1446 - Der Eis-Schamane
aus, der sowohl von einem Menschen als auch von einem Vogel hätte stammen können.
Carlotta hatte sich nur ein Ziel gesetzt. Sie wollte die Bestie abfangen, bevor sie den Förster erreichte, der es noch nicht geschafft hatte, in seinen rettenden Wagen zu klettern.
Er würde es auch nicht, denn der Vogelmann war schneller. Und Carlotta rannte über den geräumten Weg im rechten Winkel auf den Angreifer zu.
Der schwang seine Beine vor und trat Mike Todd wuchtig in den Rücken. Diesen Aufprall konnte der Förster nicht abfangen. Er wurde nach vorn gestoßen, sackte in die Knie und verlor dabei die Orientierung. Er kippt nach vorn und prallte mit dem Kinn auf die Trittbrettkante.
Der Angreifer flog bereits auf den Förster zu, und Carlotta entnahm seiner Haltung, dass der nächste Schnabelhieb den Nacken des Mannes treffen sollte, was wahrscheinlich den sofortigen Tod des Försters bedeuten würde.
Carlotta war schneller. Aber nur, weil sie nicht mehr lief und genau im richtigen Moment abgesprungen war.
Sie prallte gegen den Körper des Vogelmannes.
Der hatte nicht damit gerechnet. Im Flug wurde er zur Seite gestoßen und landete auf der Seite, wo er nicht lange liegen blieb, sondern sich herumwarf und auf dem Rücken zu liegen kam. Für den Bruchteil einer Sekunde starrte Carlotta in das hässliche Gesicht. In den Augen leuchtete das absolut Böse. Er würde kein Pardon einem Menschen gegenüber kennen, das stand für sie fest.
Und sie trat in dieses Gesicht!
Es hatte sie nicht mal Überwindung gekostet, nicht bei dieser mordenden Bestie.
Der Vogelmann gab einen unartikulierten Laut von sich. Auf dem Rücken liegend kroch er zurück. Aus dem offenen Schnabel drangen zischende Laute. Er riss die Arme hoch, und erst jetzt sah Carlotta, dass er keine normalen Hände hatte, sondern harte Vogelkrallen.
Mit einer schnellen Bewegung zur Seite entging sie den Hieben.
Das gab der Bestie Zeit, um wieder hoch zu kommen. Geschmeidig sprang das Geschöpf auf die Beine und setzte sofort seine Flügel ein.
Für Carlotta bedeutete das Flucht!
Sie sprang auf ihn zu, um ihn festzuhalten. Auch sie konnte fliegen und würde dagegenhalten, aber der Vogelmann war zu schnell und nutzte den winzigen Vorsprung.
Die beiden heftigen Bewegungen, die Wind erzeugten und Schnee aufstieben ließen, reichten aus, um ihn vom Boden wegzubringen.
Carlotta sprang ihm noch nach. Leider griffen ihre Hände an seinen Füße vorbei. Als sie die Flügel ausbreiten wollte, um die Verfolgung aufzunehmen, da hörte sie das Stöhnen des Verletzten und änderte ihren Plan.
Der Mensch hatte Vorrang.
Aber sie schaute dem Vogelmann noch nach, der bereits hoch in den grauen Winterhimmel gestiegen war. Er schrie etwas herab, das wie ein Angriffssignal klang. Tatsächlich war es mehr ein böser Abschiedsgruß, denn die Gestalt entfernte sich immer schneller.
Carlottas Brust hob und senkte sich unter heftigen Atemzügen. Sie musste es sagen und flüsterte: »Es war nicht unsere letzte Begegnung, das schwöre ich dir…«
Danach drehte sie sich um, denn jetzt brauchte der Verletzte ihre Hilfe. Er lag neben der offen stehenden Wagentür und stöhnte leise vor sich hin, als wollte er Carlotta ein Zeichen geben.
Das war nicht mehr nötig. Sie wusste auch so, was sie zu tun hatte.
Dank der Kräfte, die sie beim Fliegen benötigte, waren ihre Muskeln ungewöhnlich stark geworden. So machte es ihr nichts aus, den Körper des Försters anzuheben, trotz der schweren Kleidung, die er trug. Sie schaffte ihn ins Haus und hoffte nur, dass Maxine und John bald eintrafen…
***
Wir waren unterwegs, und Maxine Wells gab als Fahrerin wirklich ihr Bestes. Sie fuhr so schnell wie möglich. Hätten wir eine Jahreszeit ohne Schnee gehabt, dann wäre die Fahrt kein Problem gewesen. So aber machte uns die Straßenglätte zu schaffen. Vor allen Dingen dort, wo die nächtliche Eiskruste nicht aufgetaut war, weil an diese Stellen einfach zu wenig Sonne hinkam.
Und mit diesen Problemen musste Maxine fertig werden. Schließlich hatte sie keine Lust, mit mir im Graben zu landen.
»Ich machte mir Sorgen, John.«
»Ich auch.«
»Irgendwas stimmt nicht.« Maxine deutete auf ihren Bauch. »Das sagt mir mein Gefühl.«
»Du meinst damit Carlotta?«
»Sicher. Wen sonst? Es passt mir nicht, dass wir sie allein zurückgelassen haben.«
»Und was hätten wir stattdessen tun sollen?«
Ihr Unterkiefer verhärtete sich, als sie grinste. »Genau das ist das Problem, John. Ich weiß
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