1323 - Vampir-Monster
die Blutsauger auf sie ein.
»Her damit!«
»Wir wollen sie haben!«
»Gib sie uns!«
Justine lachte. Auch ihr war diese Gier nach Blut bekannt. Trotzdem wollte sie sich mit diesen Wesen nicht vergleichen. Sie nahm sie hin, aber sie würde sie nicht akzeptieren.
»Habt ihr wieder Durst?«
Als Antwort hörte sie ein Jaulen, das sie von allen Seiten erreichte. Ja, sie hatten Durst. Die Gier steckte in ihren Körpern. Nur die Sucht nach dem Blut hielt sie in dieser Welt noch aufrecht. Bekamen sie es nicht, würden sie vergehen. Zerfließen oder zu Staub zerfallen, der hier überall zu finden war. Auf den Felsen, in den Höhlen und auch in den kleinen Bauten, die wie Baracken aussahen.
Justine wusste genau, wenn sie zu lange wartete, würden es die Vampire nicht mehr aushalten können. Sie würden sich auf sie stürzen und die Beute entreißen.
Schon jetzt kamen sie näher. Streckten die Arme aus und wurden von der Gier gepeitscht, sodass sie Ähnlichkeit mit Zombies besaßen, die über Menschen herfallen wollten, um sie zu vertilgen.
Justine Cavallo lachte scharf auf. Das Lachen glich Schreien, die in die Welt hineinjagten und sich irgendwo als Echos verloren. Sie lachte noch, als sie die Körper von ihren Schultern rutschen ließ, sie lässig packte und mit der gleichen Lässigkeit wegwarf, als wären sie alte Lumpen. Ein Körper prallte rechts von ihr zu Boden, der andere auf der linken Seite.
Genau darauf hatten die lauernden Blutsauger gewartet. Es gab nichts mehr, was sie noch hielt. Aus ihren weit geöffneten Mäulern drangen spitze Schreie, als sie sich auf die frische Beute stürzten. Jeder wollte seine Zähne in die Körper schlagen, um möglichst viel vom Blut mitzubekommen.
Um Justine Cavallo kümmerte sich niemand mehr. Sie stand auf dem Fleck und hatte die Hände in die Seiten gestemmt. Grinsend schaute sie zu, was ihre Artgenossen trieben, von denen sie sich immer mehr distanzierte.
Das Überleben der Blutsauger war garantiert. Alles andere kümmerte sie nicht.
Sie ging weiter. Der Weg führte sie zum Haus auf den Hügel.
Dort wartete Mallmann auf sie. Sie mussten reden. Sie hatten einiges miteinander zu besprechen.
Der Weg war dunkel, wie alles in dieser Welt. Wie die Felsen, wie die Höhlen, die scharfen Grate und die verkommenen Bretterbuden. Über allem lag Staub als graue Schicht, die sich in den letzten Jahrhunderten angesammelt zu haben schien, so dicht war sie geworden. Die Füße der blonden Bestie schleiften durch den Staub, der in kleinen Wolken hochtrieb, was sie nicht mehr störte, denn Justine wusste genau, dass sie in dieser Welt nicht zu leben brauchte. Die normale mit all den Menschen und den Errungenschaften, das war ihr wahres Zuhause, und das durchstreifte sie mit großem Vergnügen.
Um sie herum herrschte die große Leere und die Einsamkeit. Es gab nichts Optimistisches, kein Licht, keine Freude, kein Lachen.
Und wenn jemand lachte, dann geschah dies aus Schadenfreude oder Triumph.
Auf halber Strecke blieb Justine stehen. Etwas hatte sie gestört.
Sie konnte den Grund nicht benennen, aber es hatte eine Störung gegeben. So etwas konnte sie nicht zulassen und wollte der Störung auf den Grund gehen.
Mit den hier existierenden Blutsaugern hatte es nichts zu tun, die sandten keine Gefahrensignale aus, es musste schon etwas anderes sein, das sie gewarnt hatte.
Sie schaute sich um.
Dunkel war es. Und trotzdem konnte sie sehen, denn es hatte sich eine andere Finsternis ausgebreitet als in einer tiefen Höhle ohne Licht.
Es gab hier Licht. Und genau dieses steckte innerhalb der Finsternis. Es hielt sich im Hintergrund und sorgte dafür, dass die Dunkelheit aufgegraut wurde.
So hätte auch ein Mensch die Umrisse erkennen können. Die schroffen Felsen, die schmalen Wege, den Hügel und auch die Eingänge zu den einzelnen Höhlen. Die Umrisse der Häuser malten sich ebenfalls ab, und am liebsten hätte sie gegen die Bruchbuden getreten und sie in Stückwerk verwandelt.
Was hat mich gestört?, fragte sich Justine.
In ihrem neuen Zustand war sie sehr sensibel geworden. Sie konnte Gefahren riechen, die sich in ihrer Nähe verteilten. Erst später konnte sie sie sehen, und zumeist hatte sie Recht.
Aber wer drang hier ein? Wer schaffte es? Okay, auch ein John Sinclair war schon hier gewesen, aber damals hatte sie ihn auch in diese Welt verschleppt.
Justine wusste von den Veränderungen. Der Schwarze Tod war da, und er gehörte nicht eben zu ihren Freunden, davon ging sie
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