1400 - Die Templerbraut
Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen.
Irgendwann kam sie wieder zu sich und schaute sich um. Im Hotel hatte es keine Veränderung gegeben. Sie glaubte auch nicht daran, dass jemand bemerkt hatte, wie sehr sie litt. Die wenigen Gäste in der Bar waren mit sich selbst beschäftigt.
Was Sophia vorhin noch als gemütlich angesehen hatte, das hatte sich jetzt verändert. Die Bar war zu einem Gefängnis geworden, zu einem regelrechten Knast, dessen Inhalt den Namen Angst besaß.
Sie zitterte und wusste, dass sie sich in den nächsten Minuten entscheiden musste.
Wie sollte es weitergehen?
Hier nicht. Hier auf keinen Fall. Sie musste etwas unternehmen, und da gab es für sie nur eine Möglichkeit. Weg, verschwinden.
Raus aus dem Knast. Sich in den Wagen setzen und fliehen. Ein neues Ziel wartete auf sie, und wenn sie richtig darüber nachdachte, war es bis Alet-les-Bains gar nicht mal so weit. Dort konnte sie möglicherweise Schutz finden.
Nein, nicht nur möglicherweise. Man musste ihn ihr gewähren.
Sie war etwas Besonderes.
Als sie zahlte, geschah dies recht hektisch. In der Hotelhalle sprach sie mit der Frau an der Rezeption, die sich nicht mal wunderte, dass der Gast wieder abreiste. Das Zimmer zahlte sie trotzdem, denn sie wollte sich nicht auf längere Verhandlungen wegen des Preises einlassen. Sie musste nur noch mal hoch und das Gepäck holen.
Als sie dann aus dem Hotel trat, atmete sie tief durch. Sie würde raus aus dem Licht gehen und durch die Dunkelheit zu ihrem Clio laufen. Keine besondere Sache. In ihrem Fall allerdings doch. Sie kam sich vor wie auf der Flucht, und so verhielt sie sich auch. Selbst als sie im Auto saß, ging es ihr nicht besser.
Für sie war der Parkplatz zu einer Falle geworden, aus der sie wegmusste. Sie hatte sich bereits zuvor über die Fahrtroute informiert. Deshalb wusste sie, dass sie auf die Autobahn musste, die sie nach Carcassonne bringen würde. Dort ging es dann in Richtung Süden, den Bergen zu, und da gelangte sie dann auf dem direkten Weg nach Alet-les-Bains.
Der Wagen war vollgetankt, und so würde sie keine Probleme haben, die Strecke zu schaffen, auch wenn sie ihr unbekannt war.
Bevor sie vom Parkplatz rollte, schaute sie sich um. Nichts erinnerte sie an die Verfolger. Es gab keine Veränderung, und so startete sie durch.
Das Licht der Scheinwerfer wies ihr den Weg. Sie musste die Umgehung westlich von Toulouse nehmen, fuhr dann auf die Autobahn, in deren Nähe sich der Fluss Garonne durch sein Bett wälzte.
Verfolger? Gab es sie?
Immer wieder schaute sie in die Spiegel. Es herrschte natürlich Verkehr. Aber die Lichter der zahlreichen Wagen sahen für sie alle irgendwie gleich aus. Ob jemand hinter ihr her war, ließ sich beim besten Willen nicht feststellen.
Irgendwann beruhigte sich ihr Inneres. Es ging ihr nervlich besser. Das ruhige Brummen des Motors, das Abrollgeräusch der Reifen, die Stille der Nacht, der hohe Himmel, die Weite dieser dunklen Welt, das alles kam ihr vor wie ein Traum. Die Nacht hatte auch ihre schönen Seiten, doch in Sophia überwog die Angst.
Der Clio war ein feines Auto, aber kein Rennwagen. Sie hielt sich an der rechten Seite und wurde entsprechend oft überholt. Bei Tageslicht hätte sie versucht, einen Blick in die sie überholenden Wagen zu werfen.
Das war ihr jetzt nicht möglich.
Müdigkeit verspürte sie keine. Auch wenn man sie jetzt in ein Bett gelegt hätte, sie hätte nicht schlafen können, und so ging die Reise weiter. Sophia konzentrierte sich einzig und allein auf die Straße. Sie sah die Ausfahrten, sie las die fremden Namen auf den Schildern.
Carcassone rückte näher. Da die Fahrbahn recht frei war, konnte sie Gas geben und kam schneller voran, als sie es sich vorgestellt hatte. Irgendwann gegen Mitternacht war es dann soweit. Die Abfahrt Carcassonne war erreicht.
Jetzt führte der Weg weiter über Limoux bis nach Alet-les-Bains.
Bisher war alles gut verlaufen. Trotzdem konnte sich die Frau darüber nicht freuen, denn die Autobahn hatte sie irgendwie beschützt.
Dort hatte auch um diese späte Zeit Verkehr geherrscht, nun aber saugte sie die Einsamkeit einer dunklen Landschaft auf.
Tief im Süden erhob sich die Gebirgskette der Pyrenäen, aber so weit brauchte sie nicht zu fahren. Es ging hinein in eine hügelige Landschaft und in die Einsamkeit.
Kurven schlängelten sich über Hügel oder führten durch flache Täler, und sie sah auch hin und wieder ferne Lichter. Dort grüßten kleinere Orte oder
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