1244 - Die Besucher
war etwas blass geworden.
»Es ist aber so.«
Als die beiden Frauen schwiegen, stellte ich die Frage. »Und was sind die Gründe? Warum will man dich nicht mehr hier im Ort haben? Du hast doch schon über Jahre hier gewohnt.«
»Das ist alles wahr«, stimmte sie mir zu. »Ich wohnte da auch mit meinem Mann und mit Kevin. Aber mein Gatte ist verschwunden. Er ging und kam nicht mehr zurück. Er wird wohl irgendwo auf einer Insel in der Südsee zu finden sein.«
»Er hat dich einfach im Stich gelassen?«
»So ist es, John.«
»Und warum hat er das getan? Ich meine, es geht doch niemand weg, ohne irgendeinen Grund zu haben.«
»Ist die Frage nicht zu intim, John?«
»Nein, Maxine«, stand Germaine mir zur Seite, »das ist sie nicht. Sie ist sogar sehr wichtig. Ich will es kurz machen. Ralph hat schon immer den Verdacht gehabt, dass Kevin nicht von ihm ist, und damit liegt er nicht mal so falsch.«
»Ach!«, wunderte sich Maxine.
»So etwas passiert in den besten Familien«, kommentierte ich und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
»Das ist alles richtig«, erklärte Germaine. »Aber bei mir ist es trotzdem anders gelaufen. Nun ja, ich bin«, sie wurde etwas verlegen und senkte den Kopf. »Man kann sagen, dass ich unfruchtbar bin. Genau, ich kann keine Kinder bekommen.«
»Und trotzdem gibt es Kevin?«
»Ja, Max.«
»Wieso?«
Die Antwort fiel Germaine schwer. Sie musste sich erst räuspern und dann nachdenken. »Es gibt Kevin. Ich kann ihn ja nicht wegbeamen. Ich habe ihn großgezogen…« Sie hob die Schultern, und ihre Stimme sackte plötzlich weg.
Es war kein guter Zeitpunkt, um weitere Fragen zu stellen, deshalb warteten wir ab.
Germaine Duc stand mit einer ruckartigen Bewegung auf und sagte: »Ich glaube, ich brauche jetzt einen Whisky. Das ist zwar nicht die richtige Zeit, um Alkohol zu trinken, aber jetzt wird er mit gut tun. Möchte einer von euch auch…«
Wir lehnten beide ab.
Germaine ging zum Schrank. Sie drehte uns den Rücken zu und konnte nicht sehen, welche Blicke wir uns zuwarfen. In Maxines Augen sah ich sogar einen ängstlichen Ausdruck.
Sie kehrte mit einem gut gefüllten Glas zurück und nahm wieder neben Maxine Platz. Zwei Schlucke trank sie, bevor sie sich entschieden hatte, etwas zu sagen.
»Noch mal, ich bin unfruchtbar und habe trotzdem ein Kind bekommen. Mein Mann hat es damals nicht so kapiert. Er hat sich sogar gefreut. Später jedoch dachte er nach und da konnte ich mit dem Geständnis nicht mehr länger hinter dem Berg halten.«
Maxine rutschte unruhig hin und her. »Kennt er denn den Vater?«
»Nein. Ich kenne ihn ja selbst nicht.«
»Wieso das?«
Germaine blickte ihre Freundin an. Ihre Augen zuckten, die Lippen ebenfalls und einen Moment später brach das Geständnis aus ihr hervor. »Kevins Vater ist nicht von dieser Welt. Er ist… er ist… ein Außerirdischer…«
***
Das also war es!
Keiner von uns bewegte sich. Niemand war in der Lage, auch nur ein Wort zu sagen. Wir kamen uns plötzlich vor, als säßen wir in einem luftverdünnten Raum und alles um uns herum war plötzlich anders geworden.
Maxine Wells hatte die linke Hand vor ihren Mund gelegt, als wollte sie mit Gewalt verhindern, dass ihr irgendein unbedachtes Wort entglitt. Auch ich sagte nichts und hatte das Gefühl, über dem Sessel zu schweben.
Es war plötzlich so still geworden. Ich hörte mein Herz überlaut schlagen, und den anderen beiden erging es bestimmt ebenso. Wir wirkten wie vor die Wand gelaufen und kamen erst allmählich dazu, unsere Gedanken zu sortieren.
Es stimmt also doch! Ich wollte Germaine nicht als Lügnerin oder Fantastin hinstellen, denn zu viel hatte ich bereits erlebt und wusste, dass die unmöglichsten Dinge zur Wahrheit werden konnten. Vorgänge, an die man im Traum nicht gedacht hatte.
Maxine gab keinen Kommentar ab. Sie war in ihre eigenen Gedanken versunken und reagierte auch nicht, als ich schließlich eine Frage stellte. »Du bist ganz sicher, dass dir das widerfahren ist, Germaine?«
»Ja, sonst hätte ich es nicht gesagt. Ich habe dieses Geheimnis lange für mich behalten. Und wer Kevin sieht, der käme nie auf den Gedanken, dass sein Vater…«, sie stockte, »… dass sein Vater ein Außerirdischer ist. Jemand, der nicht von dieser Welt stammt. Das ist alles so unbegreiflich und hört sich an wie aus einem Zukunftsroman, aber es ist die reine Wahrheit.«
»Ja«, sagte ich, »das glaube ich schon. Kannst du dich daran erinnern wie es damals gewesen
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