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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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überhaupt keine mehr. Tee aus Brombeerblättern. Kuchen aus Kartoffelstärke. Du hattest Hunger, warst hundemüde und hattest es restlos satt, von Wurzeln und Kräutern zu leben. Da hast du ihnen Namen genannt -«
    »Niemals habe ich -«
    »Du hast ihnen die gegeben, die sie haben wollten, weil du endlich mal eine richtige Zigarette rauchen wolltest. Und ein Stück Fleisch essen. Du hattest einen richtigen Heißhunger auf Fleisch. Und du hast gewusst, wie du es kriegen kannst. So ist es gewesen, Dad. Drei Menschenleben für sechs Würstchen. Ein fairer Handel, wo man doch sonst höchstens die Hauskatze hätte fressen können.«
    »Das ist nicht wahr!«, protestierte Graham. »Bist du verrückt geworden?«
    »Das ist doch dein Name, oder nicht? Das ist die Unterschrift des Feldkommandanten da unten, am Ende der Seite. Heine. Bitte sehr. Sieh sie dir an. Deine Dienste sind von ganz oben gewürdigt worden. Sie haben dir immer mal ein bisschen was fürs leibliche Wohl zukommen lassen, um dir über die harten Kriegszeiten zu helfen. Wenn ich die restlichen Papiere durchsehe, wie viele von der Sorte werde ich dann noch finden?«
    »Ich weiß überhaupt nicht, von was du redest.«
    »Nein. Das ist wahr. Du hast dich gezwungen, alles zu vergessen. Was hättest du auch sonst tun sollen, als alle umgekommen waren? Das hattest du nicht erwartet, oder? Du hast gedacht, die würden nur eine Weile eingesperrt werden und dann wieder heimkommen. Das glaub ich dir sogar.«
    »Du hast den Verstand verloren, Junge. Lass mich jetzt raus aus dem Sessel. Zurück mit dir, los! Zurück, sag ich, oder ich vergess mich.«
    Diese väterliche Drohung, die er als Kind so selten zu hören bekommen hatte, dass er sie fast vergessen hatte, wirkte. Frank wich einen Schritt zurück. Sein Vater kämpfte sich aus dem Sessel.
    »Ich gehe jetzt zu Bett«, sagte Graham zu seinem Sohn. »Ich hab genug von diesem Quatsch. Ich hab morgen eine Menge vor, dafür will ich ausgeruht sein. Und bilde dir ja nicht ein, Frank« - mit zitterndem Finger deutete er auf Franks Brust - »du kannst mich daran hindern. Hast du gehört? Einer muss endlich das Kind beim Namen nennen, und ich werde derjenige sein.«
    »Hast du mir überhaupt nicht zugehört?«, fragte Frank verzweifelt. »Du warst einer von ihnen. Du hast deine Kameraden verraten. Du bist zu den Nazis gegangen und hast ein Geschäft mit ihnen gemacht. Und du hast das sechzig Jahre lang geleugnet.«
    »Ich habe niemals -!« Mit geballten Fäusten trat Graham einen Schritt auf ihn zu. »Da sind Menschen ums Leben gekommen. Tapfere Männer - tapferer, als du jemals sein kannst - sind in den Tod gegangen, weil sie sich nicht unterwerfen wollten. Obwohl man ihnen geraten hatte, es zu tun, ha, ha! Am besten, ihr seid kooperativ, haltet die Ohren steif und kämpft euch irgendwie durch. Der König hat euch zwar im Stich gelassen, aber ihr liegt ihm am Herzen, wirklich, und eines Tages, wenn das hier alles vorbei ist, werdet ihr sehen, wie er den Hut vor euch zieht. Inzwischen tut einfach so, als tätet ihr brav, was die Jerrys euch sagen.«
    »Ach, hast du dir das so zurechtgelegt? Dass du nur so getan hast, als würdest du kollaborieren? Und hast dabei deine Freunde verraten, hast zugesehen, wie sie verhaftet wurden, hast die Scharade von deiner eigenen Deportation mitgemacht, obwohl du wusstest, dass sie nichts als Theater war? Wohin haben sie dich eigentlich verfrachtet, Dad? Wo haben sie dich während deines ›Gefängnisaufenthalts‹ versteckt? Ist bei deiner Rückkehr niemandem aufgefallen, dass du für einen armen Kerl, der ein Jahr im Krieg hinter Gittern gesessen hat, ein bisschen zu wohlgenährt warst?«
    »Ich hab TB gehabt! Ich musste eine Kur machen.«
    »Und wer hat die Diagnose gestellt? Bestimmt kein Arzt aus Guernsey. Und wenn wir jetzt eine Untersuchung durchführen lassen - so eine, bei der sich's zeigt, ob man mal Schwindsucht gehabt hat -, wie wird die wohl ausfallen? Positiv? Ich bezweifle es.«
    »Nichts als Blödsinn«, schrie Graham ihn an. »Blödsinn, Blödsinn, Blödsinn. Gib mir das Papier. Hast du mich verstanden, Frank? Gib es her!«
    »Nein, das gebe ich dir nicht«, entgegnete Frank. »Und du wirst nicht mit der Presse sprechen. Denn wenn du es tust... Dad, wenn du das tust...« Ihn überfiel endlich der ganze Horror der Ereignisse: ein Leben, das eine einzige Lüge war, zu deren Erhaltung er selbst, unwissentlich zwar, aber dennoch voll Enthusiasmus beigetragen hatte. Er hatte

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