136 - Der Panther-Mann
so aus.«
»Mein Gott, das wäre ja… Dann könnte sie…«
»Schnell, Colleen, hol ein Kissen«, sagte James Black wood.
Das blonde Mädchen eilte in sein Zimmer. James Blackwood war zwar kein Arzt, aber er fühlte sich bemüßigt, die Fremde zu untersuchen. Er hob mit dem Daumen ihr Augenlid.
Im nächsten Moment fuhr er zurück. »Heilige Madonna…!«
Dina sah ihn nervös an. »Was ist, James?«
»Ihre Augen. Sieh dir ihre Augen an, Dina.« Er hob das gleiche Lid noch einmal. »Das… das ist doch nicht normal. Verstehst du das, Dinà? Sie hat Katzenaugen - mit Schlitzpupillen! Dina, ich habe draußen im Busch diese Augen gesehen! Dieses Mädchen hat geknurrt und gefaucht wie ein… Leopard! Wer ist sie? Mit wem haben wir es zu tun?«
Dina trat unwillkürlich zwei Schritte zurück. Ihr fiel auf, daß die Fingernägel des Mädchens wuchsen, Millimeter um Millimeter länger wurden, die Form von Krallen annahmen.
»James, irgend etwas Grauenvolles ist mit diesem Mädchen im Gange!« preßte die Frau aufgeregt hervor. »Geh weg von ihr. Sie ist gefährlich. Ich fühle es.«
Die Fremde schlug plötzlich die Augen auf - Katzenaugen!
»Sieh nur, Dina, sie schaut mich an!« sagte Blackwood.
»Nimm dich vor ihr in acht, James!«
»Verstehen Sie, was ich sage?« fragte Blackwood. »Wer sind Sie? Wie ist Ihr Name? Was wollten Sie dort draußen…?«
Colleen trat mit dem Kopfkissen aus ihrem Zimmer. »Sie hat das Bewußtsein wiedererlangt?«
»Sie ist ein Ungeheuer«, sagte Dina Blackwood bebend. »Sie hat keine Hände mehr, das sind jetzt Pranken. Der Himmel steh’ uns bei. Sie verwandelt sich vor unseren Augen. Ich kann es mir nicht erklären, aber ich sehe es mit meinen eigenen Augen… James, bring dich in Sicherheit! Sie will dich töten! Siehst du das denn nicht in ihrem Blick?«
Der Blick der bernsteinfarbenen Raubtieraugen schien den Farmer zu bannen. Er wollte zurücktreten, schaffte es aber nur, sich aufzurichten.
Er war so fasziniert von dem, was er sah, daß er nicht begriff, in welch großer Gefahr er schwebte. Der Mund des Mädchens öffnete sich, und Blackwood sah ein kräftiges Raubtiergebiß mit langen, spitzen Reißzähnen.
Die rechte Pranke schoß hoch und traf mit ausgestreckten, messerscharfen Krallen den Körper des Farmers. Ein glühender Schmerz durchraste ihn, er brüllte auf.
»James!« kreischte Dina Blackwood.
»Dad!« schrie Colleen außer sich vor Entsetzen. Sie ließ das Kissen fallen und klammerte sich schluchzend an ihre Mutter.
Blut tränkte Blackwoods zerfetztes Hemd. Die linke Pranke zuckte auf seine Kehle zu, er fiel. Das Mädchen wurde vollends zum Tier und stürzte sich auf den schwerverletzten Mann.
***
Murray Blackwood trat auf die Bremse. Dr. Lipskis Fahrzeug blieb hinter dem Geländewagen stehen.
»Junge, Junge«, sagte der Arzt kopfschüttelnd. »Sie fahren wie der Teufel. Sie werden noch mal einen schweren Unfall bauen.«
»Normalerweise rase ich nicht so«, versicherte Murray Blackwood dem Arzt.
Boris Lipski holte seine Bereitschaftstasche aus dem Wagen.
»Das Unglück passierte dort drüben«, sagte Murray. »Ich wollte das Mädchen zu Ihnen bringen, doch Mutter sagte, sie wäre nicht transportfähig… Ist das eine Nacht…« Er erhob die Stimme. »Mutter! Dad! Colleen! Dr. Lipski ist da!«
Sie begaben sich ins Haus. Im Wohnzimmer sah es schrecklich aus, als hätte ein Orkan gewütet. Die Möbel standen nicht mehr an ihrem Platz, Tische und Stühle waren umgeworfen worden, dazwischen glitzerten Glassplitter.
»Um Himmels willen, was ist denn hier passiert?« fragte Murray blaß. Er rief seine Eltern und seine Schwester. Niemand antwortete. Das Haus schien leer zu sein.
Murray stolperte über einen Stuhl, wandte sich um und stellte ihn auf. »Dr. Lipski, ich weiß wirklich nicht…«
Murray drehte sich mehrmals konfus um die eigene Achse, stolperte durch den Raum, und auf einmal blieb er stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen.
»O nein!« würgte er hervor, dann schwang er herum, stürzte aus dem Haus und übergab sich.
Boris Lipski mußte sehen, was diese heftige Reaktion ausgelöst hatte. Er durchquerte den Raum und entdeckte eine riesige Blutlache, in der James Blackwood lag.
Dr. Lipski hatte in seinem Leben schon etliche Tote gesehen, doch keine Leiche war jemals so grauenvoll zugerichtet gewesen. Er brauchte einige Minuten, um sich zu fassen, dann breitete er eine Tischdecke über den Farmer und begab sich zu Murray, der
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