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1446 - Der Eis-Schamane

1446 - Der Eis-Schamane

Titel: 1446 - Der Eis-Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Rotwild lagen dort verteilt.
    Und nicht nur einfach als normale Körper. Nein, sie waren verstümmelt, und Maxine Wells kam der Begriff zerhackt in den Sinn.
    Ja, regelrecht zerhackt.
    Sie sog die Luft scharf durch die Nase ein. Es war so real, was sie dort sah, und zugleich irreal. Als wäre über die Tiere eine Naturkatastrophe hereingebrochen, der sie allesamt zum Opfer gefallen waren. Nur waren sie nicht einfach nur gestorben, nein, man hatte sie brutal getötet, zerfetzt oder zerhackt.
    Blut bildete einen makabren Farbkontrast zum hellen Schnee. Die Ruhe hier auf dem See konnte man schon als eine Totenstille bezeichnen. Die Natur schien eingefroren zu sein und hielt zugleich den Atem an.
    »Sagen Sie was, Mike.« Maxine Wells war das Zittern in ihrer Stimme nicht verborgen geblieben, und das lag nicht an der Kälte.
    »Mir fehlen die Worte. Es ist ein Phänomen. Ich stehe vor einem Rätsel, aber ich will es nicht akzeptieren, verstehen Sie? Das kann doch nicht aus heiterem Himmel passiert sein. Da steckt mehr dahinter, wie ich meine.«
    »Da könnten Sie Recht haben.«
    »Und was, bitte?«
    Die Tierärztin hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, Mike. Man kann nur etwas vermuten. Hier ist getötet oder gemordet worden, aber ich gehe nicht davon aus, dass diese kalte Zeit im Januar daran die Schuld trägt. Das ist meine Meinung.«
    »Meine ebenfalls.«
    »Und was sagen Sie weiter, Mike?«
    Todd hob die Schultern. »Ich stehe vor einem Rätsel, aber ich habe mich zugleich gefragt, ob nicht eine einzelne Person dahinter steckt. Jemand, der alles so gerichtet hat, dass die Vögel und auch die übrigen Tiere gestorben sind.«
    »Und wer?«
    Todd hob seine Schultern. »Wie ich sagte, es ist ein Rätsel für mich. Deshalb habe ich Ihnen ja Bescheid gegeben. Ich weiß, dass Sie sich nicht so leicht schocken oder ins Bockshorn jagen lassen. Sie sind, wenn man so will, weltoffen für alles.«
    »Danke für die Komplimente. Da scheinen sich ja einige Gerüchte verbreitet zu haben.«
    »Das könnte man so sehen, wenn ich es nicht besser wüsste.«
    Maxine gab ihm keine Antwort. Dafür schritt sie an Todd vorbei tiefer auf den See hinaus. Ihr Gesicht blieb dabei starr. Die kalten Strahlen der Sonne wurden durch die dunkle Brille gemildert. Die Lippen hatte sie fest zusammengepresst, und trotz der Kälte spürte sie einen warmen Strom in ihrem Innern.
    So etwas hatte auch die Tierärztin noch nie erlebt. Da musste jemand Amok gelaufen sein. Diese Masse an toten Tieren. Nicht nur Vögel, sondern auch Vierbeiner.
    Sie blieb neben einem Wildschwein stehen, dessen Körper tiefe Wunden zeigte. Auf dem Fell glitzerten kleine Eiskristalle, aber irgendein Gegenstand hatte sich tief in das Fell hineingebohrt und nicht nur das, sondern auch große Fleischstücke aus dem Körper gerissen. Einige lagen noch neben dem Kadaver. Ob das allerdings alle waren, das wusste sie nicht.
    Maxine schaute sich auch ein Reh genauer an. Dessen Kopf war kaum mehr zu erkennen, und über allem hatte der nächtliche Frost eine zweite Starre gelegt.
    Sie sah die toten Hasen, die Füchse und auch die dunklen Körper der Vögel. Krähen und Raben, die es erwischt hatte und die nun auf dem Eis festgefroren waren.
    Sie zählte die Tiere nicht. Es waren einfach zu viele, und mit langsamen Schritten ging sie wieder zurück zu Mike Todd, dessen Gesicht wie aus Stein gehauen aussah.
    »Sagen Sie was, Max!«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Dann stehen Sie auch vor einem Rätsel?«
    »Natürlich.«
    »Es war vorauszusehen.«
    Maxine schüttelte den Kopf. »Wenn Sie das so sagen, muss ich mich schon wundern, dass Sie mir Bescheid gegeben und mich hergeholt haben. Das ist doch alles sehr ungewöhnlich. Wir stehen hier, schauen auf die Leichen und wissen nicht weiter.«
    »Das ist leider so. Aber wir müssen etwas finden. Wir können es nicht hinnehmen oder als einmaliges Phänomen abtun, denn daran glaube ich beim besten Willen nicht.«
    »Woran dann?«
    Toddbreitete die Arme aus. »Jemand könnte hier Regie geführt haben. Die Tiere sind ja nicht durch das Wetterextrem ums Leben gekommen. Man hat hier eingegriffen in den Kreislauf der Natur. Man hat getötet. Aber wer hat es getan?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Können Sie sich denn etwas vorstellen?«
    »Nein, Mike, im Moment nicht. Aber ich frage mich, ob dies der einzige Ort ist, an dem die toten Tiere liegen. Sie sind der Chef hier. Sie kennen sich aus, Mike. Haben Sie an anderen Stellen noch mehr

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