1276 - Spielplatz der Hölle
drehte sie den Kopf.
Ich hatte den Eindruck, dass sie uns ziemlich überrascht anschaute, und sprach sie aus einem Gefühl heraus an.
»Wenn Sie in die Tierhandlung hineinwollen, so ist das nicht möglich«, sagte ich. »Wir kommen soeben vom Eingang. Heute hat der Laden leider geschlossen.«
»Geschlossen?«, murmelte sie und schüttelte den Kopf. Sie hätte jetzt eigentlich verschwinden können, doch sie blieb stehen und sowohl ihr Gesicht als auch ihre Haltung erhielten einen nachdenklichen Ausdruck, was mich wiederum dazu veranlasste, stehen zu bleiben.
»Hat Sie das so überrascht?«
»Eigentlich schon.«
»Warum?«
»Tja…« Sie zuckte mit den Schultern. »Das kann ich auch nicht genau sagen. Im Übrigen wollte ich hier nichts kaufen. Ich bin einfach nur gekommen, um mir die Tierhandlung mal anzuschauen. Das ist alles gewesen.«
»Ist sie denn so interessant?«
Prüfende Augen schauten mich an. »Für manche Menschen schon. Sie sind ja auch gekommen. Wollten Sie denn ein Tier kaufen?«
»Das hatten wir nicht vor.«
»Ich auch nicht.«
»Kennen Sie den Besitzer?«, wechselte ich das Thema.
Die Frau sagte zunächst nichts. Aber ihr Gesicht nahm einen immer nachdenklicheren Ausdruck an, und ich kam mir vor, als würde sich unser Gespräch um den heißen Brei herumdrehen.
»Ist dieser Kelo Ihnen denn bekannt?« fragte sie mich.
»Leider nein.«
»Und trotzdem wollen Sie ihn besuchen. Ich entnehme Ihrer Aussprache, dass Sie Ausländer sind. Vielleicht leben Sie ja hier in Frankfurt und suchen…«
»Bitte«, sagte ich lächelnd, »bevor Sie auf irgendwelche Gedanken kommen, die nicht stimmen, möchte ich mich kurz vorstellen. Mein Name ist John Sinclair, und das ist mein Freund und Kollege Suko.«
»Ah. Sie sind auch Kollegen.«
»Sehr richtig.«
Wieder schaute sie uns prüfend an. Wir schienen in ihren Augen Gnade gefunden zu haben, denn auch sie stellte sich vor, und sie lächelte dabei. »Mein Name ist Gerda Koch.«
Ich stand für einen Moment so unbeweglich, dass es ihr auffiel, und sie so hell lachte wie ein junges Mädchen. »Haben Sie etwas gegen meinen Namen? Hat er Sie erschreckt?«
»Nein, das nicht.«
»Aber was war es dann?«, fragte sie lachend.
Die nächste Frage überraschte sie. »Sind Sie zufällig mit einem Mann namens Günther Koch liiert?«
Sie trat einen Schritt zurück. Der entspannte Ausdruck verschwand aus ihrem Gesicht. »Ja, das ist mein Mann.« Ein tiefer Atemzug. »Aber… aber… woher wissen Sie das?«
»Darüber sollten wir uns unterhalten, Frau Koch. Aber nicht hier, sondern in dem kleinen Café gegenüber…«
***
Ein kleiner Raum mit blanken, runden Tischen und Hockern ohne Rückenlehnen davor. Auf einem winzigen Tresen stand wie ein Ding aus einem SF-Film eine moderne Kaffeemaschine, die verschiedene Getränke ausspuckte und dabei zischte und dampfte. Dahinter standen schmale Regale bis zur Decke.
Sie waren mit Tassen, Kaffee und verschiedenen Gebäcksorten gefüllt. Ein älterer Mann und seine Ehefrau kümmerten sich um den Laden. Während die Frau bediente, leerte der Mann eine Spülmaschine. Um diese Zeit waren wir die einzigen Gäste.
Die Frau brachte uns den Kaffee und zog sich lächelnd wieder zurück. So hatten wir unsere Ruhe.
Auf dem Weg zum Lokal hatten wir schon einiges erfahren und wussten jetzt, dass Dagmar Hansen und Harry Stahl dem Ehepaar einen Besuch abgestattet hatte.
»Es war nicht einfach für uns«, sagte sie, »vor allen Dingen nicht für meinen Mann, der dieses schreckliche Monster gesehen hatte. Wären ihre Freunde nicht gewesen, dann wäre er jetzt nicht mehr am Leben. Davon bin ich überzeugt.« Sie rührte die Milch um. »Irgendwie fühlte ich mich deswegen auch verpflichtet, nachzuforschen. Frau Hansen ist nicht mehr zu uns zurückgekehrt, ebenso wenig wie ihr Freund und Kollege. Ich muss einfach davon ausgehen, dass sie sich übernommen haben.«
»Sie haben von diesem Kelo zuvor noch nie etwas gehört?«
»Nein. Auch nicht mein Mann. Er hat ihn nur in der Leichenhalle gesehen, wo er sich an einem Toten zu schaffen gemacht hat. An seinem Kopf, wohlgemerkt.«
»Ja, davon müssen wir leider ausgehen. Wir hatten in London ungefähr das gleiche Problem.«
Frau Koch setzte ihre Kaffeetasse ab. »Ich rechne noch immer damit, dass sich mein Mann und ich in großer Gefahr befinden. Er hat es nicht geschafft, uns als Zeugen auszuschalten und muss damit rechnen, dass wir ihm die Polizei auf den Hals hetzen. Das ist ja
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