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1257 - Gezeichnet durch den Höllenfluch

1257 - Gezeichnet durch den Höllenfluch

Titel: 1257 - Gezeichnet durch den Höllenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Es ist nicht meine Mutter. Es ist nicht meine richtige Mutter. Hast du das gehört? Ich habe eine andere…«
    »Und welche?«
    »Das geht dich einen Scheiß an!«, brüllte er.
    Ich ließ mich von seinem aggressiven Verhalten nicht aus der Ruhe bringen. Es konnte nicht die Normalität bei ihm sein, dann hätte Francis Gallo uns etwas gesagt. Diese Reaktionen waren erst in der letzten Zeit erfolgt, in einer Spanne, in der er auch den Kontakt zu seiner wahren Mutter aufgebaut oder zumindest von ihr erfahren hatte.
    Nach seiner letzten Antwort hatte er nichts mehr gesagt, und ich nickte Ricky zu, bevor ich ihn fragte: »Hast du dich wieder beruhigt?«
    »Hau ab!«
    »Gehört dir der See?«
    »Ich will dich nicht sehen.«
    »Aber deine Mutter willst du sehen oder?«
    »Ja, ja, ja…«
    »Hier?«
    Ricky wusste nicht, was er erwidern sollte. Er trat trotzig mit dem Fuß auf. An Flucht dachte er bestimmt nicht, denn ich stand zu nahe und würde ihn immer zu fassen kriegen. Jedenfalls hatte ihn mein Erscheinen in die Enge gedrängt, und jetzt hatte er das Problem, aus dieser Falle wieder herauszukommen.
    »Ich denke, es wäre besser, wenn wir vernünftig miteinander reden. Wir können auch hier am See bleiben, das ist mir egal. Und wenn du deine Mutter nicht mehr als deine Mutter ansehen willst, nun ja, daran kann ich auch nichts ändern, aber dann sollten wir über die Person reden, die du als Mutter akzeptierst.«
    »Nicht mit dir!«
    »Kann ich mir auch denken, aber du solltest mit trotzdem zuhören. Vielleicht kann ich dir etwas über deine Mutter sagen.«
    »Nein!«
    »Es gibt sie nicht mehr!«
    Mit dieser Bemerkung hatte ich bei ihm eine Lawine ausgelöst. Er zitterte, er trampelte, er schrie, und er schüttelte zudem noch wild den Kopf.
    »Doch, doch! Es gibt sie. Ja, verflucht, es gibt sie noch. Sie ist nicht tot! Das weiß ich!«
    »Sie ging ins Wasser, nicht wahr? Genau an dieser Stelle ist das passiert. Und deshalb bist du hier.«
    Bei der letzten Antwort hatte er sich verschluckt. Jetzt musste er husten. »Sie lebt!«, schrie er mich an.
    »Meine Mutter lebt, das weiß ich!«
    »Woher denn?«
    »Sie hat es mir gesagt. Sie ist immer bei mir gewesen, und sie wird mich holen!«
    »Wohin denn?«
    »Zu sich!«
    »In das Reich der Toten?« Ich hatte bewusst so hart gefragt, um den Jungen zu schocken. Das konnte er schon vertragen. Er wich auch nicht vor mir zurück, sondern verzog sein Gesicht derartig stark zu einem Grinsen, dass sich eine Grimasse bildete.
    »Hast du gehört?«
    »Sie ist da!«, schrie er mich an. »Sie ist da. Ich höre sie. Meine Mutter kann mit mir reden. Sie hat mich nicht vergessen, und sie hat mir einen Auftrag gegeben.«
    »Welchen?«
    Er spie vor mir aus und traf sogar meinen rechten Fuß. »Hau ab, verdammt! Hau endlich ab!«
    »Und was wirst du tun?«
    »Ich will allein sein!«
    »Mit deiner Mutter?«
    »Ja, ja!«
    »Kannst du sie denn sehen?«
    Er drehte den Kopf, schaute über den See hinweg, aber dort auf dem Wasser malte sich nichts ab.
    Nicht das Gesicht, von dem der Pfarrer berichtet hatte.
    Vielleicht war ich zu früh gekommen und hätte noch warten sollen, aber wer konnte das vorher wissen?
    »Wenn du mit deiner Mutter sprechen kannst, finde ich das toll, Ricky, aber was sagt sie dir denn?«
    »Das geht dich einen Scheiß an!«
    »Bitte, ich habe dich freundlich gefragt und erwarte auch eine normale Antwort.«
    »Es ist aber so!«
    »Was sagt sie zu dir? Gibt sie dir Ratschläge? Sollst du etwas tun? Hat sie dich mit einer neuen Kraft gefüllt? Will sie dafür sorgen, dass du besser bist als andere?«
    »Rache!«, fuhr er mich an. »Sie will Rache. Ich bin ihr Rächer.« Plötzlich lachte er auf, und es hörte sich an, als hätte ein Erwachsener gelacht. »Ich werde sie rächen. Ich werde sie rächen!«, schrie er wieder und drehte sich auf dem Absatz herum.
    Dann rannte er weg!
    Okay, ich hätte hinter ihm herlaufen und ihn auch einholen können, aber ich blieb zurück. Der Junge lief mir nicht weg. Ich würde ihn noch einmal sehen, das stand für mich fest.
    Ich warf einen letzten Blick über das Wasser, bevor auch ich mich wieder auf den Weg machte. Nachdem ich den Schutz der Bäume verlassen hatte und wieder freie Sicht bekam, sah ich Ricky rennen.
    Er hatte den Weg zum Ort eingeschlagen. Auch wenn ich mit dem Rover hinter ihm herfuhr, würde ich ihn kaum einholen.
    Das wollte ich auch nicht. Wir würden uns wiedertreffen. Daran gab es keinen Zweifel. Außerdem musste ich

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