1363 - Hexen, Witwen und Assunga
noch mal. Was soll ich noch…«
Bei den letzten Worten hatte Margret Stone im Sprechrhythmus den Kopf geschüttelt. »Du kommst nicht mehr weg. Wir brauchen dich, denn du bist eine Witwe.«
»Ja, ja!«, schrie Lilian. »Das bin ich. Ich bin eine Witwe. Aber nur, weil du meinen Mann umgebracht hast!«
Ihre Gefühle explodierten. Sie schaffte es nicht mehr, sich im Zaum zu halten. Es war einfach zu viel für sie gewesen. Alles, was sich angestaut hatte, musste einfach raus.
Sie sprang in die Höhe. So kannte sich selbst nicht mehr. Sie wollte die verdammte Frau aus dem Weg räumen und bekam nicht mit, dass Margret Stone kurz ausholte.
Der heftige Schlag traf die linke Wange und die Halsseite der jungen Frau.
Lilian spürte den Schmerz, sie hatte auch das Klatschen gehört und merkte, dass sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte.
Sie sackte zusammen und kippte zugleich zurück. Mit der linken Hinterbacke prallte sie auf die Sessellehne, rutschte von ihr nach innen ab und hatte sehr bald den alten Platz wieder eingenommen.
Nur brannte die linke Gesichtshälfte, und die Schmerzen schienen nach innen geschleudert worden zu sein, denn sie durchzuckten ihren Kopf.
Tränen schimmerten in Lilians Augen. Wenn sie nach vorn schaute, sah sie alles verschwommen. Normal Atem schöpfen war nicht möglich, und so schnappte sie nach Luft.
»Merk dir eines, Lilian. Hier habe ich das Sagen. Hier wird gemacht, was ich will, und nicht umgekehrt. Du kommst nicht raus, denn du gehörst jetzt zu uns, ob du es willst oder nicht.«
»Ich habe keinem was getan.«
»Das brauchst du auch nicht. Wir haben dich trotzdem ausgesucht, und dabei bleibt es.«
Es hatte keinen Sinn mehr, wenn sie noch etwas sagte. Lilian rieb über ihre Wange, während sie ins Leere schaute. Sie spürte zugleich eine wahnsinnige Kälte, die sie durchströmte und stellte fest, dass es einzig und allein die Angst war, die sie festhielt.
Angst vor Margret Stone und natürlich auch Angst vor der Zukunft, von der sie nicht wusste, was sie bringen würde. Das wäre normal auch nicht der Fall gewesen, doch jetzt konnte sie nur negativ sein. Dies ließ sie fast verzweifeln.
Zum Glück wurde sie nicht mehr angesprochen. Dafür passierte etwas anderes. Im Nebenraum meldete sich das Telefon mit einem sehr schrillen Klang.
Margret Stone drehte kurz den Kopf, bevor sie wieder Lilian anschaute. »Du rührst dich nicht vom Fleck!«
Nach diesem Befehl ging sie zur Tür und war kurz darauf im Nebenzimmer verschwunden…
***
Ich merkte schon, dass es draußen wärmer geworden war und wir Frühling hatten, denn als ich in meinen Rover stieg, hatte sich der Wagen von innen aufgeheizt, sodass ich mich gezwungen sah, beide vorderen Seitenfensterscheiben nach unten fahren zu lassen. Der Durchzug tat gut und sorgte dafür dass ich nicht zu sehr schwitzte.
Die Nummer auf dem Handy war wichtig. Wichtiger als ein Anruf im Büro. Ich tippte sie ein und hatte dabei das Gefühl, mich auf dem richtigen Weg zu befinden und auch, dass jemand abheben würde.
Es dauerte etwas länger. Ich rechnete schon damit, die Stimme von einem Anrufbeantworter zu hören, als ich angenehm überrascht wurde, denn es meldete sich eine Frauenstimme.
»Bitte, wer spricht?«
Keine Sekunde dachte ich nach. Meinen Namen wollte ich auf keinen Fall preisgeben.
»Hallo, Judith!«, rief ich. »Wie schön, dass ich dich trotzdem noch erreiche. Ich weiß, dass du…«
»Hier gibt es keine Judith.«
»Oh.« Ich tat überrascht. »Nicht Judith O’Conner?«
»Nein.«
Natürlich wollte ich so viel wie möglich herausbekommen und fragte: »Sind sie eine Bekannte von Judith, die…«
»Auch nicht. Sie sind völlig falsch verbunden. Oder interessieren Sie sich für Kräuter?«
»Nein, das nicht.«
»Gut. Dann ist alles klar.«
Es wurde aufgelegt. Aber ich saß nicht wie ein begossener Pudel im warmen Durchzug, sondern war froh eine Information erhalten zu haben. Die Frau musste irgendetwas mit Kräutern zu tun haben.
Meine Gedanken purzelten durch den Kopf, und ich hatte sehr bald eine Lösung für mich gefunden.
Mit der Biowelle waren immer mehr Läden und Geschäfte in die Städte geschwemmt worden. Gesundes Essen hatte Hochkonjunktur, auch wenn es manchmal nicht danach aussah, aber man besann sich auch wieder auf alte Heilmittel, deren Rezepte in Büchern überliefert worden waren. Dazu gehörte auch die Kräuterkunde.
So gab es genügend Frauen, die sich mit diesem Gebiet beschäftigten und
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