134 - Geister im Grand Hotel
Augen zu.
Er führte die aufkommende Müdigkeit, der er
sich gern hingab, auf das heiße Wasser zurück.
Er lehnte sich zurück. Der Stimme aus dem
Lautsprecher konnte er nicht mehr folgen. Sie wurde immer leiser, klang immer
entfernter.
Nur noch Wortfetzen erreichten sein Bewußtsein,
und seltsam verworrene Bilder mischten sich in seine Vorstellungswelt.
Er sah sich wieder bei dem Abend des
Geistersehers Seventus und hörte das heitere Lachen von Angie Roith, als sie
das Geheimnis ihrer Herkunft erfuhr. Dann sah er eine nachdenkliche Angie
Roith, die sich zwischen düsteren, trutzigen Mauern bewegte, als suchte sie
etwas.
Sie rief nach jemand. Er sah, daß sie ihren
Mund bewegte, doch er hörte nicht ihre Stimme.
Es war eine andere, die er vernahm.
Leise, krächzend, rasselnd und abgehackt.
»Ich habe ... Ihre Ankunft beobachtet... Ich saß .. .unten ... in der Halle.«
Er nahm es nicht mehr auf.
Die Müdigkeit war stärker und lullte ihn ein.
Die Stimme versickerte wie hinter Watte und
einem monotonen Rauschen, das er beinahe schmerzhaft empfand, und im ersten
Moment nicht richtig einzuordnen vermochte.
Aber dann begriff er es doch noch: es war das
in die Wanne zulaufende Wasser...
Instinktiv bewegte Larry die Linke zum
Wasserhahn. Er erreichte den großen verchromten Knopf, schob ihn aber dann doch
nicht nach innen.
Es fehlte ihm die Kraft, und seine Finger
rutschten ab.
Er kriegte das gar nicht mehr mit.
Die betäubenden Dämpfe waren nun ganz in
seinem Hirn und löschten sein Bewußtsein aus.
Seine Muskeln erschlafften.
Das hatte zur Folge, daß auch seine Beine
langsam nachgaben und dem Wannenende keinen Widerstand mehr entgegensetzten.
Larry Brent rutschte mehr und mehr in die
Wanne.
Das Wasser reichte ihm bis zum Kinn.
Der PSA-Agent atmete gleichmäßig und tief.
Sein Atem blies sacht über dem Badeschaum.
X-RAY-3 sank weiter in die Wanne, Millimeter
für Millimeter.
Das Wasser benetzte seine Lippen
...
Er schlief ahnungslos in die tödliche Gefahr
des Ertrinkens hinein ...
*
Einen Stock höher, allerdings auf der anderen
Seite des ausgedehnten Hoteltraktes, lag das Zimmer Nr. 385.
Dort war Simon Sabatzikis Unterkunft.
Der Nachrichtenmann hielt sich in seinem
Zimmer auf.
Es war abgedunkelt, und auf dem Schreibtisch
standen eine Tastatur und ein Bildschirm.
Auf dem Monitor waren farbige Linien zu
erkennen, die sich ständig veränderten.
Simon Sabatzki, der Computer-Spezialist, ließ
die Elektronik ein grafisches Schaubild entwickeln.
Er hatte während der letzten Tage unzählige
Informationen in die Maschine getippt.
Es handelte sich um die Baupläne des Hotels.
, Nach einem Gespräch mit dem Architekten war
ihm eine Idee gekommen, die er näher überprüfen wollte.
Blitzschnell bauten sich vertikale und
horizontale Linien auf und zeigten den Hotelneubau wie ein Lichtmuster aus
bernsteinfarbenen Fäden. Die Umrisse, auf die Sabatzki besonderen Wert legte,
waren scharf herausgearbeitet: Der langgestreckte Bau, links und rechts die
beiden massigen Türme, in der Mitte die große Ausbuchtung der Freiterrasse. Sie
lag in der zweiten Etage.
Sabatzki rief einen neuen Befehl ab.
Drei rote Punkte erschienen. Sie markierten
die Stellen, an denen die Toten gefunden worden waren.
Marion Graim, die Hosteß, im ersten
Stockwerk, auf dem Weg zum hintersten Turm. Von hier aus führte durch einen
Vorbau ein Gang, der zur Freiterrasse nach oben mündete.
Punkt zwei markierte den Fundort des
Ölmillionäres Clark Hovton. Er starb vor dem Eingang zur Freiterrasse, bereits
im zweiten Stockwerk. Und das letzte Opfer schließlich, Dietmar Einen, starb
auf der Terrasse.
Sabatzki rief einen dritten Befehl ab.
Die alten, bernsteinfarbenen Linien blieben
stehen.
Ein neues grafisches Bild aus violetten
Linien entstand wie ein Schattenbild über der ersten Grafik.
Die Linien waren fast deckungsgleich. Nur
zwei Unterschiede fielen durch die verschiedenfarbigen Darstellungen sofort ins
Auge.
Die bernsteinfarbene Grafik enthielt mehr
Räumlichkeiten und war anders unterteilt. Die Umrisse stimmten. Bis auf einen,
der ins Auge fiel. In der violetten Grafik gab es einen dritten Turm. Und der
befand sich da, wo eigentlich die Sonnenterrasse des Grand Hotels lag.
Die roten Punkte befanden sich nun in diesem
massigen Turm.
Das Grand Hotel war nach den Plänen einer
alten Burg errichtet. Diese Burg hatte in der Mitte des zwölften Jahrhunderts
auf dem Zauberberg gestanden, war dann aber durch
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