125 - Im Netz der Todesspinnen
hatte sich um nichts gebessert, als er wieder ins Wohnzimmer trat. Es roch noch immer grauenvoll. Er schnappte sich eine Dose Raumspray und versprühte die Hälfte des Inhalts in der Wohnung. Doch auch das half nichts.
Hier halte ich es heute nicht mehr aus, dachte er, ging ins Schlafzimmer und kleidete sich an. Fünf Minuten später verließ er seine Wohnung. Es nieselte leicht, als er an der St. Paul's Cathedral vorbeiging. Er stellte den Kragen seiner Jacke auf und steckte sich eine Zigarette an. Innerhalb weniger Minuten beschlugen seine Gläser.
Ich muß unter Menschen sein, dachte er, sonst werde ich noch tatsächlich verrückt.
Sekunden später stieg er die Stufen hinunter, die zu einem kleinen Pub namens „The Dragon" führten. Das Lokal wurde hauptsächlich von jungen Leuten frequentiert, von denen er die meisten flüchtig kannte.
Eine Rauchwolke schlug ihm entgegen, als er die Tür öffnete. Er nahm seine Brille ab, die sich stärker beschlagen hatte, und putzte sie.
Die Lüftung im Lokal war miserabel. Zu dem Rauch gesellte sich der Gestank von heißem Öl, angebrannten Bohnen und Tomaten. Doch an diesen Gestank war Gene gewöhnt.
Zielstrebig steuerte er auf die Bar zu, begrüßte ein paar Bekannte und lehnte sich an die Theke. „Einen doppelten Whisky, Ted!" rief er dem hohlwangigen Barkeeper zu, der ein weißes Schürzehen trug, das ihm ein lächerliches Aussehen verlieh.
Ted grinste, griff nach einer Flasche und schenkte ein.
Gene kippte den Whisky mit einem Zug hinunter. Er hustete gequält, als die scharfe Flüssigkeit seine Kehle hinunterrann. Schmeckt scheußlich, dachte er. Normalerweise trank er nur Bier, aber heute wollte er möglichst rasch betrunken sein; und dazu schien ihm Whisky wesentlich besser geeignet zu sein als Bier.
„Noch einen, Ted!" sagte er mit erstickter Stimme.
Ted, der die Trinkgewohnheiten seiner Stammgäste kannte, hob verwundert die Brauen. Ohne eine Bemerkung zu machen, schenkte er nach. Und wieder stürzte Gene die scheußlich schmeckende Flüssigkeit hinunter. Bin verdammt neugierig, wann das Zeug wirkt, dachte er. Er vermied es, an die unerklärlichen Ereignisse der vergangenen Stunden zu denken.
„Hallo, altes Haus!" begrüßte ihn Hal Evart. „Seit wann trinkst du Whisky? Der ist doch in dieser miesen Bude unverschämt teuer. Hast wohl bei den Pferdchen gewonnen, was?"
Das Zeug wirkt aber verdammt rasch, dachte Gene, dem es wohlig warm geworden war. Er blickte Hal prüfend an. Das Gesicht seines Freundes schien ihm so ganz anders zu sein, als er es in Erinnerung hatte. Irgend etwas störte ihn daran.
„Ich wette nie", sagte Gene langsam.
„Das ist ein Fehler", sagte Hal grinsend.
Gene klopfte an sein Glas, und der Barkeeper schenkte nach.
„Trink doch nicht so hastig, Gene! Hast du Kummer?"
Gene antwortete nicht. Er trank das Glas leer. Jetzt spürte er schon deutlich die Wirkung des Alkohols. Seine Bewegungen wurden unsicher, und seine Zunge war schwer. So harte Getränke war er nicht gewohnt.
„Kummer", brummte Gene und hockte sich auf einen Barhocker. „Ich habe so viel Kummer, daß ich gar nicht weiß, wo ich zu erzählen beginnen soll."
„Mit Vicki?" erkundigte sich Hal, der schon lange ein Auge auf Genes Freundin geworfen hatte.
Er hatte nie verstanden, was Vicki an Gene finden konnte.
Gene winkte lässig ab.
„Ich habe sie zum Teufel geschickt", sagte er grinsend. „Sie ist nichts für mich. Eine dumme Gans - ja, das ist sie. Eine ganz dumme Gans, die…" Er lallte etwas Unverständliches vor sich hin. „Ich bin froh, daß ich sie los bin."
„Ihr habt auch nicht zueinander gepaßt", meinte Hal, der zufrieden grinste. „Ich habe etwas vor. Bis später, Gene!"
Hal zahlte und verließ das Pub. Er war der Ansicht, daß man ein Eisen schmieden mußte, solange es heiß war; und seine Spezialität waren verlassene Mädchen. Bei denen hatte er immer Glück. „Scheißkerl!" knurrte Gene.
Er ahnte, daß Hal sofort Vicki anrufen würde. Na, wenn schon. Sollte er es doch ruhig tun.
Gene versank in düsteres Brüten. Innerhalb weniger Minuten war er zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Als er noch einen Whisky bestellen wollte, weigerte sich Ted, ihm einen zu geben.
„Für dich ist es besser, wenn du nach Hause gehst, Gene", sagte er.
Ted hörte nicht auf Genes lautstarke Proteste. Schließlich zahlte Gene, rutschte vom Hocker, fiel beinahe um, klammerte sich an der Theke fest und blieb dort schwer atmend stehen.
„Mist!
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