1352 - Beute für den Sensenmann
bleiben.
Ich musste nur den Weg nach vorn gehen. Nasses Gestein schimmerte auf dem Boden. Der helle schmale Streifen rückte immer näher, je weiter ich vorging. Ruhig war ich nur nach Außen hin. Ich dachte schon daran, dass mir etwas Spannendes bevorstand.
In meiner Umgebung war es ungefähr so still wie in einer Kirche.
Ich hörte nur das Echo meiner eigenen Schritte und brauchte dann nur noch Sekunden, um die Öffnung zu erreichen.
Dort blieb ich stehen.
Die Wand hatte hier einen senkrechten Spalt bekommen, breit genug, um einem Menschen Durchschlupf zu gewähren. Das Tosen der Brandung war lauter geworden, und steigerte sich noch, als ich mich durch den Spalt gezwängt hatte.
Ab jetzt bekam ich einen freien Blick!
Ich schaute hinaus auf das Meer, dessen Wogen nicht vom Sturm gepeitscht und hochgewirbelt wurden, sondern breit und behäbig gegen die Küste der Halbinsel flossen.
Auf dem Meer sahen sie ruhig aus. Das änderte sich, als sie gegen die im Weg stehenden Felsen prallten, die schon fast wie Kunstwerke aus den Fluten ragten. Manche waren grau, andere wiederum leicht eingeschwärzt, aber sie alle erhielten einen Bart und eine Decke aus Gischt, wenn die Brecher gegen sie schlugen.
Hier war das Meer nicht blau oder türkisfarben wie in der Südsee.
Das graue Wasser sah abweisend und gefährlich aus, denn es verschlang alles, was sich ihm in den Weg stellte. Da kannte es einfach kein Pardon.
Ich entdeckte auch einen schmalen Strandabschnitt, der mit einer dünnen, aber nicht so feinen Sandschicht bedeckt war. Über sie ging ich hinweg, denn ich wollte dort stehen bleiben, wo die Wellen ausliefen.
Sie leckten fast bis gegen meine Füße. Sie gurgelten auch durch Felsrinnen oder schäumten um die Felsstücke herum, bevor sie sich schmatzend dem Strand entgegen bewegten.
Hinzu kam der scharfe Wind, der auch die dunklen Wolken über den Himmel fegte. Es war kein Wetter, dass die Menschen an den Strand trieb aber für mich hatte es schon seinen gewissen Reiz. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es bis zum Einbruch der Dämmerung nicht mehr lange dauern würde. Bald danach würde es Nacht werden.
Was geschah dann?
Ich glaubte nicht daran, dass es so ruhig bleiben würde. Da lauschte ich wieder auf mein Bauchgefühl. Noch hielt sich die seltsam klare Luft über dem Meer, die es schaffte, Wasser und Wolken zu trennen und den Raum zwischen ihnen so aussehen ließ, als bestünde er aus Glas.
Ich wollte mich nach einem letzten Blick auf das heranrollende Wasser schon wieder abwenden, als mir etwas auffiel.
Zuerst dachte ich, dass es Robben waren, die dicht unter der Oberfläche schwammen, sodass sie hin und wieder ihre Köpfe aus dem Wasser strecken konnten. Man findet diese Tiere ja oft genug an den Stränden, wo sie eine Freude für Jung und Alt waren.
Auch hier?
Ich hätte sie gern beobachtet, die Zeit nahm ich mir, aber es waren keine Robben. Wind und Wellen spülte etwas anderes dem Strand entgegen, das man auch nicht als normales Strandgut ansehen konnte, denn wenn mich nicht alles täuschte, bewegte es sich auch.
Kein Holz, kein…
Meine Gedanken stockten, als hätte ich mich an ihnen verschluckt.
Die Augen weiteten sich automatisch, während die Wellen das näher an den Strand heranspülten, das sich bisher in ihnen versteckt gehalten hatte.
Menschen!
Nein! Doch!
Ich steckte plötzlich voller Zweifel. Unmöglich, dass es sich bei ihnen um normale Menschen handelte. Solange konnte sich niemand im kalten Wasser halten. Hier wurden höchstens Leichen an den Strand gespült. Zum Teufel, das waren sie auch nicht, den sie gerieten in flacheres Gewässer, immer wieder von den Wellen getrieben wie durch Peitschenschläge. Außerdem waren sie schon so weit vorgekommen, dass die rücklaufenden Wellen sie nicht mehr umstießen.
Jetzt war ich froh, noch am Ufer zu stehen und in diesen noch hellen Tag zu schauen.
Ich zählte sie.
Es waren sieben!
Über die Zahl und deren Bedeutung wollte ich nicht nachdenken, denn die Gestalten kamen immer näher. Sie wurden bereits an den Unterkörpern von Wellen umspielt.
Dann setzten sie den ersten Fuß in den weichen Sand. Hintereinander erreichten sie den Strand. Ich erkannte sie jetzt besser. Sie waren nicht nackt. Die lange Kleidung klebte an ihren Körpern. Sie reichte fast bis zu den Knöcheln, und für mich trugen sie auch kein normales Outfit. Was sie anhatten, waren Kutten, und jetzt erinnerten mich die Gestalten an untote Mönche, die auf dem
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