1327 - Lady Sarahs Totenfrau
das sich darauf legte, denn sie dachte an die tote Lady Sarah und war davon überzeugt, dass ihr das gleiche Schicksal bevorstand.
Jane dachte nach. Sie versuchte, die Emotionen zurückzudrängen und klar und logisch zu denken.
Irgendwie war sie auch froh darüber, Zeugin dieses Vorfalls geworden zu sein, denn sie sah ihn als Warnung vor der nahen Zukunft an.
Es ging um Sarah Goldwyns Beerdigung. Jane Collins war davon überzeugt, dass sie nicht so normal verlaufen würde, wie man es sich hätte wünschen können.
Es war wichtig, dass auch John Sinclair Bescheid wusste.
Deshalb griff die Detektivin Jane Collins zum Telefon, um ihren Freund anzurufen…
***
Der Juniorchef des Beerdigungsinstituts schaute uns überrascht an, als wir seinen Laden betraten, in dem es nach versprengtem Weihwasser roch.
»Oh, Sie hier?«
»Ja, Mr. Markham«, sagte ich.
Sein blasses Gesicht zuckte. »Ist alles in Ordnung?«
»Das werden wir sehen.«
»Moment bitte. Die Tote wird direkt morgen früh zum Friedhof hin überführt. So war es abgesprochen.«
»Klar.« Ich schaute auf die dunkle Krawatte, auf der zwei graue Staubflusen klebten. »Sie brauchen keine Probleme zu befürchten. Wir möchten die Tote nur noch mal sehen. Der Sarg steht doch noch im selben Raum – oder?«
»Ja. Aber er ist geschlossen.«
Ich lächelte ihn kalt an. »Dann öffnen Sie ihn, Mr. Markham. Das wird ja kein Problem sein.«
»Nein, nein, auf keinen Fall.«
»Dann bitte.«
Markham wirkte verlegen. Auch seine Augenbrauen zuckten, bevor er sich umdrehte und vorging.
Suko blieb an meiner Seite. Er wusste alles, und auch ich war von Jane Collins in der vergangenen Nacht informiert worden. Ansonsten war bei mir nichts geschehen. Ich hatte keine Begegnung der außergewöhnlichen Art gehabt und sogar einigermaßen ruhig geschlafen, ohne von Albträumen geplagt zu werden.
Auch der hinter uns liegende Morgen war normal vergangen.
Wir hatten mit Sir James geredet und auch Glenda Perkins hinzugezogen, da sie ebenfalls an der Beerdigung teilnahm. Auch die Conollys waren über das nächtliche Phänomen informiert worden.
Mehr hatte ich nicht tun können, und jetzt herrschte so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm.
Suko hatte ich bewusst mitgenommen. Vier Augen sehen mehr als zwei, und wir rechneten fest damit, dass etwas passierte.
Meine Gedanken beschäftigten sich mit der Totenfrau. Wer war diese Lysana genau?
Mittlerweile hatte ich mir die Antwort zurechtgeknobelt und aus den Informationen zusammengebastelt, die ich von Jane Collins erhalten hatte. Diese Person war im Altertum sehr verehrt worden.
Von den Sumerern als eine Göttin, die ihr eigenes Totenreich besaß.
Schon zu diesen Zeiten wussten die Menschen in allen Kulturen, dass es bestimmte Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die sie nicht erklären konnten, die sie aber als gegeben hinnahmen und sich darauf einstellten. Sie hatten gelernt, damit zu leben und die Regeln zu beachten.
Man wusste über Gut und Böse Bescheid. Und es hatte auch Menschen gegeben, die das Böse bekämpften. So war es ihnen gelungen, auch diese Totenfrau zu stoppen.
Bis eben auf ihr Bild.
Diese nackte Person. Die Verführung schlechthin. Die Schlange.
Das alles war mir schon mehrmals durch den Kopf gekreist, aber ich hatte noch keine Lösung gefunden. Ich selbst konnte nicht angreifen. Das musste ich anderen überlassen, und ich hoffte, dass es auch geschah.
Hätte Jane Collins in der vergangenen Nacht nicht diese Begegnung gehabt, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, nach Lady Sarah zu schauen. Jetzt war ich unsicher geworden und traute dem Schicksal wieder einiges zu.
Mr. Markhams Rasierwasser umwehte unsere Nasen, als wir hinter ihm hergingen. Es war nicht unbedingt mein Duft, und auch Suko rümpfte die Nase.
Den Weg kannte ich und dachte daran, dass jeder Mensch, der dieses Institut betrat, traurig werden musste, auch wenn er keinen Freund oder Verwandten zum letzten Mal besuchen wollte. Das lag einfach an der Umgebung, die nichts Freundliches aufwies. Dabei gab es andere Institute, in denen schon längst umgedacht worden war und die man als Stätten der Begleitung ansehen konnte.
Mr. Markham blieb stehen, als wir die Tür der Kammer erreicht hatten, in der die tote Lady Sarah lag. Sie wurde gekühlt, das merkten wir auch hier, denn unter der Tür her drang ein kalter Luftzug.
Mr. Markham schloss auf. Ȁh, dann lasse ich Sie jetzt allein. Oder soll ich noch den Sargdeckel anheben? Wir haben ihn nur
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