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1446 - Der Eis-Schamane

1446 - Der Eis-Schamane

Titel: 1446 - Der Eis-Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Maxine dort abfangen, wenn sie nach Hause kam.
    Deshalb lief Carlotta zur Haustür. Ein schmales, vergittertes Fenster befand sich in deren Nähe.
    Weiß war die Fläche vor dem Haus. Wie ein riesiges Totenhemd, durch das sich ein breiter Streifen zog, der vom Schnee befreit war.
    Es war der Weg oder die Zufahrt zum Haus. Carlotta hatte zwei Helfer engagiert, die die weißen Massen zur Seite geschaufelt hatten.
    Auf der Rasenfläche vor dem Haus war nichts zu sehen, was Carlotta jedoch kaum beruhigen konnte. Es gab noch andere Möglichkeiten, um sich zu verstecken. Da brauchte sie nur an das Hausdach zu denken.
    Sie wartete nicht länger ab, sondern lief in ihr Zimmer, von dem aus sie die Rückseite überblicken konnte. Hier im Garten hatte sich der Besucher aufgehalten. Jetzt war die Fläche leer, was Carlotta einigermaßen beruhigte.
    Warten. Das tat sie in ihrem Zimmer. Carlotta war sehr nervös. Sie hockte auf einem Kissen. Sie hatte sich nicht getraut, das Licht einzuschalten.
    Anrufen oder nicht?
    Das war jetzt ihr größtes Problem. Hätte Maxine John Sinclair nur vom Flughafen abgeholt, hätten sie längst bei ihr sein müssen. Aber Carlotta wusste, dass ihre Ziehmutter keine Zeit verlieren und sich zusammen mit John den Ort des ersten Geschehens noch mal anschauen wollte. So etwas kostete Zeit. Es würde noch eine Weile dauern, bis sie hier eintrafen.
    Zu lange?
    Niemand war da, der ihr eine Antwort geben konnte.
    Das Handy lag griffbereit auf der kleinen Kommode. Ein letzter Blick zum Fenster, es war alles okay, und dann setzte sie sich mit Maxine in Verbindung…
    ***
    Wäre die Eisfläche nicht zu einem zerrissenen Puzzle geworden, wäre das, was wir als Zeugen sahen, niemals eingetreten. So aber hatte sich etwas vom Grund des zugefrorenen Sees aus freie Bahn verschaffen können.
    Etwas schlug hervor!
    Man konnte an die langen Körper von Riesenschlangen denken, aber diese Tiere waren es nicht, auch wenn sie so aussahen. Der Begriff Tentakel gefiel mir da schon besser, obwohl bestimmte kein Krake im Wasser lauerte.
    Aber es gab noch einen Begriff.
    Pflanzen, Lianen. Vielleicht auch lange, biegsame Äste, in die plötzlich Leben gekommen war und die sich so verhielten, als würden sie bestimmten Befehlen gehorchen.
    Maxine hielt meinen Arm umklammert. Sie schien auch zu sprechen, nur hörte ich nichts, denn es drang nicht mal ein Flüstern aus ihrem Mund.
    Die langen Pflanzenstängel zuckten an den verschiedensten Stellen des Sees hervor. Drei, vier, nein fünf dieser Pflanzenschlangen waren aus den Tiefen des Sees nach oben gestiegen. Sie drehten sich, sie tanzten durch die Luft, aber sie räumten auch ab, wenn sie nieder fielen und über das Eis glitten.
    Dort lagen noch einige tote Tiere, denn nicht alle Kadaver waren von der Eisfläche ins Wasser gerutscht. Es lagen noch genügend da, die eine Beute für die Tentakel wurden.
    Sie räumten wirklich ab. Sie holten sich die toten Vögel, die Rehe, die Füchse und Wildschweine. Kein Kadaver wurde vergessen.
    Ich verfolgte das Geschehen mit gebannten Blicken. Es hatte etwas Urwelthaftes an sich, denn hier geschah etwas, das nicht in die moderne Zeit passte. In der Tiefe war etwas Uraltes erwacht, das vielleicht vor Tausenden von Jahren mal hier gestanden hatte und von den Veränderungen des Geländes zermalmt und in die Tiefe gerissen worden war.
    Aber es lebte noch.
    Es bestand aus zahlreichen Armen, die aussahen wie graugrüne und glänzende Taue. Manche waren kürzer, andere wiederum länger, die dann die letzten Reste wegräumten. Dabei zersplitterte die Eisschicht immer weiter.
    Durch den Vorgang waren Wellen entstanden, die ans Ufer schwappten, und wir sahen, dass es eine trübe Brühe war.
    Die Fläche war fast freigeräumt. Nur noch zwei Kadaver lagen in der Nähe des anderen Ufers. Auch die wurden geholt, denn es erschien eine überlange Liane, die sich, als sie das Wasser verlassen hatte, für einen Moment in die Höhe schob, dann wieder nach unten sank und mit einer weit ausholenden Bewegung über die schaukelnden Eisplatten glitt.
    Sie erreichten die beiden letzten Kadaver. Da lag ein toter Fuchs neben einem Wildschwein. Beide wurden erfasst, rutschten schnell über eine Kante und verschwanden im kalten Wasser.
    Maxine Wells atmete heftig. Dabei schüttelte sie den Kopf und sprach das aus, was wir sahen.
    »Es ist leer, verdammt. Das Eis ist leer.« Sie lachte schrill und stöhnte dann. »Ja, leer«, murmelte ich. »Aber wer hat die Kadaver

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