1316 - Vampirhölle
Gesicht.
Den Mann kannten wir.
Es war Guido, der Barkeeper!
Guido lag auf der rechten Seite. So erfasste das Licht ihn an der anderen Halsseite.
Genau dort sahen wir Blut auf der Haut und darin verteilt die beiden Bissstellen.
Suko richtete sich wieder auf. Er schaute mich an, und sein Blick war bezeichnend.
Wir mussten etwas tun, das uns zuwider war. Leider gab es keine Alternative. Guido war von einem Blutsauger angefallen worden, und wir konnten jede Wette eingehen, dass ihn die Bestie bis auf den letzten Tropfen Blut leer getrunken hatte. Wenn diese Person erwachte, würde sie wieder auf Blutsuche gehen, und das mussten wir verhindern. Der Keeper durfte den grauenhaften Keim nicht weiter ausbreiten, sodass es noch zu einer Seuche kam.
»Okay«, sagte ich leise.
»Das Kreuz?«
Ich nickte. Schießen wollte ich nicht. Ich hätte es getan, wenn es keine andere Möglichkeit gegeben hätte, doch mein Kreuz kam mir irgendwie humaner vor. Außerdem war es das Zeichen für den Triumph des Guten über das Böse.
Ich streifte die Kette über den Kopf, an der das Kreuz hing. Innerlich war ich schon leicht nervös oder bedrückt, denn es machte wirklich keinen Spaß, diesen Weg zu gehen.
Ich bückte mich und berührte mit dem Kreuz die linke Gesichtshälfte der Gestalt.
Als würde ein elektrischer Bogen zwischen zwei unterschiedlichen Polen hin und her springen, so schnell zuckte die Gestalt in die Höhe, aber nur mit dem Kopf. Für den Bruchteil einer Sekunde schien sie aus ihrer Starre erwacht zu sein, dann aber sackte sie wieder zurück und blieb starr liegen.
Kein Laut war bei dieser Aktion aus seiner Kehle gedrungen. Wir konnten sicher sein, den Mann erlöst zu haben. Er würde sich nicht mehr erheben, um auf Blutsuche zu gehen.
Auf seiner linken Wange malte sich der Umriss des Kreuzes in schwacher Form ab. Wenn man ihn fand, würde man sich wundern, aber das störte mich nicht mehr.
Wir blieben neben dem Erlösten stehen, und Suko stellte die berechtigte Frage.
»Wer, John?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das kann ich dir nicht sagen. Ich gehe zunächst mal davon aus, dass es der Typ gewesen ist, der mich so knallhart getroffen hat.«
»Wäre eine Möglichkeit.«
»Du glaubst nicht daran?«
Mein Freund und Kollege dachte bereits einen Schritt weiter.
»Nicht nur, John.« Er erklärte es genauer. »Mittlerweile ist Zeit vergangen, das sollten wir nicht vergessen. Es ist durchaus möglich, dass sich zwei bestimmte Personen auf den Weg gemacht haben.«
»Mona und Mike.«
»Genau.«
Ja, er hatte Recht. Die beiden würden sich bestimmt nicht mehr zurückhalten. Da musste etwas passieren. Sie brauchten Blut, wenn sie weiterhin existieren wollten.
Ich stieg über den Körper hinweg. Er lag nicht im Weg, den die Gäste nahmen, wenn sie zur Toilette wollten. In der Dunkelheit würde er so schnell auch nicht entdeckt werden.
Vor dem hinteren Eingang zu diesem Gruftie-Tempel blieb ich stehen. Sukos Worte hatten eine Saite in mir zum Klingen gebracht, die mich an Vanessa denken ließ.
Sie spielte nicht mehr. Es war überhaupt keine Musik zu hören.
Genau das machte mich nachdenklich. Da konnte durchaus etwas passiert sein. Mike und Mona. Sie waren Vampire. Sie brauchten Blut. Und sie würden sich es in einer Umgebung holen, die sie kannten.
Gut sah die Zukunft nicht aus. Ich wünschte mir auch, dass keine Gäste gebissen worden waren, doch rechnen mussten wir mit allem. Das kannten wir auch von anderen Fällen her.
Mein Kinn fühlte sich zwar noch immer taub an, und es war auch angeschwollen, doch darauf nahm ich keine Rücksicht, als ich die Tür öffnete und diesmal vor Suko das Lokal betrat…
***
Es sah aus wie immer. Und doch gab es einen optischen Unterschied. Es hatte sich inzwischen mehr gefüllt. Klar, denn die Zeit war nicht stehen geblieben, und die Grufties und die Schwarzen sahen sich auch als Geschöpfe der Nacht an, obwohl sie keine echten Schwarzblütler waren. Dass sich so viele Gäste hier aufhielten, erfüllte mich nicht eben mit Freude. Je mehr sich auf der Tanzfläche und in den Nischen verteilten, umso größer waren die Chancen für Mona und Mike, an das Blut zu gelangen.
Wie waren sie noch genannt worden?
Die Prinzen!
Ich hob die Schultern, ließ diesen Begriff aber nicht aus meinen Gedanken. Wer sich als Prinz sah, würde sich auch so benehmen. Er stach dann die anderen Gäste aus, und auch nach dem zweiten Rundblick sah ich von ihnen nichts.
Ich hatte dabei auch das
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