1237 - So rächt sich eine Bestie
seine Probleme hatte er noch nicht gefunden. Er ging davon aus, dass die Blonde ihn nur so lange als normalen Menschen am Leben hielt, wie sie ihn brauchte. Wenn sie dann den Hafen erreicht hatten und die Brut von Bord gehen konnte, war er für die Cavallo nur noch ein Nahrungsträger.
Sie trat noch näher an ihn heran, und er saugte durch die Nasenlöcher wieder ihren Duft ein. Dann spürte er den Druck ihrer Hände auf seinen Schultern. »Wie groß ist denn deine Angst, mein Freund?«
»Bitte, lass mich in Ruhe!«
»Warum?«
»Ich muss mich konzentrieren.«
Justine lachte gurrend. »Das weiß ich doch«, sagte sie danach, »aber deshalb können wir uns doch unterhalten.«
Dean merkte, dass er immer mehr ins Schwitzen geriet. Seine Gedanken beschäftigten sich mit dem Tod, und diese Person wollte sich mit ihm unterhalten. Das brachte er nicht fertig und fuhr sie deshalb an: »Lassen Sie mich in Ruhe!«
»Noch«, erklärte Justine lachend.
»Noch werde ich dich in Ruhe lassen. Aber es werden sehr bald andere Zeiten kommen, in denen ich auch an mich denken muss. Du verstehst…?«
Oh, er verstand, aber er sagte es nicht und presste die Lippen zusammen. Indirekt hatte sie ihm gesagt, was ihm bevorstand.
Die Angst erwischte ihn wie eine Flutwelle, für einen Moment schwankte er und musste sich festhalten. Er suchte trotzdem nach einem Ausweg aus dieser Misere und überlegte, ob er einen SOS-Ruf abgeben sollte, um andere Schiffe in die Nähe zu locken.
Sie wären bestimmt gekommen, aber die Besatzung wäre auch in ihr Verderben gefahren. Es gab sicherlich keinen, der darüber informiert war, wie man Vampire effektiv bekämpfte.
Er dachte auch an die Möglichkeit, das Schiff im kleinen Hafen gegen die Kaimauer zu setzen, doch das würde ebenfalls nichts bringen, denn die Wesen, die schon tot waren, konnten damit auch nicht aus dem Weg geschafft werden.
So blieb ihm nur die Möglichkeit, weiterhin durch die leicht raue See dem Ziel entgegenzufahren und darauf zu hoffen, dass er noch eine Chance bekam, der Blonden zu entkommen.
Wäre sie eine normale Frau gewesen, hätte es für ihn keine großen Probleme gegeben. Aber sie war etwas anderes. Nicht nur eine Blutsaugerin, sondern eine Person, die ungewöhnliche Kräfte besaß und diese auch radikal einsetzte.
Er steuerte das Schiff weiter.
Er stand wie eine Statue auf der Brücke. Wer ihn sah, der hätte ihn leicht für eine Leiche halten können, die irgendjemand am Ruder festgebunden hatte.
Er lebte noch, aber er fühlte sich schon wie tot…
***
Amy Carry und Suko hatten auf dem Weg zum Hafen kaum ein Wort gesprochen. Beide hingen ihren Gedanken nach, die sich natürlich nur um ein Thema drehten.
Hin und wieder waren sie stehen geblieben, um nach vorn zu schauen, und dann hatten sie ihren Albtraum gesehen. Das große Bergungsschiff war deutlich auf dem Wasser zu erkennen. Es bewegte sich auf die Insel zu, und sie erkannten sogar die helle Bugwelle, die es vor sich herschob. Damit waren die letzten Zweifel beseitigt, welches Ziel das Schiff hatte. Die letzten Meter gingen sie durch feuchten Sand. Der kleine Hafen befand sich links von ihnen. Sie hörten, wie das Wasser gegen die Mauern klatschte, und sie sahen auch die wenigen Laternen, die ihr Licht in die Umgebung verteilten.
Ein paar Lagerhäuser standen an der rechten Seite. Boote sahen sie ebenfalls. Sie waren an Land gezogen worden und lagen kieloben auf dem unebenen Pflaster.
Nur noch wenige dümpelten im Hafenbecken und wurden immer wieder von den Wellen gegen die dicken Holzpfähle getrieben, die mit Autoreifen versehen worden waren, um den Aufprall zu dämpfen.
Von den Fischerbooten war nichts zu sehen. Suko suchte auch nicht sie, sondern das Boot, in dem sich sein Freund John Sinclair befand. Er hatte sich ebenfalls auf den Rückweg gemacht, aber er würde nicht vor dem Bergungsschiff einlaufen.
Das Wasser war nichts anderes als eine dunkle Masse, die vor Sukos Augen auf- und abwogte. Er forschte nach einem Lichtpunkt, denn er wusste, dass auf dem Fischerboot eine Positionslaterne oben am Mast ihr Licht abgab.
Obwohl er gute Augen hatte, bekam er den hellen Lichtstrahl nicht zu sehen. So befürchtete er, dass es noch eine Weile dauern würde, bis John und Tom Carry den Hafen erreicht hatten, in dem sie ebenfalls nicht sicher sein konnten.
Amy Carry stand neben ihm, und Suko bekam mit, dass sie zitterte.
»Angst?«, fragte er.
»Ja. Warum soll ich es nicht zugeben?«
»Es ist
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