1447 - Das Traumpaar
mich nicht. Wende dich an Saladin.«
»Wenn ich ihn wieder treffe. Aber da gibt es noch etwas, über das wir reden sollten. Unsere Freundin Justine hat alles in die Wege geleitet. Von ihr stammten die Tipps. Warum ist sie verschwunden? Was hat das zu bedeuten?«
»Sie hat es mir nicht gesagt.«
»Schon klar. Aber du hast darüber nachgedacht, wie ich dich kenne, Alter?«
»Nicht unbedingt intensiv. Ich kann auch nur raten.«
Suko sagte: »Sie wird uns benutzt haben, denn hier haben wir agiert und konnten ihr so den Rücken freihalten, für was auch immer. Kannst du damit leben?«
»Im Moment schon.«
»Und wo könnte sie stecken?« Meine Antwort folgte sofort.
»Wenn wir davon ausgehen, dass wir ihr den Rücken freihalten sollten, dann nehme ich an, dass sie sich noch hier in der Nähe aufhält. Ich glaube allerdings nicht an ein Zusammentreffen mit Saladin und Mallmann. Davor wird sie sich hüten. Sie wird ihnen auf eine andere Weise an den Karren fahren wollen, und genau das müssen wir herausfinden.«
»Wenn es weiter nichts ist.« Ich winkte ab. Aber ich wusste, dass diese Nacht noch nicht vorbei war. Da lauerte noch etwas. Ich stellte mich darauf ein, dass in den nächsten Stunden noch etwas passieren würde. Die Dunkelheit war die Zeit der Blutsauger, und in den Nächten des ersten Monats im Jahr dauerten sie immer recht lange an.
Der Mann an der Laterne war wieder in die Knie gesackt. Ihn umgab ein strenger Uringeruch. Klar, bei dieser Angst hatte er sich in die Hose gemacht. Wir erfuhren, dass er Louis hieß und zu denen gehörte, die in London ohne Dach über dem Kopf lebten. In der Nacht suchten er und seine Kameraden stets Plätze auf, an denen es wärmer war. Das konnten U-Bahn-Stationen sein, aber auch Roste, durch die warme Luft an die Oberfläche stieg.
Als wir ihn danach fragten, wie er erwischt worden war, gab er zunächst keine Antwort. Alles schien bei ihm schon weit entfernt zu liegen. Er schüttelte den Kopf und erklärte uns, dass er sich nicht mehr daran erinnern wollte.
»Es wäre für uns besser«, sagte ich.
Schließlich ließ er sich überreden. Louis war auf dem Weg zu einem Lager gewesen, in dem es warm war. Nur er kannte den Ort, und er wusste auch, wie man hineingelangte, ohne dass es auffiel.
Plötzlich waren die beiden Gestalten erschienen, hatten ihn gestoppt und dann niedergeschlagen. Erwacht war er als Angeketteter an diesem alten Laternenpfahl.
»Gesagt hat man Ihnen nichts?«, fragte ich. »Zum Beispiel, was man mit Ihnen vorhatte?«
»Nein, das hat man nicht. Ich kann es ja selbst noch nicht begreifen. Ich will nur weg. Ich – ich haue auch aus der Stadt ab.«
Das konnten wir gut verstehen. Wir würden ihn daran nicht hindern, denn als Zeuge war er wertlos.
Lange brauchte er nicht mehr zu warten, denn wir sahen schon das zuckende Licht. Keine Sirenen störten die Stille. Es war schließlich kein Brandeinsatz, zu dem sie Feuerwehr fuhr.
Als Louis den Wagen in unsere Nähe fahren sah, fing er vor Erleichterung an zu weinen.
Auch wenn bei uns nicht alles geklappt hatte, so waren wir doch froh, diesem Menschen das Leben gerettet zu haben. Und das wiederum tat verdammt gut…
***
Die Vampirin Justine Cavallo lag flach auf dem Dach des alten Gebäudes, das sie von der Seite her über eine recht brüchige Eisenleiter erklettert hatte. Sie wusste, dass sie sich dicht am Ziel befand und verhielt sich entsprechend vorsichtig.
Man konnte der Umgebung nicht trauen. Sie war dunkel, für die Cavallo perfekt; aber eben auch für ihre Gegner, die es in der Nähe gab, auch wenn sie diese noch nicht zu Gesicht bekommen hatte.
Justine war in der Dunkelheit kaum zu erkennen. Das blonde Haar hatte sie hochgesteckt und unter einer Kapuze verborgen. Allerdings hatte sie darauf verzichtet, ihr Gesicht zu schwärzen. Sie wäre sich dabei zu sehr vorgekommen wie ein Rekrut bei der Übung.
Im Moment war sie mit sich zufrieden. Sie hatte alles in die Wege geleitet. Sinclair würde genau das tun, was sie wollte, und ihr den Rücken freihalten. Er würde die Gegner auf sich ziehen und sie so ablenken. Dass Suko im Hintergrund ebenfalls mit von der Partie war, das wusste sie auch. Sie hatte es sich nur nicht anmerken lassen.
So hatte sich Justine auf den Weg machen können, um endlich das Ziel zu finden, nach dem sie bereits seit geraumer Zeit suchte. Es war für sie nicht einfach gewesen, einen gewissen Zugang zu finden, und es würde auch weiterhin nicht leicht sein, aber jetzt
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