1397 - Der Vampir und die Wölfe
den Besitz des Blutsteins.
Ich hatte noch vor kurzem mit dem Freund telefoniert. Da war Marek der Meinung gewesen, dass sich Dracula II noch in seiner Gegend aufhielt, um Rache zu nehmen.
Ich konnte nicht widersprechen, aber der Pfähler würde die Augen offen halten, das hatte er mir versprochen.
Ich dachte auch an Maxine Wells, die Tierärztin, und an Carlotta, ihren Schützling. Das Vogelmädchen war bei ihr in Dundee gut aufgehoben. Im vergangenen Jahr war es einige Male auch für sie knapp gewesen, ebenso wie für Karina Grischin, meine russische Freundin.
Dann gab es noch Father Ignatius, den Chef der Weißen Macht.
Von ihm hatte ich in der letzten Zeit nicht viel gehört, aber seine Organisation schlief nicht. Die Mitglieder hielten die Augen offen.
Da brauchte ich nur an den geheimnisvollen Tilo zu denken, der uns im Kampf gegen die Illuminaten unterstützt hatte.
Jetzt stellte ich mir die Frage, ob Father Ignatius sogar mehr über meinen verstorbenen Vater und dessen Vergangenheit wusste. Ausgeschlossen war es nicht.
Möglicherweise würde ich in diesem Jahr mehr darüber in Erfahrung bringen, ebenso wie über die Bibel des Baphomet, und dieser Gedanke brachte mich zu meinen Templer-Freunden nach Südfrankreich. Für sie war es auch ein schweres Jahr gewesen, denn sie hatten ihr halb zerstörtes Kloster wieder neu aufbauen müssen.
Durch die Hilfe des gefundenen Templergolds war ihnen das gelungen. So manches wertvolle Stück hatten sie an verschiedene Museen verkaufen können und den Aufbau damit finanziert.
Eigentlich ginges ihnen jetzt gut, denn es gab keinen Grusel-Star Vincent van Akkeren mehr, der die Herrschaft über die Templer hatte antreten wollen.
Jane trat auf mich zu, die mit mir anstieß. »Dann wollen wir hoffen, dass wir in diesem Jahr ebenso viel Glück haben wir im letzten. So könnte man es letztendlich bezeichnen.«
»Ja, wir haben überlebt.«
Jane lachte über den Rand des Glases hinweg. »Das wird auch weiterhin so sein.«
»Ich hoffe es.«
Sie stieß mich an. »He, denk mal optimistischer.«
»Ich versuche es ja.«
Jane wurde ernst. »Dein Vater, nicht?«
Ich nickte. »Genau. Er will mir nicht aus dem Kopf. Wie hat er Mutter und mich nur so täuschen können?«
»Er wollte auch eben nicht mit hineinziehen.«
»Wohinein denn?«
»Nun ja…« Jane schob die Unterlippe vor. »Er hat ja auch sein eigenes Leben gelebt. Er war ein Sinclair, und dieser Name hat nun mal eine gewisse Tradition.«
»Das kann ich alles verstehen, solange ich Kind gewesen bin. Aber das blieb ich nicht. Ich wurde erwachsen und bekam einen Job, der mehr Berufung ist. Da zumindest hätte er mit mir reden können, was er aber nicht getan hat.«
»Stimmt, John. Und ich sage dir, dass du auch nicht auf seiner Seite gestanden hättest.«
»Stimmt nicht generell. Das wäre von Fall zu Fall verschieden gewesen, glaub mir.«
»Ja, aber hätte er dir geglaubt?«
»Keine Ahnung.«
»Eben.«
Ich trank mein Glas leer. »Es kann sein, dass ich auch in der Zukunft Überraschungen erlebe, die mit meiner Familie und dem Namen zusammenhängen. Na ja, du bist ja dabei gewesen. Über meine Halbschwester brauche ich mir keine Gedanken zu machen.«
»Das will ich wohl meinen.«
»Und ich kann nur hoffen, dass mein Vater nicht noch mehr Kinder in die Welt gesetzt hat. Mir reicht völlig aus, was ich erleben musste.«
»Möglich ist aber leider alles, John.«
»Du sagst es.«
Die Zeit war vergangen, und allmählich erhielt der Himmel in der Umgebung wieder seine alte Farbe zurück. Letzte Raketen stiegen in die Höhe und verteilten ihre bunten Sträuße. Dann hatten auch wir keine Lust mehr, im Garten zu bleiben, denn es wurde schon empfindlich kühl.
Wir standen noch draußen, als im Wohnraum das Telefon anschlug.
»Ha, das wird John sein!«, rief Bill und meinte damit seinen Sohn.
Er lief schon mal vor. Wir alle sahen, dass er den Hörer abnahm, und wir alle schauten zu, wie er plötzlich zusammenzuckte, und selbst durch die Scheibe war zu erkennen, dass er verdammt blass geworden war…
***
Frantisek Marek wäre um kein Geld der Welt noch einen Schritt weitergegangen. Er blieb auf der Stelle stehen und feuerte.
Es war eine Beretta, deren Magazin zehn Schuss fasste, und er leerte es bis auf eine Kugel, wobei er eiskalt blieb und nur die Schusshand bewegte, nicht aber den Körper.
Es war eine wahnsinnige Idee, die er in die Tat umsetzte, und dabei spielte die Dicke oder eher die Dünne der
Weitere Kostenlose Bücher