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1276 - Kodexfieber

Titel: 1276 - Kodexfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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mein Leben verliere."
    Sie wußte tatsächlich nicht, wie die Kodexmoleküle auf sie wirken würden, wenn sie ihnen ungeschützt preisgegeben war.
    „Danke für die Standpauke. Aber ich bin dir einen Gefallen schuldig, aus rein menschlicher Sicht", gab die ÄSKULAP zur Antwort. „Viel Glück!"
    Das Schiff hob die Isolation des Mitteldecks auf und ließ die Metabio-Gruppiererin hinein. Irmina eilte in das Labor. Sie beugte sich zuerst über Mirandola Cainz. Die Lippen der Hanse-Spezialistin zuckten, und ihr Atem ging stoßweise.
    „Ruhig, ganz ruhig", sagte Irmina. „Ich helfe euch. Ihr werdet nicht sterben!"
    Mirandola Cainz riß plötzlich die Augen auf. Sie starrte die Metabio-Gruppiererin an.
    Irmina wurde unsicher. Die Augen besaßen einen Ausdruck, der ihr nicht gefiel. Täuschte sie sich, oder lag etwas wie Spott in ihnen?
    Sie wandte sich an den Virencomputer und ließ sich die Dichte der Kodexmoleküle in der Atemluft geben. Diese nahm noch immer zu, die Filteranlagen schafften es nicht. Es konnte höchstens eine halbe Stunde dauern, bis die Filter erneut ausgetauscht werden mußten.
    Ich kopple die ÄSKULAP ab, überlegte Irmina Kotschistowa. Es ist die einzige Sicherheit, die mir noch bleibt. Sie wandte sich um und blickte in die Mündung eines Strahlers. Augenblicklich aktivierte sich der Schutzschirm ihres SERUNS, aber Doran Meinster, der mit grimmigem Gesichtsausdruck vor ihr stand, gab Colophon Bytargeau einen Wink. Dieser hielt ein Kästchen in der Hand, und auf Knopfdruck meldete der SERUN Energieabfall. Der Schutzschirm erlosch.
    „Aber doch nicht mit uns!" sagte Agid Vendor. Alle vier waren auf den Beinen. „Du hast uns unterschätzt. Und auf Verrat steht der Tod. So will es Ijarkor, der Ewige Krieger!"
    Woher wissen sie von Ijarkor? durchzuckte es Irmina. Sie lagen doch im Koma. Erinnern sie sich etwa an das, was auf der EXPLORER gesprochen wurde, bevor wir die Reise nach Siom Som antraten? Oder hat Volcayr sie eingeweiht?
    „Schiff, halte das Mitteldeck weiter unter Isolation", sage sie. „Laß die vier nicht hinaus!"
    „Keine Energie mehr für die Schirme, Irmina", erwiderte die ÄSKULAP. „Sie wird neutralisiert. Solche Geräte besitzen nur Privilegierte. Und als Hanse-Spezialisten sind die vier privilegiert."
    Ein Singen klang auf. Ein Strahl schoß auf die Metabio-Gruppiererin zu. Sie wurde davon erfaßt und stürzte schwer zu Boden.
    Lähmenergie! erkannte sie im nächsten Augenblick. Sie wollen dich nicht töten, obwohl du in ihren Augen eine Verräterin bist. Herr im Himmel!
    Sie begriff endgültig, was vor sich ging. Die vier Terraner fühlten sich als Diener eines Ewigen Kriegers. Sie gehorchten dem Kodex.
    „Idiot!" rief Mirandola Cainz aus. „Warum hast du sie nicht getötet? Sie hat uns verraten!"
    „Nicht bewußt", sagte Meinster. „Sie kennt den Kodex nicht. Und gegenüber Wehrlosen wäre es schändlich, Gewalt anzuwenden. Los, verschwinden wir. Die EXPLORER und der ganze Verband warten auf uns!"
    Sie eilten zum Ausgang und verschwanden. Irmina stöhnte lautlos. Sie konnte sich nicht bewegen und nicht sprechen.
    Vi! flehte sie. Du hattest recht. Es war ein Fehler. Jetzt sind sie frei. Tu etwas.
    Verhindere, daß sie die ÄSKULAP verlassen!
    Das Schiff hörte sie nicht und gab ihr auch keine Antwort. Und Irmina Kotschistowa sah ein, daß den vier Spezialisten der Kosmischen Hanse die Flucht in jedem Fall gelungen wäre.
     
    *
     
    „Wo bist du?"
    Er eilte die Mauer entlang, und die Mauer hüllte sich in Schweigen. Jedes Mal, wenn er eine der spitzen Zinnen passierte, stieß er den Ruf aus.
    „Wo bist du?"
    Seine Gedanken wurden nur noch von dieser Frage beherrscht. Kido dachte an nichts anderes mehr, und er verlor den Bezug zu seiner Umgebung und zu seinem eigenen Ich.
    „Wen rufst du?" fragten plötzlich die Gedanken seines fiktiven Memopartners. „Wen meinst du damit?"
    Kido blieb abrupt stehen. Er wirkte wie eine Aufziehpuppe, deren Feder abgelaufen war.
    Seine Arme hingen schlaff am Körper herab, und der Kopf war gesenkt. Die Füße rutschten langsam auseinander, um dem Körper einen besseren Stand zu geben.
    „Ich weiß es nicht", dachte Kido. „Es ist mir schleierhaft!"
    Er begann, sich an die alten Gedanken zu erinnern, und er suchte nach der Antwort auf seine Frage. Nein, er wußte sie nicht, es hatte auch keinen Sinn, sie zu suchen. Er war ein Wesen ohne Vergangenheit.
    Und wieder rief er: „Wo bist du?"
    Hastig setzte er seinen Weg über die Mauer

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