1338 - Die Sechstageroboter
Entsprechen sie nicht mehr dem Standard, werden sie demontiert, eingeschmolzen, und aus dem so gewonnenen Rohmaterial werden wieder neue Typenreihen erzeugt. So war es früher, heute steht ja die ganze Anlage still. Nichts geht mehr vom Fließband. Es ist ein sich ständig wiederholendes Kreislaufsystem. Raumschiffe werden zusammengebaut, die fertigen Produkte bleiben eine geraume Weile stehen; wenn sie dann veraltet sind, werden sie eingeschmolzen und zu Raumschiffen nach dem neuesten Stand der Technik verarbeitet.
Dieser Teufelskreis ist entstanden, weil niemand da war, der die Raumschiffe in Besitz nahm und mit ihnen abflog. Ich weiß nicht, wozu sie überhaupt gebaut wurden, wenn es niemand gab, der Besitzansprüche stellte. Heute ist ja sowieso alles anders, die Situation noch trister. Die Entwicklung geht nicht mehr weiter. Alles steht still. Ich kann noch so geniale Konstruktionspläne austüfteln, die schönsten Modelle entwerfen, es ist niemand da, der die Pläne verwirklicht. Es gibt keine Arbeiter, die die Einzelteile schmieden. Keine Schiffsbauer, die sie zusammensetzen. Und keine Techniker, die ihre neuesten Errungenschaften einbauen. Keine Koordinatoren, die die neuentwickelten Systeme prüfen.
Keine Registratoren, die die Patente archivieren. Keine Patentprüfer, die entscheiden, daß die veralteten Raumschiffe ausrangiert werden sollen ...
Das heißt, es gibt den Kontrolleur, der theoretisch solche Entscheidungen treffen könnte, für den es jedoch keine Instanz gibt, an die er sich wenden könnte. Wer weiß, was in ihm vorgeht, er ist ja ein Bruder. Schade, daß er außerhalb unserer Bruderschaft steht. Vielleicht könnten wir mit seiner Hilfe das Produktionssystem aktivieren.
Aber dann frage ich mich: Haben Ctl und Nchr das überhaupt gewollt? Wenn es in ihrem Sinn gewesen wäre, dann hätten sie das ganze System nach ihrem Abgang nicht desaktiviert. Wir werden munter weiterproduzieren, in einem nie enden wollenden Kreislauf. So, das war's in groben Zügen, was ich euch über die Werftanlage erzählen konnte. Hintergrundinformationen besitze ich nicht, die können euch nur die Zweier geben, wenn nicht gar einzig und allein die Einser. Aber manchmal frage ich mich, ob es überhaupt noch welche vom zweiten oder ersten Tag gibt.
Wenn es sie gäbe, dann müßten sie doch irgendwie aktiv werden.
Wie meinen? Die Funk- und Orteranlage? Und das Kraftwerk? Ich weiß nicht, warum diese Stationen laufen. Aber daß sie von einem Roboter des zweiten oder ersten Tages kontrolliert werden, das bezweifle ich. Wahrscheinlicher ist, daß einer aus der Bruderschaft sie bedient und sich mit euch einen Scherz erlaubt hat. Und dann merkte er, was er da ins Rollen brachte, und hüllt sich ängstlich in Schweigen. Ein Einser oder ein Zweier würde die Sache doch nicht auf sich beruhen lassen.
Das ist meine Meinung! Ich denke, ich habe meinen Teil des Pakts erfüllt. Jetzt seid ihr am Zug. Hier ist ein Zugang zu den Werftanlagen und zu den Hangars ... Ihr könntet natürlich auch versuchen, eine der Startrampen im Park zu öffnen. Aber das müßtet ihr mit Gewalt tun, und ich weiß nicht, wie das Sicherheitssystem auf Ge.waltanwendung reagiert. Nur nicht daran rühren!
Versucht, eure Intelligenz zu gebrauchen. Ich trage den Schlüssel zu diesem Schott in mir, aber eine Blockade hindert mich am direkten Zugriff.
Habt ihr schon eine Idee, wie ihr mich trotzdem zum Sprechen bringen könnt?
He, was soll das?
Golem, du wirst dich doch nicht an einem Bruder vergreifen. Das ist Verrat! Du Mörder! Was tust du mit mir? Nein, ich werde nicht den Mund halten. Du kannst mich noch so stark fesseln, mich an deine Prüfgeräte anschließen, mich in meine Einzelteile demontieren, aber mundtot wirst du mich nicht machen. Mein Sprechzentrum ist ein autarkes System, und ich werde so lange reden und schreien und funken und Alarm schlagen, bis ich das Warnsystem geweckt habe. Ihr werdet im Feuer der Verteidigungsanlage schmoren ... aber nie im Leben den Kode finden, der euch Zugang zu den Werftanlagen verschafft.
Siehst du, Golem, Fehlanzeige! Du knackst den Kode nie. Nimm also die Folterinstrumente von mir.
Verräter! Mörder ...! „Geschafft", sagte Golem mit der Stimme eines Leichenbestatters. „Ich habe den Kode dechiffriert. Ihr könnt ihn ablesen."
„Hab dich nicht so", sagte ich aufmunternd. „Leonardo wird dir den Eingriff nachträglich verzeihen. Er konnte aufgrund seiner Programmierung gar nicht anders reagieren.
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