1309 - Heiße Fracht für Terra
Kommandozentrale der LYTEMNA zu besichtigen. Die Vironauten machten davon Gebrauch und gaben sich mit der altklugen Blasiertheit von Reisenden, die schon Hunderttausende von Lichtjahren zurückgelegt hatten. Im Anschluß an die Besichtigung ergab es sich, daß Kapitän Merwik En-Nured Fazzy Slutch in ein Gespräch verwickelte. Die übrigen Vironauten hatten sich schon entfernt. Fazzy stand eine Zeitlang unschlüssig, ob er schon zur Ruhe gehen oder sich erst noch einen Drink in der an den Speisesaal angrenzenden Tränke genehmigen solle.
Er entschied sich für das letztere und traf als einzigen anderen Gast der behaglich eingerichteten Bar den Kapitän.
Sie tranken einer auf des anderen Gesundheit, dann erkundigte sich En-Nured: „Wohin geht's von Aralon aus?" Fazzy hob die Schultern und stocherte mit einem Stäbchen in seinem Getränk.
„Die meisten wollen heim", sagte er. „Heim, nach Terra, meine ich. Veeghr und die Arkoniden sind ihrer Sache nicht sicher. Vermutlich kommt's wieder mal zu einer Trennung."
„Wieder mal? Ihr seid schon lange unterwegs, nicht wahr?"
„Über fünfzehn Jahre." Fazzy sagte es, ohne mit der Wimper zu zucken. „Fast ausschließlich auf der Eastside. Ursprünglich waren wir vierzig.
Weltenbummler, verstehst du? Ohne bestimmten Plan. Wir entschieden von einer Station zur anderen, wie es weitergehen sollte. Nicht immer wurde Einverständnis erzielt.
Manchmal sprangen ein paar ab."
Er sprach gelassen, fast ein wenig gelangweilt. Seine Angaben waren nachprüfbar. Die GOI hatte einen Reiseplan zusammengestellt, in dem jede Station der angeblichen Weltenbummler während der vergangenen fünfzehn Jahre festgehalten war.
„Von dem neuen Sotho habt ihr also nicht viel erlebt?" erkundigte sich Merwik En-Nured.
„Das macht uns ein wenig Sorge", bekannte Fazzy. „Auf der Eastside spürt man nichts von ihm. Wie ist die Lage im Westen? Werden wir Schwierigkeiten haben, nach Terra zurückzukehren?"
„O nein", lächelte der Kapitän. „Nicht die geringsten. Ihr werdet gegenüber früher kaum einen Unterschied merken. Der Sotho geht recht geschickt vor. Er tritt nirgendwo in Erscheinung. Seine Jünger halten sich im Hintergrund. Fast möchte man meinen, sie wären überhaupt nicht da. Aber nach ein paar Tagen, vielleicht ein paar Wochen, wenn ihr euch eingewöhnt habt, werdet ihr die Veränderung spüren. Ihr werdet die Unsicherheit fühlen, die Angst..."
Seine Stimme verlor sich.
„Du hörst dich nicht an, als wärest du des Sothos Freund", sagte Fazzy nach einer Weile.
„Mach keinen Spaß!" Es klang Bitterkeit aus diesen Worten. „Warum, glaubst du, fahre ich vorzugsweise die Routen im Ostsektor? Bis hierher ist Stygian noch nicht vorgedrungen. Hier lebt man noch so, wie es in den alten Tagen war, bevor das Unheil des Kriegerkults über uns hereinbrach. Aber wie lange wird es noch so sein? Überall hört man Gerüchte, daß der Sotho sich anschickt, gegen die Blues vorzugehen."
Fazzy Slutch schüttelte den Kopf.
„Wir müssen das alles erst lernen", sagte er. „Ich fürchte, wir waren zu lange nur mit unserem eigenen Vergnügen beschäftigt. Jetzt holt die Wirklichkeit uns ein. Es wäre gut für uns, wenn wir alle zusammenbleiben könnten."
„Wie willst du das erreichen?" fragte En-Nured. „Ihr Terraner wollt nach Hause. Warum sollten die Arkoniden und der Blue euch begleiten?"
„Weil es besser für uns wäre. Wir sind im Lauf der Jahre zu einer Gemeinschaft geworden. Vielleicht käme uns das zustatten, wenn wir uns mit der neuen Lage zurechtfinden müssen." Er hatte die Sprache nicht ohne Absicht auf dieses Thema gebracht. Er wollte etwas erfahren. Er wollte En-Nureds Reaktion prüfen.
„Ich habe mir etwas ausgedacht, womit ich womöglich Veeghr und die beiden Arkoniden an uns binden könnte. Eine Attraktion. Etwas so Ungewöhnliches, daß sie nicht nein sagen können."
Inzwischen saßen sie an ihrem zweiten Drink. Fazzy, der bei der letzten Mahlzeit nur Kleinigkeiten gegessen hatte, spürte die Wärme des Alkohols in sich aufsteigen, und dem Kapitän schien es ähnlich zu ergehen.
„Was ist das?" fragte er interessiert.
„Eine Reise von Aralon nach Terra mit dem abenteuerlichsten Kapitän, den es auf der Westseite gibt"
„Wer wäre das?"
„Schon mal von Captain Ahab gehört?" fragte Fazzy augenzwinkernd.
Merwik En-Nured war im ersten Augenblick verblüfft. Dann verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen, und schließlich begann er lauthals zu lachen. Er
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