134 - Die Entscheidung des Generals
mit Toten füllte.
Mitleid, ein Urtrieb, der die eigene Art zu erhalten half, war ihrem Gencode ebenso entnommen worden wie der persönliche Überlebenswille.
Eigentlich erschreckend, wie leicht sie gegeneinander aufzuhetzen waren, weil sie einander so ähnelten. Die Nordmänner aus Malmee (dort liegt das Hauptquartier der Nordmänner) unter der Leitung von Captain Torres und die Ostmänner aus Neu-Baltimore.
Brüllend und blutend suchten sie einander, blanken Stahl in der Hand, dazu bereit, aufeinander einzuhauen und zu -stechen.
Captain Tenger gab es auf, das gnadenlose Gemetzel durch den Feldstecher zu verfolgen. Die Schlacht schlug ihm auf den Magen. Dabei hatte in der Planung noch alles ganz vernünftig geklungen. Auflösung der Hilfskontingente im Rahmen eines Einsatzes, hieß es dort. Erst jetzt, da Tenger das ganze Ausmaß der Operation mit eigenen Augen sah, kamen ihm Zweifel, ob Final Countdown wirklich die richtige Lösung war.
Sicher, seit es die Allianz zwischen Washington und den Communitys in Europa, Russland und Asien gab, waren die barbarischen Hilfstruppen überflüssig geworden, aber in den Weiten Afrikas oder eines anderen Kontinents musste es doch genügend Platz geben, um Nord- und Ostmänner irgendwo anzusiedeln, ohne dass sie jemandem in die Quere kamen.
Und hätte man sie nicht einsetzen können gegen diese neue Bedrohung, von der die Europäer berichteten, diese Daa’muren?
Aber solche Überlegungen zählten nicht, dachte Tenger, er hatte nur die Befehle seiner Vorgesetzten auszuführen. Der Gedanke, dass er damit den gleichen Kadavergehorsam an den Tag legte wie die Barbaren in der Ebene, kam ihm überhaupt nicht. Ihm fehlte aber auch die Zeit für entsprechende Selbstreflektionen, denn das lokale Funkgerät piepste plötzlich an seinem Gürtel.
»Sherman One an Eastman Leader«, meldete sich eine Frauenstimme, als er auf Empfang ging.
Zweifellos Lieutenant Ortega, die den Panzerverband leitete.
Was wollte die denn? Die Zeit für ihren Einsatz war längst noch nicht reif.
»Kommen, Sherman One!«
»Captain, wir beobachten eine Absetzbewegung nordwestlich Ihrer Position. Sollen wir eingreifen?«
Tenger nahm das Fernglas zur Hilfe, um der Sache auf den Grund zu gehen. Tatsächlich, abseits des Schlachtfeldes pirschten vier Nordmänner durchs Gras. Sie kamen aus westlicher Richtung und versuchten die drei Carbukks einzukreisen, die Tenger schon vor einiger Zeit aufgefallen waren.
Anscheinend handelte es sich um einen verirrten Jagdtrupp, der den Beginn der Schlacht verpasst hatte, denn noch weiter westlich waren zwei Yakks zurückgelassen worden.
Wahrscheinlich quälte die Nordmänner großer Hunger, anders ließ sich nicht erklären, warum sie lieber die Jagd fortsetzten, anstatt auf schnellstem Weg zum Schlachtfeld zu eilen.
»Visieren Sie das entsprechende Planquadrat mit einem Geschütz an«, befahl Tenger. »Aber noch nicht schießen. Erst wenn ich das Zeichen gebe.«
Gespannt verfolgte er das weitere Vorgehen der vier Abweichler. Eigentlich war es noch zu früh, die Shermans einzusetzen. Auf dem Schlachtfeld standen zahlreiche Krieger noch auf den Beinen. Vielleicht hatte er ja Glück und die Jäger blieben in Reichweite des auf sie einschwenkenden Geschützes.
Trotz des Lärms, mit dem die kämpfenden Parteien aufeinander eindroschen, wirkten die Carbukks völlig entspannt. Sie grasten zwar nicht mehr, sondern blickten in die Höhe, als würden sie in die Ferne spähen, doch die von hinten gegen den Wind anschleichenden Jäger bemerken sie nicht.
Die Nordmänner trugen Pfeil und Bogen, was ebenfalls für die Theorie des verspätet heimgekehrten Jagdtrupps sprach. Sie kamen allerdings nicht mehr dazu, ihre Waffen einzusetzen.
Von weitem war nicht genau zu erkennen warum, aber plötzlich nahmen die Carbukks Witterung auf.
Unvermittelt schossen sie los.
Statt vor den Pfeilen zu fliehen, machten sie auf den Hinterläufen kehrt und jagten auf die Nordmänner zu. Die Distanz zwischen Mensch und Tier verkürzte sich rapide.
Die Jäger erschraken, und das aus gutem Grund. Denn während die Carbukks auf sie zu galoppierten, ging eine unheimliche Verwandlung mit ihnen vor. Die Proportionen ihrer Körper veränderten sich. Die Läufe schrumpften ein, dafür gewann der Körper an Masse. Von einem Sprung auf den anderen mutierten sie zu Zweibeinern, denen ein dichtes weißes Fell spross.
Obwohl Tenger alles nur aus der Ferne beobachtete, lief es ihm eiskalt den Rücken
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