1233 - Der Kunst-Vampir
gesehen, aber mehr war nicht geschehen. Sie konnte frei atmen, sie spürte die normale Welt um sich herum, und sie dachte zugleich an die Gefahr, die von der anderen Seite gekommen war.
Es war ihr klar, dass sie aufstehen musste. Im Moment fühlte sie sich einfach nicht in der Lage. Aber der Vampir war…
Jemand packte sie am Rücken, und damit wurden ihre Gedanken unterbrochen. Sie spürte auch den Ruck, der sie erwischte. Dann zerrten die fremden Hände sie in die Höhe, und sie glaubte nicht daran, dass es der Vampir gewesen war.
Er hatte noch einen Helfer, der im Hintergrund lauerte.
Jemand riss sie wie einen Gegenstand in die Höhe und stellte sie auf die Füße. Sie wurde nicht umgedreht. Eine Hand hielt sie am Nacken fest, und dann hörte sie dicht hinter sich das scharfe und hämische Lachen.
Eine Frau?
Ja, da hatte eine Frau gelacht, und über den Körper der Psychonautin rann ein Schauer. Dass eine Frau mitspielte, daran hatte sie nicht gedacht, aber es war ihr auch klar, dass ihre Geschlechtsgenossinnen oft schlimmer in ihren Taten sein konnten als Männer, denn sie hassten auf eine sehr persönliche Art und Weise.
Die Hand hielt sie fest, und Dagmar hatte das Gefühl, dass sie aus Eisen bestand. Sie wurde durchgeschüttelt wie irgendein Gegenstand, und sie war nicht in der Lage, sich dagegen zu wehren.
Dann drehte man sie herum.
Dagmar breitete noch die Arme aus, weil sie sich davor fürchtete, zu Boden zu fallen, aber das trat nicht ein, denn plötzlich kam sie wieder zur Ruhe.
Ein fremdes Gesicht starrte sie an. Es war tatsächlich das Gesicht einer Frau, das sich in der Dunkelheit abmalte und sich nur eine Handbreite vor ihrem befand.
Dagmar Hansen erstarrte. Sie hatte die Frau noch nie in ihrem Leben gesehen, aber der erste Blick in deren kalte Augen reichte aus, um zu erkennen, dass sie keine Gnade erwarten durfte. Selbst in der Dunkelheit wirkte die Haut hell. Das konnte auch an den sehr blonden Haaren liegen, die das Gesicht wie eine Flut umgaben.
Ein Gesicht, das schön war. Überhaupt nicht abstoßend.
Perfekt, gerade geschnitten, aber es besaß auch eine gewisse Starre, die Dagmar von Menschen her kannte, die für sich einen schrecklichen Entschluss gefasst hatten.
Zwei Hände hielten sie fest. Sie lagen auf ihren Schultern, und Dagmar empfand sie wie schwere Klötze. Die Finger drückten gegen ihre Haut. In ihnen steckte eine Kraft, die Dagmar Angst einjagte.
Die Blonde sprach. »Du bist gut, das kann ich nur bestätigen. Aber du bist nicht gut genug für mich, verstehst du?«
»Nein, ich verstehe nichts. Wer sind Sie?«
»Eine Schöpferin.«
»Bitte was?«
»Ja, ich habe mitgeholfen, eine Gestalt zu erfinden, zu kreieren. Herzustellen, einen künstlichen Vampir, etwas ganz Besonderes, der zudem wahnsinnig gut drauf ist und das Blut der Menschen in Massen trinken kann.«
Das ist kein Märchen!, durchfuhr es Dagmar. Das ist keine Geschichte, die du nur träumst. Die erlebst du richtig. Mit allem, was dazugehört, verdammt noch mal. Sie ist eine…
Plötzlich öffnete die Blonde den Mund!
Bisher hatte Dagmar nicht daran gedacht, es mit einem weiblichen Vampir zu tun zu haben, denn sie hatte dafür überhaupt keinen Grund gesehen, nun änderte sich die Lage radikal. Sie musste plötzlich umdenken und wusste nun, dass sie es mit zwei Vampiren zu tun hatte.
»Dein Blut werde ich mir holen, dein Blut!«
Es waren Sätze, die anderen Menschen vielleicht Angst gemacht hätten. Nicht so bei Dagmar. Bei ihr trat das Gegenteil ein, denn es regte sich Widerstandwille. Ihr Job hatte sie gelehrt, sich in allen Lagen zurechtzufinden, auch in Situationen wie dieser hier, und sie schüttelte den Kopf, während zugleich das Blut in ihr hochstieg und hinter der Stirn einen starken Druck abgab.
Er war nur auf eine bestimmte Stelle beschränkt. Genau dort, wo sich das dritte Auge befand. Es war eine dieser Situationen, in denen der Stress weit über das Normalmaß hinausging und sich so das Erbe der Psychonauten bemerkbar machte.
Die Blonde hatte die Drohung ausgesprochen. Sie war siche rlich bereit, sie in die Tat umzusetzen und ihre Zähne in die linke Halsseite zu schlagen, aber sie zögerte, während der Mund weiterhin offen blieb. Es bewegten sich bei ihr nur die Augen, und sie waren so verdreht, dass sie nur eine bestimmte Stelle im Gesicht der Frau fixierten.
Genau die Stirn!
Dagmar brauchte einige Sekunden, um dies zu begreifen. Sie sah dieses dritte Auge selbst nicht, aber der
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