1425 - Medusas Vermächtnis
Geschäfte getätigt wurden. Aber es gab nicht nur teure Kunstwerke. Auch für den kleineren Geldbeutel war etwas dabei. Drucke und Grafiken, die in Ständern lagerten und auf Käufer warteten.
Ich musste mich nach links wenden und dann nur noch ein paar Schritte geradeaus gehen, um das Ziel zu erreichen.
Ich ging um die Ecke – und blieb stehen, als ich beinahe mit einer Person zusammenstieß.
Ich hörte ein Lachen und schaute auf, als eine Frauenstimme sagte:
»Wenn das kein Zufall ist.«
Vor mir stand die Malerin mit den blonden Haaren und dem Schlangentick.
»Sie?«
Sie lachte wieder. »Klar, ich hatte Ihnen doch erzählt, dass ich mich auf der Messe ein wenig umsehen will. Wo doch auch meine neusten Bilder ausgestellt werden.«
»Ich war gerade auf dem Weg zur Galerie Schultz.«
»Da haben Sie es nicht mehr weit.«
»Das weiß ich. Und Sie?«
Die Künstlerin hob die Schultern und blickte sich dabei um. Dann zog sie ihre Nase kraus. »Ich muss leider an der Eröffnung teilnehmen. Sie wissen schon, da gibt es die bekannten Reden. Man spricht in Superlativen und lobt sich selbst. Das ist nichts für mich. Aber ich muss bleiben. Für mich ist eine Veranstaltung wie diese hier Dienst.«
»Klar, Sie möchten ja Ihre Bilder verkaufen. Auch ein Künstler ernährt sich nicht nur von Wasser und Brot.«
»Sie haben es erfasst. Allerdings nicht mehr, wenn man etabliert ist.«
»Dann gibt es also Sammler oder Käufer, die sich für Ihre Kunst interessieren?«
»Ja, die gibt es.«
»Kennen Sie die Menschen?«
Sie hob die Schultern und spielte dabei mit ihrer Halskette. »Bisher noch nicht, aber es könnte doch sein, dass ein potenzieller Käufer schon vor mir steht.«
Ich hob erschrocken die Hände. »Nein, nein, mir fehlen leider die Mittel. Ich denke, dass Ihre Bilder nicht gerade preiswert sind.«
»In der Kunst sieht man das unterschiedlich. Da kommt es viel auf das Gefallen an. Manchmal ist es zwischen einem Käufer und einem Bild Liebe auf den ersten Blick. Vielleicht haben meine Bilder ja in den nächsten Tagen das Glück.«
»Ich wünsche es Ihnen.«
»Danke.« Der Blick ihrer grünen, klaren Augen traf mich. Ich wich nicht aus, aber ich glaubte, in ihm eine gewisse Kälte und auch Misstrauen zu sehen. »Eines wundert mich schon, John – so heißen Sie doch, oder?«
»Ja. Und was wundert Sie?«
»Dass ich Sie heute hier treffe, obwohl dieser Tag nur einem gewissen Publikum vorbehalten ist. Davon haben Sie mir an der Hotelbar nichts gesagt.«
»Ja, ich weiß.«
»Und warum sind Sie…«
»Pardon, wenn ich Sie unterbreche, Cornelia. Die Sache ist ganz einfach. Ich bin gewissermaßen dienstlich hier, denn ich gehöre zu den Kontrolleuren von Art Loss. Wir schauen uns vor der offiziellen Eröffnung noch mal um, ob hier auch alles mit rechten Dingen zugeht. Das ist immer so.«
Sie nickte sehr bedächtig. »Ja, das stimmt. Davon habe ich gehört. Das ist wirklich interessant. Ich bin ja froh, dass es Menschen wie Sie gibt, ehrlich.«
»Danke.«
Das Misstrauen in ihren Augen verschwand trotzdem nicht. »Nun ja, ich hätte gern noch ein Glas mit Ihnen getrunken, aber ich muss zu dieser Eröffnung.«
»Wo findet sie denn statt?«
»In einem kleinen Saal.« Sie deutete auch in die Richtung. »Noch ist alles easy. Da sind die Leute entspannt.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Okay, dann trinken wir das Glas eben später zusammen, wenn alles hier vorbei ist.«
»Dagegen habe ich nichts. Wir werden uns bestimmt wieder über den Weg laufen.«
»Das hoffe ich doch.«
Sie winkte mir noch einmal zu und rauschte davon. Nachdenklich blickte ich ihr hinterher. Für mich war sie schon eine recht rätselhafte Frau. Nicht nur von ihrem Verhalten her, sondern auch, was die Motive ihrer Kunst anging. Man konnte sie als sehr ungewöhnlich bezeichnen. Schlangen, die als Stillleben Aufmerksamkeit erregten, das war schon etwas Besonderes, aber auch etwas, an das man sich stark gewöhnen musste.
Ich setzte meinen Weg fort. Es waren wirklich nur ein paar Meter bis zum Ziel. Der Stand lag an der linken Seite. Galerie Michael Schultz las ich. Der Mann kam aus Berlin, und ich sah, als ich den Stand betrat, zwei unterschiedliche Männertypen beisammen.
Der eine war groß und recht kräftig, ohne dick zu wirken. Er strahlte eine gewisse Vitalität aus, und wer ihn anschaute, konnte direkt Vertrauen aufbauen. Allerdings machte er auf mich auch einen leicht nervösen oder sogar unsicheren Eindruck. Er hatte die
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