1292 - Die Blutbrücke
drei Freundinnen hatte er gehabt, doch die Beziehungen hatten nie richtig gehalten. Heiko wollte auch nicht darüber nachdenken, an wem das gelegen hatte. Es war aus und vorbei. Er fühlte sich wohl, was sein privates und sein berufliches Leben anging.
Zur Wohnung gehörte kein Flur. Wer sie betrat, der stand sofort im Zimmer. An einer Wand hing das Brett mit den Haken, an dem seine Klamotten hingen. Den Rest hatte er in einem schmalen Schrank im Schlafzimmer verstaut.
Heiko entschied sich dafür, eine schwarze Lederjacke zu tragen. Dazu die grauen Jeans und das helle T-Shirt mit dem Aufdruck »Heul doch«. Er hatte es mal in einem Laden erworben, der für diese originellen Klamotten bekannt war und gerade zu dieser Zeit viele Kostüme verkaufte, die man an Halloween tragen konnte.
Auf seinen Kopf setzte er die dunkle Kappe mit dem breiten Schirm und schauderte leicht zusammen, als er Halloween und die Blutbrücke in einen Zusammenhang brachte.
Das Fest war der reine Spaß. So etwas wie Fasching im Herbst. Über die Blutbrücke dachte er nicht so. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass mehr dahinter steckte. Allein der Name erzeugte bei ihm schon einen Schauder.
Irgendwo ärgerte er sich, dass er noch nichts davon gehört hatte, obwohl er schon lange in der Stadt lebte. Doch für die Geschichte von Baden-Baden und deren Legenden oder Sagen hatte er sich nie interessiert. Dazu gehörte die Blutbrücke sicherlich.
Im breiten Treppenhaus kam ihm eine Nachbarin entgegen, die über 60 war, dazu Witwe und allein lebte. Sie schleppte einen Wäschekorb hoch und wohnte auf seiner Etage.
Als die Frau ihn sah, blieb sie stehen. Wie immer hatte sie irgendwas zu meckern. Diesmal ging es um das Fahrrad, das Heiko unten im Flur abgestellt hatte.
»Hören Sie mal, junger Mann. Wie oft habe ich Ihnen gesagt, dass das Rad in den Keller gehört und nicht in den Flur. Ich wäre beinahe darüber gestolpert.«
»Keine Sorge, Frau Bäsle, es kommt gleich weg.«
»Das hoffe ich auch. Und wenn Sie wieder zurück sind, stellen Sie es in den Keller.«
»Mach ich doch glatt.«
»Aber wirklich.«
Sie ging weiter, und er grinste hinter ihr her. Wenn diese Tante nichts zu nörgeln hatte, war sie nicht gesund, aber daran hatte er sich mittlerweile gewöhnt.
Sein Rad stand nicht im Weg, sondern lehnte neben der Tür an der Wand. Auf ein Auto verzichtete Heiko. Die Wege innerhalb der Stadt konnte er mit dem Rad schnell und umweltschonend zurücklegen. Er grinste, als er daran dachte, dass er beim Treffen mit der Nachbarin gut hätte auf sein T-Shirt deuten können, um zu zeigen, was er von ihr hielt. Andere hätten es sicherlich getan, doch er war ein Mensch, der dem Stress so gut wie möglich aus dem Weg ging.
Als er sein Rad nach draußen schob, wirbelten ihm schon die ersten Blätter entgegen. Sie leuchteten in zahlreichen Farben. Der Herbst war wirklich ein perfekter Maler der Natur, das bekam er jetzt wieder zu sehen. Er freute sich, dass es die alten Laubbäume noch gab, und machte sich auf den Weg zur Blutbrücke.
Sie lag außerhalb von Baden-Baden. Er musste in Richtung Westen fahren. Es war keine besonders gute Gegend, denn in unmittelbarer Nähe lag ein Gewerbegebiet. Früher hatte es dort auf dem Gelände einen Flughafen gegeben, aber der war längst stillgelegt worden. Auch der Bahnhof befand sich in der Nähe, und die Straße, die über die Blutbrücke führte, war früher mehr befahren gewesen. Irgendwann war man auf die Idee gekommen, die alte B 3 neu zu bauen, und so hatte sich die alte von dem starken Verkehr erholen können.
Eine Brücke führt immer über etwas hinweg. In diesem Fall war es der Oosbach-Kanal, denn der Fluss Oos teilte sich vor der Brücke. Man hatte einen Kanal angelegt, um das Wasser besser zu lenken. Bei Bedarf konnte er auch trockengelegt werden.
Heiko Fischer radelte über die Sinzheimer Landstraße. Er ließ sich Zeit, und er spürte, wie ihm der Wind immer wieder ins Gesicht schlug. Mittlerweile wurde ihm bewusst, dass er schon öfter in dieser Gegend gewesen war. Er hatte nur nie richtig darüber nachgedacht, und er glaubte sich daran zu erinnern, sogar den Namen Blutbrücke irgendwo am Geländer gelesen zu haben.
Als er die Ooser Bahnhofstraße passiert hatte, geriet sie bereits in sein Blickfeld. Zwei Gitter rahmten sie ein. Ein Lieferwagen überholte ihn und nahm ihm für einen Moment die Sicht. Er trat härter in die Pedale und brauchte nur noch wenige Meter zu fahren, um den Beginn
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