen.
»Lass uns später weiterreden«, sagte Laurel händeringend. »Bitte.«
Warrens Augen blickten noch reptilienhafter als zuvor. »Beth?«, wandte er sich an seine Tochter.
»Ja?« Sie ließ das Mini-Skateboard auf dem Tisch im Kreis fahren.
»Mommy hat eine Überraschung für uns.«
Beth blickte vom Tech Deck auf und schaute ihre Mutter an. »Was denn für eine Überraschung, Mommy?«
»Du wirst bald eine neue Schwester oder einen neuen Bruder haben«, sagte Warren.
Beth riss die Augen auf. »Eine Babyschwester?«
»Vielleicht«, sagte Warren. »Wir wissen noch nicht, ob es ein Mädchen wird.«
»Ich will aber eine Schwester! Nicht noch einen Bruder!«
Warren legte die Plastiktüte behutsam auf den Tresen. »Hast du noch mehr Überraschungen für uns, Mom?«
»Es ist dein Baby«, flüsterte sie. »Es gibt keine andere Möglichkeit – außer unbefleckter Empfängnis, und ich bin keine Jungfrau.«
»So viel steht fest.«
»Wo ist Grant?«, rief Beth unvermittelt. »Ich will Grant erzählen, dass wir eine Babyschwester bekommen!«
»Grant ist die Nacht über bei Gram«, sagte Warren, ohne den Blick von Laurels Gesicht zu nehmen. Gram war Laurels Mutter. Sie wohnte fünfzig Kilometer flussaufwärts in Vidalia, Louisiana.
»Ich will auch bei
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