1269 - Ein Auftrag für die SOL
pflanzliches Leben, dachte ich wieder, diesmal zusammenhanglos, nur Pflanzen, wie kann es das geben?
Weiter vorn kam der Wald ins Bild, von dem aus wir während der Landaktion aufgebrochen waren - und dahinter wölbte sich die riesige Nebelkuppel in den Himmel, wie der Buckel eines zum Sprung geduckten Ungeheuers, weißgrau.
Die Sonden verzögerten. Auf einem Monitor kontrollierte ich die Daten, die sie sendeten, von SENECA empfangen und zu verständlichen Symbolen aufbereitet.
„Nichts Neues", kommentierte Surfo, der aufgestanden war und mir über die Schulter sah. „Wenn es nach den Messungen geht, existiert der Nebel nicht."
Wir alle wußten es inzwischen und hatten uns an den Gedanken gewöhnt, so absurd er auch sein mochte. Nur das menschliche Auge und die normaloptischen Kameras nahmen den Nebel wahr. Meß- und Analysetechnik dagegen versagte schon bei dem Versuch, das Phänomen überhaupt nachzuweisen.
In der Zentrale wurde es still, als sich die erste Sonde wieder in Bewegung setzte und langsam auf den Nebel zurückte. SENECA bestimmte die Navigation des kleinen Geräts per Fernsteuerung, und er ging äußerst behutsam dabei vor. In jeder Sekunde wurden Unmengen von Daten übermittelt, die Ergebnisse aller verfügbaren Beobachtungsverfahren, ständig von der Biopositronik geprüft und blitzschnell ausgewertet. Die Symbole auf dem Monitor änderten sich jedoch nicht, es gab keine neuen Erkenntnisse.
Die Spannung wurde fühlbar, die Blicke der Zentralebesatzung saugten sich förmlich an dem Bild fest, das uns von dem Planeten übermittelt wurde. Mittlerweile stand die Sonne sehr tief in dieser Gegend, dennoch herrschte weiterhin eine enorme Hitze. Das grelle Licht, das noch vor ein paar Stunden die Szene beherrscht hatte, war einem satten Goldgelb gewichen, das kraftvoll über das Land fiel. Boden und Luft wirkten wie von transparentem Goldstaub durchwoben. Der Nebel darin wie ein Fremdkörper, monotones Weißgrau, konturlos.
Dann erreichte ihn die Sonde, berührte ihn, wie ich ihn berührt hatte, und wurde erfaßt von weißgrauer Kälte. Ich fuhr zusammen, als der Blitz durch das Bild zuckte. Die Sonde zerbarst, und ein Staubschleier winzigster Trümmer regnete hernieder.
Surfo gab einen ächzenden Laut von sich. Mit einer Vernichtung des kleinen Fluggeräts hatte auch er nicht gerechnet.
„Das gibt's doch nicht", flüsterte er, den Blick starr auf den Schirm gerichtet.
Ich dachte daran, daß ich selbst dort unten gewesen war und versucht hatte, den Nebel zu durchdringen. Nachträglich packte mich das Grauen. Die Sonde war zerstört, ich dagegen hatte „nur" das Bewußtsein verloren. Verdankte ich mein Leben einem aberwitzigen Zufall oder einem sensiblen Mechanismus, der zwischen Mensch und Maschine zu unterscheiden verstand? Welche Kräfte verbargen sich in dieser weißgrauen Barriere, welches Geheimnis hütete sie?
Ich konzentrierte mich wieder auf das Bild, das uns nach oben gesendet wurde. Eine weitere Sonde schwebte auf den Nebel zu, langsam, als könnte sie dadurch der Vernichtung entgehen.
Doch sie erlitt das gleiche Schicksal, sie zerstob in einem kurzen, grellen Blitz, und ihre Splitter regneten herab wie kleine glitzernde Eiskristalle.
„Kälteexplosion", murmelte ich verstört.
Im gleichen Augenblick meldete sich SENECA: „Ich rate dringend, das Experiment abzubrechen. Es besteht keine Aussicht auf Erfolg. Wir würden alle Sonden verlieren."
Ich nickte mechanisch, enttäuscht über das klägliche Scheitern.
„Einverstanden. Wir beenden den Versuch. Eine Beobachtungssonde bleibt unten, damit wir weiterhin aus der Nähe das Phänomen sehen können. Die anderen werden zur SOL zurückgerufen."
Die Biopositronik bestätigte, während ich nicht wußte, was ich noch tun sollte. Offenbar gab es kein Durchkommen gegen den Eisnebel. Etwas verbarg sich dahinter, das schien mir mittlerweile klar, jemand oder etwas, hilfesuchend, in einem weißgrauen Gefängnis.
Ein weiterer Hinweis von SENECA: „Ich habe festgestellt, daß auf dem Planeten ein kybernetisches System arbeitet. Der ermittelte Standort ist mit dem Nebelfeld identisch."
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich endlich begriff, was die Biopositronik damit andeutete. Surfo hieb mir auf die Schulter und rief: „Das ist doch was!" Dann saß ich bolzengerade und verfolgte geistesabwesend den Weg der Sonden zurück zur SOL. Ein kybernetisches System, von SENECA angepeilt: bedeutete dies ein blasses Licht im rätselhaften
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