1241 - Der Smiler und die Sphinx
vereinsamen lassen.
In den letzten Tagen hatte sie eine seltsame Sehnsucht in sich erwachen verspürt und ihren innigsten Wunsch entsprechend ausgeweitet. Nun wollte sie einen Partner, der mit ihr zu den Sternen flog. Sie hielt es auf Terra nicht mehr aus, sie wollte nicht mehr länger in Terrania leben.
Zu den Sternen...
Diesen Wunsch hatten die Armada-Shows geweckt, das stand für Daisy außer Zweifel.
Vielleicht hatte diese Sehnsucht schon lange unterschwellig in ihr geschwelt, ohne daß sie sie hätte benennen können. Diese Unrast und Unzufriedenheit, die ihr den monotonen Job zur Qual machte, war in letzter Zeit immer stärker hervorgetreten. Und dann kam Krohn Meysenhart und brachte ihr die Endlose Armada ins Haus - und da wußte sie auf einmal, was sie wollte: Das Leben in der Weite des Alls erschien ihr auf einmal so verlockend, die Freiheit von Sternenwanderern, wie sie die Armadisten besaßen, wurde für sie zum Wunschziel ihres Lebens.
Sie genoß die Armada-Shows vormittags, bevor sie zur Arbeit ging, und widmete sich ihnen sogleich, kaum daß sie am frühen Nachmittag vom Dienst zurückkam. Was in ihrer näheren Umgebung vor sich ging, kümmerte sie nicht mehr. Dafür kannte sie all die Armadaeinheiten, die Krohn Meysenhart fast rund um die Uhr vorstellte, könnte die vielen fremdartigen Völker beschreiben und deren psychische und physische Eigenheiten nennen.
Als sie an diesem Tag wenige Minuten nach 16 Uhr in ihr Appartement zurückkam, schaltete sie als erstes den Holo-Kubus ein, der ihr augenblicklich die Endlose Armada ins Zimmer brachte.
Dabei fiel ihr Blick auf den Turban, und sie fröstelte.
Ein unbekannter Verehrer hatte ihr diese seltsame Kopfbedeckung geschickt und in einem Tonträger erklärt, daß es sich um eine „Swing-Krone" handelte, mit der sie alle Holo-Sendungen viel unmittelbarer erleben könne.
Inzwischen hatte sich Daisy umgehört und herausgefunden, daß es tatsächlich sogenannte „Swinger" gab, die einen Kult damit betrieben, sich in alle möglichen Bildfrequenzen einzuschalten und sich davon derart stimulieren zu lassen, daß sie meinten, die Holos selbst zu erleben.
Daisy hatte aber auch erfahren, daß es dabei schon Unfälle gegeben hatte, so daß sich die Regierung genötigt sah, diesen Unfug zu verbieten. Das hatte jedoch wenig gefruchtet und nur dazu geführt, daß die Swinger in den Untergrund gingen.
Daisy rührte die „Swing-Krone", wie der unbekannte Gönner den Turban nannte, nicht einmal an. Sie fürchtete sich davor. Noch mehr Angst machte ihr jedoch der Gönner, der sich „Peeping Mong" nannte und in der beigepackten Tonaufzeichnung androhte, demnächst mal zu ihr zu swingen.
Sie hatte den Computer befragt und erfahren, daß der Ausdruck „Peeping Mong" vermutlich von dem altterranischen „Peeping Tom" abgeleitet war, was schlicht und einfach Voyeur bedeutete. Seitdem fühlte sie sich von dem Turban und dem dazugehörenden Telecommander beobachtet. Sie hätte beides am liebsten zurückgeschickt, aber sie kannte ja nicht den Absender. Und es gab so viele Swinger-Clubs...
Sie machte sich eine Kleinigkeit zu essen, ein lieblos zusammengestelltes Computermenü, und stieg voll in die Armada-Show ein. Das ließ sie ihre Furcht vor dem Turban und ihre trüben Gedanken an den eintönigen Job vergessen. Nur einmal dachte sie kurz daran, daß die Swing-Krone ihr vielleicht die Möglichkeit geben konnte, ihre unstillbare Sehnsucht nach den Sternen zu befriedigen. Aber dann sagte sie sich, daß eine solche Ersatzhandlung nicht das war, was sie sich erwartete.
Gab es denn auf ganz Terra keinen Mann mehr, der etwas von dem Pioniergeist seiner Ahnen in sich spürte? Odoch, es gab sie, und es waren ihrer immer mehr, das klang aus den Nachrichten der Medien immer deutlicher heraus. Die Endlose Armada hatte in vielen Menschen den Wunsch geweckt, es den Vätern der Raumfahrt gleichzutun und die unendlichen Weiten des Weltalls zu erforschen... Es gab nur keinen, der sich wünschte, es mit Daisy zu tun.
Es war spät geworden, und Daisy war zu müde, um noch mehr Informationen über die Endlose Armada aufzunehmen. Nur einmal hatte Krohn Meysenhart sie wachrütteln können, als er behauptete, daß jeden Augenblick mit der Übergabe der Kursdaten für die Endlose Armada zu rechnen sei. Aber das war wohl nur eine Ente, denn die Bestätigung des Gerüchts blieb aus.
Gerade als Daisy abschalten wollte, passierte es.
*
Das Panorama des Weltalls mit den endlos
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