1399 - Ich, der Henker
Justine?«
»Ich traue nur mir. So denkst du auch.«
»Ja, das stimmt. Nur musst du dich jetzt entscheiden. Wir können zu lange nicht mehr warten.«
»Leider.« Justine breitete sie Arme aus. »Ich habe über deinen Vorschlag nachgedacht und bin einverstanden. Hol mich hier raus, danach sehen wir weiter.«
Mallmanns Hände sanken an den Gitterstangen nach unten, was von einem leisen Quietschen begleitet war. »Ich will dich nochmals warnen. Solltest du wieder ein falsches Spiel treiben, wirst du es nicht überleben. Dann kann ich keine Rücksicht mehr nehmen.«
»Ich habe verstanden. Und jetzt hol mich hier raus!« Sie sagte es mit einem Lachen in der Stimme und deutete dabei auf das Gitter.
»Bist du stark genug, um es aufzubrechen?«
»Nein.«
»Auch ich habe es nicht geschafft«, erklärte Justine. »Obwohl ich alles eingesetzt habe.«
Mallmann gab ein leises Knurren von sich. »Soll das heißen, dass alles hinfällig ist?«
»Nicht unbedingt.«
»Dann rede!«
»Du musst auf die andere Seite kommen.«
Dracula II zögerte einen Moment. Er sah aus, als würde er Justine nicht trauen. Seine Augen hatten sich verengt, aber im Gesicht der blonden Bestie tat sich nichts. Es wies nichts darauf hin, dass sie ein falsches Spiel trieb.
»Und was soll ich dort?«
»Mich befreien.«
»Wie denn?«
»Dort gibt es eine Tür.«
»Und der Schlüssel?«
»Lieg in der Nähe. Jedoch unerreichbar für jemand, der sich im Käfig befindet.«
Mallmann war nicht überzeugt. Misstrauen kroch in ihm hoch, und er fragte: »So einfach soll das sein?«
»Ja, so leicht!«
Er schaute die blonde Bestie noch mal an, die sich sehr gelassen gab, aber auch darauf drängte, dass der Käfig endlich aufgeschlossen wurde. »Wenn Assunga zurückkehrt, könnte es zu spät sein.«
»Ich verstehe, schon klar.«
Mallmann setzte sich in Bewegung. Er schlich über den harten Boden hinweg und ließ Justine dabei nicht aus den Augen, weil er den Kopf dabei gedreht hatte.
So misstrauisch er auch war, er konnte kein Anzeichen dafür entdecken, dass sie ein falsches Spiel trieb, und so erreichte er unangefochten die Rückseite des Käfigs.
»Hier?«
»Ja.« Sie deutete gegen eine bestimmte Stelle, die tatsächlich ein Schloss aufwies.
Mallmann war zufrieden. Auch damit, dass sich die Hexen weiterhin am Feuer aufhielten und sich um nichts kümmerten. Das kam ihm zwar ungewöhnlich vor, aber er akzeptierte es und erkundigte sich nur noch nach dem Schlüssel.
»Den musst du suchen.«
»Wo?«
»Auf dem Boden.«
Lange musste er nicht suchen. Da lag tatsächlich etwas. Er sah es blinken.
»Siehst du ihn?«
»Ja.« Mallmann hob ihn auf.
Er dachte nicht weiter darüber nach und trat wieder auf die Gittertür zu. Noch schloss er nicht auf und hielt den Schlüssel in die Höhe. »Du weißt Bescheid, nicht?«
»Was meist du?«
»Dass ich dein Schicksal in meiner Hand halte. Ich hoffe, dass du dich an die Versprechen erinnerst, die du gegeben hast.«
»Die vergessen ich nicht.«
»Dann ist es gut.«
Mallmann schaute noch mal zum Feuer hinüber, so sich Assungas Bande aufhielt. Dort hatte sich so gut wie nichts verändert. Sie blieben da, sie warfen hin und wieder Holz in die Flammen und sahen einfach nur aus wie Statisten oder Staffage, wobei sie sich um nichts weiter kümmerten.
Mallmann hielt den Schlüssel eingeklemmt zwischen zwei Fingern. Er konzentrierte sich auf das Schloss und schaute nicht zu Justine Cavallo hin. Deshalb entging ihm auch ihr lauernder und zugleich wissender Blick.
Der Schlüssel passte.
Mallmann machte es spannend. Er sprach Justine an, ohne sie anzuschauen. »Es ist bald so weit. Dann kannst du vor mir auf die Knie sinken und mir danken.«
Mallmann drehte den Schlüssel im Schloss. Es klappte nicht sofort, weil der Schlüssel etwas hakte, doch dann war die Tür offen.
Der Ausgang war so breit, dass jeder normal gewachsene Mensch ihn passieren konnte.
Das galt auch die Justine.
Dracula II hob den Kopf an. Er grinste ihr dabei scharf zu. »Du kannst kommen, Justine…«
***
Genau auf diesen Moment hatte die blonde Bestie sehnsüchtig gewartet. Der große Plan, an dem auch sie mitgewirkt hatte, stand dicht vor seiner Erfüllung.
Sie hatte die Aufforderung gehört, wartete noch ab, als müsste sie sich noch mal alles durch den Kopf gehen lassen. Erst dann gab sie sich den nötigen Ruck und setzte sich in Bewegung.
Es wurde kein Wort gesprochen. Mallmann stand wie eine Statue.
Das D auf seiner Stirn
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