1404 - Der Weg in die Hölle
wie sie davon sprach, dass der Berg in früherer Zeit mal so etwas wie der Weg in die Hölle gewesen sein muss, denn auf ihm haben gewisse Menschen schlimme Feiern abgehalten.«
»Schwarze Messen?«
Karl Eberle hob die Schultern. »Das kann ich nicht genau sagen. Ich weiß nicht, ob es damals schon diesen Begriff gab. Aber für unmöglich halte ich nichts.«
»Und wenn es so gewesen ist«, sagte ich, »können Sie sich vorstellen, wer es tat?«
»Nein… oder doch. Menschen, die damals hier gelebt haben und den Teufel anbeteten. Der Überlieferung nach sollen sie auf dem Berg ihre Feuer angezündet haben. Sie sind dann in sie hineingelaufen, ohne richtig zu verbrennen. Sie wollten es einfach. Sie wollen sich dem Teufel hingeben. Sie wollten zeigen, dass sie so sind wie er.«
»So etwas kann es geben«, sagte ich. »Und was ist dann mit Vera Monössy geschehen?«
»Sie wollte es ändern. Sie wollte genau das löschen, was noch nicht gelöscht worden ist.«
»Was aber nichts mit dem Feuer zu tun hatte?«
»Nein, mit dem alten Fluch oder diesen bösen Taten. Das war der eigentliche Grund.« Er hob die Schultern. »Sie war davon überzeugt, dass es hier lauert, aber es hat ihr niemand geglaubt. Wahrscheinlich wollten es die Menschen auch nicht. Ich weiß es selbst nicht mehr so genau, es ist lange her. Nicht alle Bewohner hier wollen oder können sich noch erinnern. Man breitet über gewisse Dinge eben gern den Mantel des Schweigens, aber der ist jetzt zerrissen worden, und ich glaube nicht an einen Zufall, der Sie hergeführt hat.«
»Ich auch nicht«, gab ich zu. »Aber bleiben wir bei damals. Wie ist das genau gewesen?«
»Man wollte ihr nicht glauben.«
»Was war mit Ihnen?«
Eberle schaute Glenda da, die ihn gefragt hatte. »Ja, ich gebe zu, dass auch ich meine Probleme damit hatte. Aber ich habe mich nicht so stark dagegen gestellt. Sie hatte ja das Kreuz, und damit wollten sie den Spuk vertreiben.«
»Sie hat es nicht geschafft«, sagte Glenda. »War das Kreuz vielleicht nicht stark genug.«
»Oho, das können Sie nicht sagen. Es lag einzig und allein an der Unterstützung, die sie leider nicht bekommen hat. Ja, das muss man so sehen. Die Menschen hier wollten es nicht. Sie gaben nicht den schlimmen Vorgängen in der Vergangenheit die Schuld, sondern Vera Monössy, die Zigeunerin.« Eberle lachte auf. »Ich denke, dass ich Ihnen nicht viel darüber sagen muss. Sie wissen selbst, wie wenig Ansehen Zigeuner genossen. Man hat sie aus den Städten und Dörfern gejagt. Wenn irgendetwas Ungewöhnliches passierte, und Zigeuner hielten sich im Ort auf, dann schob man doch Ihnen alles in die Schuhe. Das kennt man ja, und so ist es auch hier gewesen. Man hat sie einfach nicht ernst genommen.«
»Auch Sie nicht?«
»Tja, Herr Sinclair, das war damals ein Problem für mich. Ich war ein junger Mann, und ich hatte auch meine Vorurteile, aber in dem bestimmten Fall dachte ich anders. Ich schäme mich heute dafür, dass ich Vera Monössy nicht stark genug verteidigt habe, aber sie alle standen praktisch gegen mich. Dagegen konnte ich mich so richtig wehren. Ich bin damals ziemlich beschimpft worden, und ich habe leider einen Rückzieher gemacht. Dafür muss ich mich heute entschuldigen.«
»Können Sie sich denn an Einzelheiten erinnern?«, erkundigte ich mich.
»Wie meinen Sie das?«
»Ganz einfach. Hat es Vera Monössy überhaupt geschafft, ihr Ziel zu erreichen?«
»Hm. Meinen Sie den Berg?«
»Zum Beispiel. Dort hat sie ja gegen den höllischen Feind ankämpfen müssen.«
Er überlegte und meinte nach einer Weile: »Nun ja, sie hat es wohl nicht geschafft. Sie war aber auf der Kuppe und wollte den – ich sage mal: Gegenzauber – beginnen. Da sind dann die anderen erschienen und haben alles zunichte gemacht.«
»Sie meinen die Dorfbewohner?«
»Genau die.«
»Was taten Sie?«
Karl Eberle legte den Kopf zurück und lachte gegen die Decke. »Es war eine schlimme Zeit. Noch heute wundert es mich, dass man Vera Monössy nicht getötet hat. Wenn Menschen auch oft verschiedener Meinung sein mögen, hier waren sie sich einig: Vera Monössy durfte ihren Gegenzauber nicht durchführen. Man hat sie vertrieben. Man hat sie geschlagen. Sie wurde auf der anderen Seite des Bergs verscheucht, und man ist nicht eben zart mit ihr umgegangen. Danach hat man hier nichts mehr von ihr gehört.«
»Aber man kannte das Kreuz, das ich jetzt habe.«
»Ja, das kannte man. Man kennt es noch heute. Zumindest die älteren
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