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1408 - Der Totenholer

1408 - Der Totenholer

Titel: 1408 - Der Totenholer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mündete. Das Licht kam von links. Dort mussten wir hin.
    Eine Stimme.
    Sie flüsterte. Manchmal kicherte sie auch. Aber sie sprach so leise, dass wir kein Wort verstehen konnten. Erst als wir auf der letzten Stufe standen, waren einige der Wortfragmente zu verstehen.
    »Alles werden ich tun… Ihr seid meine Freunde, meine einzigen Freunde … Ich mag euch alle, und ich weiß, dass ihr bald wieder leben werdet … Ich habe euch schon für das neue Leben vorbereitet … Dann gehen wir nach draußen spazieren, und wer euch zu nahe kommt, den werde ich mit meiner Krallenhand vernichten!«
    Der Sprecher hatte seine Stimme in den letzten Sekunden gesteigert, sodass wir ihn jetzt besser hörten.
    Suko deutete ein Kopfschütteln an. »John, der ist wahnsinnig. Ehrlich, der ist nicht mehr bei klarem Verstand.«
    »Das glaube ich auch.«
    »Der spricht mit den Toten. Das ist verrückt, total plemplem!«
    Wir hatten ihn noch nicht gesehen und nur gehört. Das wollten wir ändern. Hier am Ende der Treppe mussten wir uns nach links wenden, den Kopf drehen und um die Ecke schauen. Suko ließ mir den Vortritt, und so warf ich einen ersten Blick hinein in diesen unbekannten Bereich des Kellers.
    Ich hatte mir keine Gedanken gemacht und mir auch nichts vorgestellt. Doch was ich jetzt sah, ließe mich schon zusammenzucken.
    Ich nahm den Kopf nicht zur Seite, weil ich nicht gesehen werden konnte, denn Silas Manson drehte mit den Rücken zu und war zudem beschäftigt.
    Sekunden später hörte ich Sukos geflüsterte Frage. »Was hast du sehen, John?«
    Ich musste zunächst mal schlucken. Hätte ich in einen Spiegel geschaut, so hätte ich bestimmt mein sehr bleiches Gesicht gesehen.
    »Es ist nicht zu fassen.«
    »Soll ich…«
    »Nein, Suko.« Ich hielt meinen Freund am Arm fest. »Wir werden jetzt gemeinsam zu ihm gehen.«
    »Kann er uns sehen?«
    »Er ist zu beschäftigt.«
    »Gut.«
    Ich riss mich zusammen, als wir um die Ecke bogen und auf den Kellerraum zugingen, in dem Silas Manson saß…
    ***
    Der Mann mit den hellblonden Haaren hockte auf dem Kellerboden.
    Er bildete damit so etwas wie einen Mittelpunkt, denn er hatte seine ›Freunde‹ um sich herum drapiert.
    Vier Leichen lag dort auf dem Rücken. Sie verteilten sich in die vier Himmelsrichtungen, und jetzt sahen wir auch die Lampen, die ihr Licht abgaben.
    Sie hingen nicht an der Decke, sondern waren altmodische Laternen, die an verschiedenen Stellen auf kleinen Hockern standen, und in den Laternen brannten die Kerzen. Da sie von keinem Windhauch bewegt wurden, gab es auch kein Flackerlicht.
    Für die Toten hatte ich noch keinen Blick. Ich wollte mir erst Silas Manson anschauen, der in der Mitte saß und flüsternd mit seinen Freunden sprach.
    Sein Haar war so hell, dass es schon wie gefärbt aussah. Zudem wuchs es recht lang, sodass die Spitzen bereits die Schultern berührten. Er trug noch immer seine dunkle Kleidung, und wir konnten ihn nur im Profil sehen, aber es fiel uns auf, dass sein Gesicht sehr bleich war. Das passte wiederum zu seinem hellen Haar. Möglicherweise war er ein Albino.
    Für die Umgebung hatte er keinen Blick. Er war nur mit sich selbst und den Leichen beschäftigt. Dabei befanden sich seine Hände in einer permanenten Bewegung. Sie strichen kreisförmig über die am Boden liegenden Toten hinweg, als wollte er den starren Körpern seinen speziellen Segen geben. Dabei sprach er auch. Er erklärte ihnen, dass sie seine besten Freunde wären und er sie auf keinen Fall im Stich lassen wollte.
    Hände? Normale Hände!
    Ja, das sahen wir tatsächlich. Die verdammten Messerfinger gab es nicht mehr, und genau das wunderte mich.
    »Wo sind sie?«, fragte ich.
    Suko musst leise lachen. »Genau das habe ich mich auch gefragt. Wo ist die Klaue?«
    »Er hat sie abgelegt.«
    »Gut, dann haben wir weniger Probleme, wenn wir ihn festnehmen.«
    Suko hatte den Satz so locker dahingesagt, aber mir sah das alles schlichtweg zu einfach aus. Wir konnten hingehen, ihn verhaften, mitnehmen, und er würde sicherlich in eine Anstalt gesteckt werden.
    War es das wirklich?
    »Du bist nicht überzeugt, John – oder?«
    »Genau das ist es.«
    »Ich denke ebenso.«
    Als einen harmlosen Irren wollte ich den ehemaligen Küster zwar nicht ansehen, aber war er wirklich der Mann mit der mörderischen Säbelkralle, der sich auch die Toten holte?
    Da wir es nicht wussten, sollte er uns selbst die entsprechende Antwort geben.
    Die Toten hatte er sich in den Keller geholt und sie auch

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