1300 - Die Templerin
einiger Zeit schaffte Alfa es, sich wieder zu bewegen.
Da schlug sie ein hastiges Kreuzzeichen und flüsterte: »Ja, du bist ein Teil der Hölle. In dir steckt der Satan. Anders kann ich es nicht sagen. Es ist einfach zu grauenvoll. Und wir haben diese Schlange in unsere Gemeinschaft aufgenommen. Ich hoffe, dass uns der Himmel verzeihen wird.«
Konstanza kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Sie musste es loswerden. Es schrillte durch den kleinen Raum mit der Betbank und dem dunklen Kreuz an der Wand. Auch die Lachende bewegte sich auf dem Boden. Das Klirren der Kettenglieder war deutlich zu hören. Es schien ihr Spaß zu bereiten, die Oberin so in Bedrängnis zu bringen.
Alfa wusste nicht, was sie noch tun sollte. Sie drehte sich weg, schaute zum Kreuz hin und suchte dort Trost.
Nein, sie fand ihn nicht. Die andere Seite war einfach zu stark, denn in dieser Frau steckte wirklich ein Teil der Hölle. Es wurde Zeit, dass man sie verbrannte.
Auf dem Klosterhof waren bereits die ersten Vorbereitungen getroffen worden. Die Ketzerin sollte so schnell wie möglich in den Tod geschickt werden, und jeder Zuschauer, der dabei war, sollte sich freuen, wenn ihr Körper verging.
Konstanza hatte aufgehört zu lachen. Es war wieder stiller geworden, und Alfa drehte sich langsam um. »Ich hatte sogar noch für deine Seele beten wollen«, flüsterte sie, »aber das werde ich jetzt nicht tun. Nicht für eine wie dich. Ich wünsche dir alle Qualen der Hölle an den Hals.«
»Ja, ich freue mich darauf!«
»Auf den Tod?«
»Ich werde nicht sterben!«, schrie Konstanza Alfa an. »Nicht so, wie ihr es euch vorgestellt habt. Ihr könnt die Hölle und Baphomet nicht besiegen. Er ist der neue Herr der Templer geworden, und ich bin bei ihm. Ich werde ihm dienen, und ich werde noch viele andere Frauen sammeln, die dann an meiner Seite stehen.«
»Nein, nein!«, flüsterte Alfa und streckte Konstanza beide Hände entgegen, »du bist vom Wahnsinn umfangen. Du hast… du kannst … ich weiß es nicht … aber du kannst nicht überleben. Der Teufel ist nicht so stark, auch wenn du auf ihn setzt. Du bist eine Ketzerin, du hast den Glauben verraten und …«
»Hör auf mit deinem Gesabber. Ich fürchte den Tod nicht. Er wird mir neues Leben bringen, aber anders als du es dir vorgestellt hast. Mir wird kein Feuer etwas antun können, denn ich bin in der Lage, auch dies zu überleben. Ich werde mich zur Anführerin einer Templer-Gruppe hochschwingen, es gibt so viele Frauen, die von ihren Männern und auch der Kirche unterdrückt werden. Sie werde ich um mich sammeln und mit einem Kreuzzug des Bösen beginnen.«
»Nein, nein! So etwas kann es nicht geben. Der Himmel ist stärker als die Hölle.«
»Ach! Ist er das wirklich?«
»Ja, ja…«
»Dann dreh dich um!«
Alfa zögerte noch, weil sie nicht wusste, was die Ketzerin damit bezweckte. Aber sie tat es, und ihr Blick fiel auf das Kreuz an der Wand.
Noch hing es dort, aber es fing an, sich zu verändern. Das Holz knisterte, es zog sich zusammen, und wenig später wehte ihr ein widerlicher Geruch gegen die Nase, als wäre dort altes Fleisch verbrannt worden. Alle vier Balken zogen sich zusammen, sie blieben nicht mehr starr und bildeten Schlangenlinien. Noch trafen sie sich in der Mitte, und genau dort, wo sie zusammenstießen, malte sich eine dreieckige Fratze mit kalten, bösen Augen ab.
Es war eine Erscheinung, spuk- und geisterhaft, aber sie brachte die Oberin zum Zittern und fast um den Verstand. Beide Hände streckte sie dem Kreuz entgegen, während sie langsam zurückwich, nicht darauf achtete, wohin sie ging und über den Körper der Templerin stolperte.
Während sie fiel, schrie Alfa auf. Den Aufprall konnte sie nicht vermeiden. Mit dem Hinterkopf schlug sie gegen den harten Boden.
Ein hässlich klingendes Geräusch war zu hören. Wenig später breitete sich eine kleine Blutlache aus.
Alfa bewegte sich nicht mehr. Sie lag da wie tot, aber sie war es nicht. Sie war auch nicht bewusstlos geworden, sie schwebte in einem Zustand zwischen Bewusstlosigkeit und Wachsein.
Konstanza konnte nicht anders, sie musste einfach lachen, als sie die Oberin an ihrer rechten Seite liegen sah. Es ging ihr noch schlechter als der Gefangenen, und sie hatte tatsächlich gedacht, gewinnen zu können. Das war vorbei. Nie würde ihr das gelingen.
Dafür hatte Baphomet gesorgt.
Konstanza hob den Kopf ein wenig an, weil sie einen Blick auf das Kreuz werfen wollte.
Es hing noch an der Wand, aber
Weitere Kostenlose Bücher