1244 - Die Besucher
»Ich will ihn auf keinen Fall verlieren. Bitte, das ist… und… ich wusste nicht, wie ich mir noch helfen sollte. Deshalb habe ich euch ja auch geholt. Ich brauche Hilfe. Ich habe mich an dich erinnert, Max. Ich habe dich immer bewundert, wie du deinen Weg gegangen bist. Jetzt brauche ich nicht nur deine Hilfe, sondern auch deinen Rat.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, erwiderte Maxine, schaute aber mich dabei an, weil sie erfahren wollte, wie es nun weitergehen sollte.
Einen Rat aus dem Handgelenk wusste ich ihr auch nicht zu geben. Deshalb sagte ich etwas schwammig: »Wir müssen abwarten.«
»Wie meinst du das?«
»Ich vermute, dass sie zurückkehren werden, um Kevin zu holen. Dann werden wir…«
»John!«, unterbrach sie mich. »Du willst dich doch wohl nicht gegen irgendwelche Außerirdische stellen wollen. Das schaffst du nie.- Das ist… das ist…«
»Hast du einen besseren Vorschlag?«, unterbrach ich sie.
»Das weiß ich nicht. Aber ich habe schon an Flucht gedacht. An das schnelle Verschwinden von hier.«
»Sie werden uns finden, wann immer sie wollen, wenn sie wirklich auf Kevin fixiert sind. Und das ist wohl der Fall, wenn ich es richtig sehe. Die Mutter ist nicht mehr interessant. Es geht ihnen jetzt einzig und allein um Kevin.«
Maxine senkte den Blick. »Ja, das kann ich mir auch vorstellen. Aber ich frage mich, weshalb sie ihn immer wieder zurückbringen? Was haben sie in der Zwischenzeit mit ihm gemacht?«
»Das kann ich dir auch nicht sagen. Sie werden ihn getestet haben. Was immer man sich darunter vorzustellen hat.«
»Mein Gott.« Maxine schüttelte sich. »Du sprichst, als hättest du das schon alles selbst erlebt.«
»Nicht so. Mein Fall oder meine Begegnung mit den Außerirdischen lief damals anders. Es ging dann hinein in die Magie. Aber dass Menschen zu Skeletten wurden, wenn sie in das Licht hineingerieten, das habe ich schon in den Staaten mitbekommen. Es ist eine vertrackte Sache, das gebe ich zu.«
»Und ich frage mich, wie wir Germaine helfen können.«
Die Antwort rann mir glatt über die Zunge. »Zunächst mal, indem wir bei ihr sind. Das ist wichtig. Alles andere kannst du erst mal zurückstellen.«
»Wir müssen also warten.«
»Ja. Und es wäre auch wichtig, wenn wir Kevin kennen lernen würden. Möglicherweise kann er uns weiterhelfen. Es ist keine hundertprozentige Chance, aber immerhin ein Weg.«
»Ja, das wäre nicht schlecht.«
Es stand uns nicht zu, Kevin zu suchen. Es war ein fremdes Haus. Also musste uns Germaine helfen, die allerdings nichts sagte und stumm vor sich hinschaute.
Das Glas hatte sie nicht geleert. Es befand sich noch mehr als ein Drittel der goldbraunen Flüssigkeit darin. Sie bewegte ihre Lippen, sprach aber mehr mit sich selbst, und erst als ihr Maxine einen Arm um die Schulter legte, kam sie wieder zu sich.
»Es wird schon alles gut werden«, sagte die Tierärztin und lächelte sie an. »Aber wir müssen auch einiges dafür tun, Germaine.«
»Was denn?«
»Es könnte wichtig sein, wenn wir einige Sätze mit deinem Sohn wechseln.«
Sie zuckte leicht zusammen. »Mit Kevin?«
»Ja, mit wem sonst?«
»Das ist nicht möglich.«
»Warum nicht? Was spricht dagegen?«
»Das will ich dir sagen: Er… er… wird nichts sagen. Er wird sich zurückhalten. Er möchte nicht darüber reden.«
»Das weißt du genau?«
»Ja, denn ich habe es ein paar Mal versucht. Er ist dann verstockt. Liegt in seinem Bett und… und… schweigt. Ja, er schweigt, auch wenn ich ihn etwas frage.«
Ich mischte mich ein und sagte mit leiser Stimme: »Aber Kevin ist die Hauptperson in diesem Fall, Germaine. Vielleicht eröffnet sich durch seine Aussagen eine Lösung. Das kann man alles nie wissen, aber wir müssen es versuchen.«
Germaine schwieg.
»Wo ist Kevin jetzt?«, fragte Max.
»In seinem Zimmer.«
»Dann hol ihn bitte.«
»Nein«, sagte ich, »das wird wohl nicht nötig sein.« Ich hatte gesehen, dass die Tür zum Wohnzimmer ganz aufgestoßen wurde. Bevor sie den Gummistopper erreichte, erschien die Gestalt eines Jungen im Schlafanzug auf der Schwelle.
Es war Kevin Duc!
***
Wir sahen den Jungen zum ersten Mal.
Bisher hatten wir uns keine Gedanken über sein Aussehen gemacht, weil seine Mutter in ihren Erzählungen von einem ganz normalen Jungen ausgegangen war, aber ich suchte unbewusst nach irgendwelchen Hinweisen, die diese Entfü hrungen bei ihm hinterlassen haben konnten.
Ich fand keine. Kevin sah aus wie jeder andere Junge in
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