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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stunde, dann sank einer nach dem anderen um, und die Komödie war zu Ende. Ihre Wirkung auf mich war eine derartige, daß ich sie nicht wieder zu sehen wünschte; die anderen Zuschauer aber, welche durchgängig den niederen Ständen angehörten, gingen höchst befriedigt von dannen.
    Isla blickte mich an und sagte: „Wie gefiel es dir, Effendi?“
    „Mir ist beinahe übel geworden“, antwortete ich aufrichtig.
    „Du hast recht. Ich weiß nicht, ob der Prophet solche Übungen geboten hat; doch weiß ich ebensowenig, ob überhaupt seine ganze Lehre gut ist für das Land und das Volk der Osmanen.“
    „Das sagst du, ein Moslem?“
    „Effendi“, flüsterte er, „Senitza, mein Weib, ist ja eine Christin!“
    Damit hatte er mir indirekt gestanden, was er nicht offen in Worte kleiden wollte. Ein braves Weib ist als die ‚Seele des Hauses‘ eine erfolgreiche Trägerin der Kultur und des wahren Gottesbewußtseins.
    Als wir über den Hof nach dem Ausgang schritten, fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich blieb stehen und kehrte mich um: ein junger Mann, der mir eiligst nachgesprungen war, stand vor mir, und ich erkannte ihn sofort.
    „Omar Ben Sadek! Ist es möglich, dich hier zu sehen?“
    „Preis sei Gott, daß er mir die Freude sendet, die Sonne deines Angesichtes zu schauen! Meine Seele hat sich nach dir gesehnt viele hundert Male, seit ich so schnell von dir scheiden mußte.“
    Es war Omar, der Sohn jenes Sadek, welcher mich und Halef über den Schott Dscherid geführt hatte, und dabei von Abu en Nassr erschossen worden war.
    „Wie kommst du nach Stambul, und was tust du hier?“ fragte ich ihn.
    „Siehst du nicht, daß ich Hammal bin? Laß uns in ein Kaffeehaus treten, Sihdi, wo ich dir alles erzählen werde!“
    Isla Ben Maflei hatte unser tunesisches Abenteuer bereits damals in Ägypten gehört und kannte also schon den Namen Omars; er freute sich, den jungen Mann zu sehen, und ging gern mit uns in das erste beste Kaffeehaus.
    Hier erfuhr ich, daß das Reitkamel, welches damals der Wekil von Kbilli so verräterisch an Abu en Nassr überlassen hatte, demjenigen, das Omar von seinen Freunden erhielt, überlegen gewesen war. Gleichwohl aber hatte er ihn bis Derna nicht aus den Augen verloren; dort aber hatte sich sein Kamel erst erholen müssen, und als er dann auf der Spur des Verfolgten nach Bomba kam, war es diesem bereits gelungen, sich einer Eilkarawane nach Siwah anzuschließen. Omar mußte bis zur nächsten Gelegenheit warten und überdies sein Kamel gegen ein schlechteres vertauschen, um durch das Sümmchen, das er herausbekam, sein Leben fristen zu können. Erst drei Wochen später hatte er sich einem Zug angeschlossen, welcher durch die nördliche Wüste Barka und durch das Wadi Dschegabib nach der Oase Siwah ging. Dort angekommen, hatte er erst nach langem und vielem Suchen und Fragen erfahren, daß Abu en Nassr über Omm Soghir und Mogarrah nach dem Birket (See) el Kherum gegangen sei. Als Omar diesen See erreichte, war all sein Nachforschen vergebens gewesen, und er hatte daraus geschlossen, daß Abu en Nassr einen anderen Weg eingeschlagen habe und auf einer der südlicheren Karawanenstraßen vielleicht nach El Wah, Farafer oder Daket gegangen sei. Infolgedessen suchte er diese drei Oasen auf und konnte nichts erfahren; erst in Tafah, wohin er sich nun begab, erriet er aus einigen Andeutungen, welche ihm gemacht wurden, daß der Gesuchte unter einem anderen Namen auf einem Nilschiff stromabwärts gefahren sei. Er suchte nun alle Städte und Dörfer an den Ufern des Nils ab und kam ganz zerrissen und erschöpft in Kairo an.
    Dort endlich war es ihm ganz unerwartet geglückt, Abu en Nassr am Platz Mehemed Alis zu erblicken. Er hatte ihn durch den ganzen Boulevard Mehemed Alis bis zur Esbekieh verfolgt, ihn aber dann aus den Augen verloren. Nun war er Tag und Nacht ruhelos in der Stadt herumgestrichen, und es war ihm doch endlich gelungen, Abu en Nassr im Hafen von Bulak wieder zu sehen, doch grad in dem Augenblick, als dieser ein nordwärts fahrendes Schiff betrat, um die Stadt zu verlassen; er selbst war von dem Raïs zurückgewiesen worden, weil er kein Geld hatte, die Passage zu bezahlen, und man ihn auch nicht gegen Schiffsarbeit mitnehmen wollte.
    Brennend vor Zorn und Rache, hatte er zusehen müssen, daß ihm der Todfeind abermals entging; doch ein arabischer Scheik, dem er seine Lage erzählte, hatte ihm ein Pferd geschenkt, um auf dem Landweg dem Schiff folgen zu können. So war

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