1230 - Der Traumdieb
erfuhren sie alles, was mir widerfahren war. Sie hörten zu, und manchmal sah ich auch den Unglauben in ihren Augen. Dann fragte Shao verwundert:
»Warum hast du denn nichts gesagt? Du hättest uns mitnehmen können und…«
Ich zuckte die Achseln. »Wer hätte denn schon voraussagen können, wie sich die Dinge entwickeln würden? Ich nicht, ihr auch nicht, aber sie haben sich entwickelt, und wir haben ein Problem.«
»Das Dr. Barker heißt«, stellte Suko fest.
»Ich weiß es noch nicht. Es kann durchaus sein, und es gibt zu viele Parallelen. Hier war es der Polizist, der mich hat umbringen wollen. Völlig motivationslos. Auf der anderen Seite hat Cora Atkins ihren Mann ebenfalls getötet, für mich ebenfalls unverständlich, und dann brachte sie sich selbst um, wobei ich daran denke, dass sie es nicht aus eigenem Willen heraus getan hat. Jemand hat sie gelenkt, und dieser Lenker ist auch derjenige gewesen, der den Menschen die Träume geraubt hat. So zumindest sehe ich die Dinge. Er nahm ihnen die Träume, er machte sie zu Marionetten, zu Puppen. Er hatte sie in der Hand. Sie taten das, was er wollte.«
»Sogar euer Kollege«, murmelte Shao.
Ich hob die Schultern. »Das begreife ich ehrlich gesagt auch nicht, Shao. Ich frage mich wirklich, wie so etwas möglich ist. Aber es ist möglich. Ich stieg aus dem Wagen. Er kam auf mich zu, und dann ist es eben passiert. Blitzschnell, überfallartig.« Ich schaute an den beiden vorbei auf den Toten, über den eine Plane ausgebreitet worden war. Auch Neugierige hatten sich eingefunden, angelockt vom Licht und der sich drehenden Scheinwerfer auf den Dächern der Streifenwagen. Man sollte nicht glauben, dass so viele Menschen in einer so kur zen Zeit zusammenkamen, und das in den frühen Morgenstunden.
»Wenn wir den Faden weiterspinnen, John«, sagte Suko, »könnte es bedeuten, dass dieser Barnabas Barker ein gewisses Netz gespannt hat, zu dem viele einzelne Personen gehören.«
»Darauf läuft es wohl hinaus.«
»Und er weiß inzwischen, dass du dich mit dem Fall beschäftigst.«
»Stimmt. Aber nicht nur ich, auch die Conollys. Und deshalb müssen sie so schnell wie möglich informiert werden, denn sie müssen sich darauf einstellen, auch zur Zielscheibe zu werden.«
Weder Shao noch Suko widersprachen, weil sie die Dinge ebenfalls so sahen. Ich dachte nur darüber nach, wie der Mann im Hintergrund so schnell erfahren hatte, wer sich da um den Fall kümmerte. Das war für mich noch immer ein Rätsel.
»Interessant ist auch zu erfahren, was dieser tote Polizist für ein Mensch gewesen ist. Wenn man Hintergründe aufhellen kann, gibt es bestimmt Spuren.«
Ich gab Suko Recht und sagte: »Dabei kenne ich noch nicht mal seinen Namen.«
»Das wird sich ändern.«
Ich wollte die Zuk unft zur Gegenwart machen und ging auf den Chef der Truppe zu. Auch einige Reporter hatten den Weg gefunden. Ihrem Blitzlicht konnte so leicht niemand entgehen, und ich versuchte immer, meinen Kopf so schnell wie möglich zur Seite zu drehen.
Der Kollege ha tte mich gesehen. Er hieß Owen und kam mit langsamen Schritten auf mich zu.
»Es ist mir noch immer ein Rätsel, Mr. Sinclair, wie so etwas passieren konnte und…«
Ich winkte ab. »Lassen wir das mal beiseite, Mr. Owen. Ich weiß nicht mal, wie der Kollege heißt.«
»Jeff Boone.«
»Den Namen habe ich nie gehört.«
»Kann ich mir vorstellen.«
Meine nächste Frage zielte auf das eigentliche Problem. »Was weiß man über ihn?«
Owen zeigte sich leicht irritiert. »Bitte, er ist bisher nicht aufgefallen. Er war ein Mann, der seine Pflicht getan hat. Zehn Jahre schon war er bei der Metropolitan Police.«
»Ist er durch irgendwas aufgefallen?«, fragte Suko, der sich zu uns gesellt hatte. »Nein.«
»Nicht dienstlich, meine ich.«
»Sondern?«
»Privat. Hatte er Probleme? Gab es Ärger in seinem persönlichen Umfeld, der, von welcher Seite auch immer, ausgenutzt werden konnte?«
Owen schob seine Unterlippe vor. »Das ist ein Thema, über das ich Erkundigungen einziehen müsste.«
»Können Sie es sofort tun?«, fragte ich.
Obwohl der Kollege überrascht war, gab er sich dennoch solidarisch. »Gut, ich werde mich mit seinem Vorgesetzten in Verbindung setzen, auch wenn es noch Nacht ist.«
»Tun Sie das bitte.« Owen drehte ab, und wir gingen wieder zurück zu unserem Rover, wo Shao wartete. »Ich denke, es ist Zeit, dass wir die Conollys informieren«, meinte sie. »Du hast doch sicherlich ein Handy dabei,
Weitere Kostenlose Bücher