1303 - Blut für das Disco-Trio
»Außerdem haben wir diesen Disco-Horror schon öfter erlebt. Da brauche ich nur an den Fall mit Belial zu denken. Ich sage dir, Bill, dass diese Halle ein ideales Betätigungsfeld für Blutsauger sein kann.«
»Du sagst, kann.«
»Klar. Noch haben wir keinen Beweis. Und den können wir uns nur besorgen, wenn wir uns die Gruppe mit eigenen Augen anschauen.«
»Also ab in die Disco.«
Ich nickte. »Du sagst es.«
»So etwas Ähnliches habe ich mir fast gedacht. Das kann ja nicht gut gehen.«
Bill hatte nicht gesprochen, und auch ich hatte mich zurückgehalten. Es war Sheila gewesen, die diesen Kommentar abgegeben hatte. Sie musste uns in den letzten Minuten belauscht haben. Sie war dabei an der Tür stehen geblieben und betrat erst jetzt das Zimmer.
»Was meinst du damit?«, fragte Bill.
»Kaum sind wir aus dem Urlaub zurück, erwischt uns wieder das tägliche Geschäft.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht zu begreifen. Aber das geht ja schon seit Jahren so. Nur werde ich mich daran nicht gewöhnen können.« Sie nahm auf der Kante der Couch Platz. »Ihr geht also davon aus, dass zumindest eine Person aus dieser Gruppe sich in eine Wiedergängerin verwandelt hat?«
Ich nickte ihr zu. »Damit ist zu rechnen. Ich wäre auch nie auf den Gedanken gekommen, wenn ich nicht zuvor mit dem Richter gesprochen hätte. Und der hat mir bestimmt keine Märchen aufgetischt. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Anastasia zu einem Vampir geworden ist, dann müssen wir auch einen Schritt weiterdenken. Dann wird sie Blut brauchen, um weiterhin existieren zu können. Und wo holt sie sich das am besten? Bei den Personen, die ihr persönlich nahe stehen. Wer kann das sein?«
»Die beiden anderen Mitglieder der Band«, sagte Bill.
»Genau.«
In den nächsten Sekunden herrschte zwischen uns das große Schweigen. Wir alle waren etwas nervös, trotz der äußerlichen Ruhe, aus der sich Sheena als Erste befreite.
»Wir können nicht einfach hier sitzen, als wäre nichts geschehen. Wir müssen in die Disco.«
Bill sah sie erstaunt an. »Du auch?«
»Ja, ich auch, mein Lieber!«, erklärte Sheila. »Johnny ist auch mein Sohn.«
»War ja nur eine Frage.«
»Eben, und ich habe dir die Antwort gegeben.«
»Wo finden wir diese Halle?«, fragte ich.
Die Conollys hatten beide keine Ahnung, waren jedoch der Meinung, dass es sich leicht herausfinden ließ.
»Johnny hat ein Handy dabei«, erklärte Sheila. »Wenn wir ihn anrufen, wissen wir Bescheid.«
»Das würde ich nicht tun«, sagte ich.
»Warum nicht?«
»Er wird nicht eben begeistert sein, wenn er hört, dass seine Eltern kommen und auch noch den Paten mitbringen. Er wird natürlich nach den Gründen fragen. So gut können unsere Ausreden gar nicht sein, als dass er sie akzeptieren würde. Außerdem ist noch nichts bewiesen. Wir werden uns die Halle zunächst in aller Ruhe anschauen und uns ein Bild von dem machen, was sich darin abspielt.«
Damit waren die Conollys einverstanden. Auch wenn Sheila etwas bedrückt an mir vorbeischaute. Sie war es auch, die noch vor uns den großen Raum verließ.
Bill und ich folgten ihr langsamer. Der Reporter hatte noch ein kleines Problem, über das er mit mir sprechen wollte.
»Es ist doch so, John«, sagte er. »Ich meine, wir kennen uns aus. Wenn sich diese Anastasia tatsächlich in eine Blutsaugerin verwandelt hat, dann passierte das nicht einfach so. Dem muss etwas vorausgegangen sein. Ein Biss. Das Saugen von Blut. Folglich gibt es eine Unperson, die sie zum Vampir gemacht hat.«
»Eben.«
»Und wer könnte das sein?«
Ich winkte ab. »Frag mich was Leichteres, Bill. Im Moment weiß ich einfach nichts…«
***
Hinter der Halle führte von der normalen Straße, die ein Industriegelände zerschnitt, ein schmaler Weg ab, der an einem kleinen, hoch eingezäunten Gelände endete, dessen Zaun allerdings ein Tor hatte, das zu bestimmten Zeiten geöffnet und dann noch von zwei bulligen Typen bewacht wurde.
Anastasia fuhr. Sie lenkte den dunklen Van mit den getönten Scheiben auf das Tor zu, dessen Gitter bereits von den Strahlen der Scheinwerfer getroffen wurde.
Sie konnte zufrieden sein. Alle konnten zufrieden sein, aber zwei von ihnen waren es doch nicht. Sie hatten es noch nicht geschafft, an das Blut eines Menschen zu kommen und warteten darauf, sich endlich richtig satt trinken zu können.
Das hatte ihnen Anastasia versprochen. Die anstehende Nacht würde zu ihrer Blutnacht werden. An etwas anderes dachten sie gar
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