1401 - Das Blutversprechen
wohl nicht sehr lange gewesen, denn als er sich in Bewegung setzte, da wehte noch das Echo seines Schreis durch die Luft.
Bei jedem Auftreten rechnete er damit, dass der Boden auch unter seinen Füßen nachgeben würde, aber er hatte Glück. Die Grasnarbe blieb hart genug, um ihn zu tragen, und erst als er an die offene Stelle geriet, wurde es weicher.
Godwin ließ sich auf die Knie fallen. Er sah vor sich das Loch im Boden, beugte sich ihm so weit wie möglich entgegen und schaute in die Tiefe.
Es war dunkel. Eine Höhle! Er hörte von unten keinen Laut, sodass seine Sorge um Sophia wuchs. Er fürchtete sich sogar davor, ihren Namen zu rufen, und musste zunächst einige Male nach Luft schnappen.
»Sophia…?«
Keine Antwort.
Godwin schloss die Augen. Seine Angst wuchs. Er stellte sich Schlimmes vor. Ein tiefer Fall, den seine Begleiterin nicht überstanden hatte. Möglicherweise lag sie mit gebrochenen Knochen auf dem Boden oder noch schlimmer mit gebrochenem Genick.
Der zweite Ruf. »Sophia…?«
»Jaaa…«
Die lang gezogene Antwort ließ ihn aufatmen. Auch die Stimme hatte sich nicht so angehört, als wäre Sophia etwas passiert, und die nächste Frage kam ihm selbst dämlich vor, aber er musste sie einfach stellen.
»Wie geht es dir?«
»Eigentlich nicht schlecht. Bis auf die Tatsache, dass es hier recht dunkel ist.«
»Du bist nicht verletzt?«
»Nein.«
»Du kannst auch gehen?«
»Wenn ich es dir sage.«
»Und wie tief bist du gefallen?«
»Ich bin nicht gefallen, ich bin gerutscht, aber ich kann dir versprechen, dass wir hier richtig sind.«
»Wie meinst du das?«
»Es ist der Platz für unsere Hochzeit, Godwin. Ja, ich habe ihn gefunden.«
Der Templer sagte nichts. In diesem Augenblick war es ihm einfach nicht möglich, zu sprechen. Er hatte die Hochzeit in den letzten Minuten aus seinen Gedanken verbannt, und nun musste er erkennen, dass es bei Sophia nicht der Fall gewesen war. Für sie war es unheimlich wichtig, und sie glaubte sogar, dass sie den richtigen Ort gefunden hatte, an dem dieses Fest stattfinden sollte.
In einer Höhle…
Der Templer konnte es nicht fassen. Er hatte in seinem Leben schon zahlreiche Überraschungen erlebt, doch was er hier zu hören bekam und auch erleben musste, setzte allem die Krone auf.
»He, bist du noch da?«
»Ja.«
»Dann komm bitte.«
Er räusperte sich. »Ich – ähm – soll nach unten springen?«
»Nein, nicht springen. Du kannst rutschen. Da gibt es so etwas wie eine Treppe.«
»Okay, ich versuche es.«
Godwin gehörte zwar nicht zu den Rauchern, doch ein Feuerzeug trug er immer bei sich. Um wenigstens etwas Licht zu haben, ließ er die kleine Flamme aufleuchten und streckte seinen Arm tiefer in das Loch hinein. Der Wind bewegte die Flamme zwar, aber er löschte sie nicht, und so war es ihm möglich, etwas mehr zu erkennen.
Ja, Sophia hatte sich nicht geirrt. Es gab so etwas wie eine Treppe oder Rutsche. Eine schiefe Ebene mit verschiedenen Abstufungen, die tatsächlich breiten Treppenstufen glichen. Der Weg führte ziemlich steil nach unten, und so konnte man wirklich das Gefühl haben, in die Tiefe zu fallen. Es war nicht leicht, sich zu halten, das musste auch der Templer feststellen, der sich falsch abstemmte. Dabei gab der Rand des Loches nach, sodass er einsackte.
Aber es klappte. Er fiel nicht wie seine Braut. Er konnte sich halten und bewegte sich rückwärts liegend auf Händen und Füßen tiefer in die Dunkelheit hinein.
Von unten her vernahm er Sophias Stimme. »Ja, mach weiter, du bist gut.«
Es wurde dunkel. Es wurde glatt, weil es plötzlich Steine gab, und dann verlor der Templer den Halt. Für einen Moment dachte er daran, tief zu fallen, aber der erste Schreck verlor sich, denn er hatte die Schräge bereits hinter sich gebracht.
Er hatte sogar das Glück, die Beine noch vorstrecken zu können, und so landete er auf seinen Füßen und wurde zusätzlich von seiner Braut gehalten.
»Das war’s, Godwin.«
»Danke.«
Er ging etwas zur Seite und schaute den Weg zurück. Er sah auch das Loch, und es kam ihm ziemlich weit entfernt vor. Wenn er diese Strecke gefallen wäre, dann hätte er sich schon etwas brechen können, so aber war alles glatt verlaufen.
Sophia lehnte sich gegen ihn. Er spürte die Wärme ihres Körpers, spürte auch das leichte Zittern mit und hörte die leise Stimme.
»Ich bin so froh, dass du bei mir bist.«
»Und ich freue mich, dass uns nichts passiert ist. Wobei ich noch immer darüber
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